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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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Xerographie.«
    »Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf über Xerographie, Loan, und all der andere Mist ist reine Dekoration. Wahres Amerikanertum ist eine Haltung, eine Philosophie, eine Verhaltensform. Bestimmt wissen Sie das inzwischen.«
    »Ja, das weiß ich!« beharrte Lone Boy; Miss Graces Unversöhnlichkeit versetzte ihn in Panik. »Den ganzen anderen Scheiß habe ich doch nur gelernt, um Ihnen und allen anderen zu zeigen, wie beschissen engagiert ich bin.«
    »Sie können nicht mit Wesentlichem knausern und dann erwarten, daß Oberflächlichkeiten Sie retten.«
    »Aber wo habe ich gepatzt?«
    »Die FAZ hat kürzlich veranlaßt, daß die Finanzbehörde uns ihre Computerdaten über jeden amerikulturierten Bürger im Südosten ausfertigt. Die Computer spuckten die Namen der Zertifikatinhaber aus, die im letzten Jahr nicht mehr Geld gemacht hatten als im Jahr davor oder die anscheinend in eine Sackgasse geraten waren oder einfach auf minderwertigen Jobs festsaßen.«
    »Und ich bin der einzige, der keinen meßbaren Fortschritt gemacht hat?«
    »Dann geben Sie es also zu?«
    Das hatte Le Boi damit nicht sagen wollen. Er wich zurück. »Nein, nein. ’78, als Sie mir die Befreiungsbescheinigung ausstellten, hatten Tuyet und ich gerade die Zwillinge bekommen. Bis dahin war es rasant vorwärts gegangen. Aber dann die Arztrechnungen. Außerdem fieberhaftes Sparen für ihr College. Jetzt arbeite ich abends im ›Save-Our-Way‹-Supermarkt, wenn ich in der Buchhandlung fertig bin. Deshalb haben wir immer noch die ausländische Klapperkiste, die draußen steht. Deshalb sieht es so aus, als liefen wir in einer Tretmühle. Aber das täuscht. Wir sind voller Hoffnung. In fünf Jahren höchstens sind wir Selfmade-Millionäre. Die Zwillinge gehen nach Agnes Scott und werden berühmte Ballerinas oder phantastische außenpolitische Beraterinnen.«
    Mitleid und Ungeduld bei Miss Grace. »Ihre Steuererklärungen und Ihre Arbeitsplatzbeschreibung ergeben kein so glückverheißendes Bild.«
    »Aber …«
    »Eine Barkellnerin und ein Bücherverkäufer. Sie übernimmt vormittags Näharbeiten, und Sie beaufsichtigen jeden Abend einen Laden, der zu Raubüberfällen herausfordert. Und da glauben Sie, Sie befinden sich auf J. Pohl-Getty-Territorium?«
    »Wir verdienen Geld für den Kindergarten, wir mästen unsere Sparbücher, wir schuften uns den Arsch ab.«
    »Haben Sie Investments? Bareinlagen? Kommunalobligationen? Eine private Rentenversicherung? Wie sieht es mit einem eigenen Geschäft aus – einem Dienstleistungsunternehmen zum Beispiel? Der Bericht des Finanzamtes sagt, Sie haben nichts dergleichen in Angriff genommen – es sei denn, Sie wären so töricht gewesen, Kapitalanlagen oder Abschreibungen nicht anzugeben.«
    Warum ist das Leben so kompliziert? fragte Lone Boy sich. Wir versuchen doch nur, Millionäre zu werden. Alles andere ist Geschwafel und nichts anderes als das – Bankier- und Maklerjargon. Wenn man nur reich wird, indem man solchen Scheißdreck redet, dann sind Tuyet und ich vielleicht wirklich zu einem Leben in der Quasi-Armut der unteren Mittelklasse verurteilt.
    Miss Grace hielt ihm einen kleinen Vortrag. Sie habe sich, sagte sie, mit ihm getroffen, weil er und seine Frau zu den ersten tausend Flüchtlingen aus dem Raum Hanoi-Haiphong in Nordvietnam gehörten, die in das Freiheitliche Amerikulturations-Zentrum in Fort Benning gekommen seien. Vor ihrer Ankunft habe es im Zentrum hauptsächlich Südvietnamesen und rehabilitationsbedürftige nordamerikanische Dissidenten gegeben. Sie habe ein persönliches Interesse daran, wie jedes einzelne Mitglied dieser bahnbrechenden Klasse sich hernach auf dem freien Markt behaupte, und bis dato hätten drei Viertel derer, die ihr Programm absolviert hätten, dem amerikanischen Kapitalismus zum Ruhme beträchtlichen Reichtum und/oder Status erworben. Natürlich war es einigen wenigen nicht gut ergangen, aber diese hatten wahrscheinlich schlampige Gewohnheiten oder einen zynischen Defätismus entwickelt, verstärkt durch ihre Unfähigkeit, die Gelegenheit beim Schopfe zu ergreifen. Loan gehörte nicht zu diesen Kategorien, Gott sei Dank, aber wie es schien, habe er doch gewisse FAZ-Lektionen über intelligente Risikobereitschaft und Unternehmertum vergessen. Er arbeite hart, komme aber nicht weiter. Er spare Geld, benutze es aber nicht, um eine machtvolle Investitionsbasis zu schaffen. In vieler Hinsicht sei er wie der Knecht in Jesu Gleichnis, der von dem Vornehmen eine

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