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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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dann sollten Sie vielleicht zu ihnen zurückkehren. Wir haben da einen Präzedenzfall, wissen Sie, und er war bemerkenswert erfolgreich.«
    Lone Boy hörte das Blut in seinen Schläfen pochen. Der Präzedenzfall, auf den sie sich bezog, war die im großen Stil durchgeführte Umsiedlung großer Teile der schwarzen Bevölkerung der Vereinigten Staaten ins sub-saharische Afrika, in Länder wie Nigeria, Liberia, Kenia, Senegambia etc. Teilweise war dieser gewaltige Exodus freiwillig vollzogen worden, aber viele der Umgesiedelten hatten gegen die Vertreibung lautstark protestiert, und etliche der Staaten, die sie aufgenommen hatten, hatten sich nur aus Angst dazu bereitgefunden. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums hatte öffentlich verkündet, daß es zur Strategie der Bombardierung nordvietnamesischer Bewässerungsdeiche während der zurückliegenden Mißhelligkeiten mit jenem (ehemaligen) Land gangbare, wenngleich streng geheime, Gegenstücke für andere potentielle Fronten der Auseinandersetzung gebe. Überdies hatte ein Staatssekretär des Außenministeriums erklärt, daß kooperationsunwillige Regierungen unter allen Umständen eine Neubewertung sowohl ihres Handelsstaates als auch ihrer Eignung als Empfänger US-amerikanischer Auslandshilfe zu gewärtigen hätten. Schwarze waren natürlich nicht völlig aus den Vereinigten Staaten verschwunden, aber sie waren über das Land verteilt worden, um – wie der Vorsitzende des Ausschusses für städtische Angelegenheiten es ausdrückte – »ein gefällig pittoreskes demographisches Bild« zu erzielen.
    »Ich meine das nicht als Drohung«, sagte Miss Grace. »Aber Sie und die Ihren widersetzen sich – unterschwellig – der vollständigen Amerikulturation.«
    Erbost schüttelte Lone Boy den Kopf. »Das ist Quatsch. Schauen Sie, Miss Grace.« Aus der Papiertüte auf dem Couchtisch nahm er die Mai-Nummer von Daredevil. »Ich bin Fan und Sammler. Weder das eine noch das andere wäre ich je geworden, wenn ich ein Vietnamese alten Stils wäre. Und sehen Sie sich das hier an.« Er zog einen schlabbrigen Zellophanbeutel mit Popcorn aus der Tüte. »Eine meiner Lieblingsnaschereien. Ich esse es, wann immer ich Gelegenheit habe. Beim Essen trinke ich kalorienarmes Miller-Bier oder Coca Cola, und wenn im Fernsehen ein Spiel der ›Hawks‹ oder ein Tennismatch gezeigt wird, dann sehe ich es mir an, während ich futtere. Wenn Werbespots kommen, die ich schon auswendig kann, lese ich vielleicht sogar meine Comics noch mal. Wie amerikanisch soll ich denn noch werden? Vor Le Boi Loan sollten Sie erst mal Peter Rose reindoktrinieren!«
    Miss Grace lächelte. »In der Tat scheint mir, daß Sie sich eine charmante amerikanische Streitsüchtigkeit angeeignet haben.«
    »Darauf können Sie Gift nehmen, verdammt.«
    Eine Zeitlang saßen sie schweigend da. Dann fragte Grace Rinehart: »Kennen Sie den jungen Mann, der im ›Happy Puppy Pet Emporium‹ arbeitet?«
    Lone Boy verschränkte die Arme und lehnte sich auf dem Sofa zurück. Sie wechselt die Richtung, dachte er, und versucht, mich durcheinanderzubringen.
    »Calvin Pickford«, antwortete er vorsichtig. »Haben Sie bei dem nicht Ihre Breschnew-Bären gekauft?«
    »Richtig. Ich bin der Ansicht – aufgrund dieser einen Begegnung heute –, daß er ein heimlicher Dissident ist.«
    »Ich weiß nicht. Er ist ganz okay. Hat einen komischen Geschmack bei Büchern.«
    »Inwiefern komisch, Loan?«
    »Ach, Sie wissen schon, ein Philip K. Dick-Freak. Der Tod dieses Burschen hat ihn fertiggemacht. Cal kam heute ins ›Gangway‹ und bestellte einen ganzen Satz Dick als Taschenbuch-Ausgabe.« Lone Boy stockte. Es gab noch mehr zu sagen, aber er wußte nicht, ob er sollte. Um seine Loyalität zu beweisen, um zu beweisen, daß er nicht reindoktriniert zu werden brauchte, könnte er – ja, sollte er – der Schauspielerin vielleicht ein paar kleine Informationen anbieten. »Er hat mir erzählt, er hätte Exemplare von … äh … ›Dick’schen Opussen‹, für deren Besitz manche Leute einen Mord begehen würden, Miss Grace. Wahrscheinlich reine Angeberei.«
    »Nicht unbedingt.«
    Lone Boy wurde es kalt; er fröstelte und rieb sich die Oberarme.
    »Vielleicht sagt er die Wahrheit. Warum finden Sie es nicht heraus?«
    »Ma’am?«
    »Bitte, nicht ›Ma’am‹. ›Miss‹.« Sie änderte ihre Haltung im Sessel und warf den einen Flügel ihres Capes um sich. »Wenn Sie diesen Calvin Pickford einen oder zwei Monate im Auge behalten, werde ich

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