Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
Vom Netzwerk:
hatte.
    Grace redete immer noch, und Lias Hand erlahmte allmählich. Politik, räumte Grace ein, sei ein noch scheußlicheres Geschäft als das Showbusiness. Es fuchse sie, wie oft irgendein mieser Demokrat Hiram im Senat oder im Kongreß des Interessenkonflikts bezichtigte. Es paßte ihnen nicht, daß er Rinder züchtete, sie mißbilligten es, daß ihm ein großer Block erstklassigen Weidelands in Meriwether County gehörte, sie wandten sich gegen die Tatsache, daß er die erste Lieferung von Breschnew-Bären aus der Sowjetunion organisiert hatte und die Biester – zusammen mit tausend Stück Santa-Gertrudis-Rindern – auf Berthelot Acres züchtete. Sie hatten nicht das Recht zu solchen Einwänden. Hiram hatte sein gesamtes Einkommen aus diesen Unternehmen der Freiheitsstiftung übertragen, einer gemeinnützigen patriotischen Organisation, und der Senat hatte schon vor langer Zeit befunden, daß er technisch gegen kein einziges der für Kabinettsmitglieder geltenden Interessenkonfliktstatuten verstoße.
    Warum erzählst du mir das alles? fragte Lia sich. Sie hatte aufgehört, sich Notizen zu machen. Du bist meine Klientin, nicht dein Mann, und auch wenn ich so viel Background-Material brauche, wie ich kriegen kann, um dir zu helfen, kommt mir vieles davon doch übermäßig detailliert und irrelevant vor.
    Draußen vor dem Wintergarten hatten sich die Zweige zweier Ulmen mit Goldfinken gefüllt. Die Vögel krallten sich in halsbrecherischer Weise an diese Zweige und pickten an Samenkörnern oder Knospen herum. Lia nippte an ihrem Tee und sah zu, wie sie auf den Zweigkaskaden balancierten wie Hochseilartisten im Zirkus.
    »Ich glaube, es würde helfen«, sagte Grace, »wenn ich Hiram öfter zu sehen bekäme.«
    »Warum ziehen Sie dann nicht nach Washington?«
    »Ich hasse diese Stadt. Sie ist noch biestiger als Los Angeles.«
    Diese Bemerkung – soweit Lia es beurteilen konnte – beendete ihre erste Sitzung. Grace winkte Jeena, die in den Wintergarten kam und das Geschirr abräumte. Dann stand die Schauspielerin auf und führte Lia hinaus, durch eine Gasse aus Topffarnen und an der Rückseite des Hügels, auf dem die Villa stand, hinunter zu einer langgestreckten, weißgestrichenen Scheune mit drei Kuppeln und drei antiken Wetterhähnen.
    Einer der Geheimdienstagenten, ein großer Kerl namens Twitchell, gesellte sich auf halber Höhe am Hang zu ihnen und begleitete sie zur Scheune. Tatsächlich, stellte Lia fest, handelte es sich um einen umgebauten Hühnerstall. Als sie durch die Tür an der Westseite traten, roch sie – nicht den ekligen Dunst von Farmgeflügel, sondern den zarten Wildgeruch, der die Anwesenheit von – Meerschweinchen verriet.
    »Drei oder vier von denen riechen nicht mal schlecht«, sagte Twitchell. »Aber wenn man sie haufenweise in ein und dieselbe Bude sperrt, na, dann können Sie’s vergessen. Nackt oder nicht, ihre kleinen Wänste können einen Laden genauso schnell parfümieren wie ein …« Twitchell errötete, und Lia begriff, daß er beinahe eine skatologische Redewendung verwendet hätte.
    »Ich weiß, was Sie meinen«, sagte sie.
    So weit das Auge in dem umgebauten Hühnerstall – mit dem grünen Balkenwerk innen und außen, Warmluftgebläsen und Leuchtstoffröhren unter der Decke und stählernen Futter- und Wasserbehältern – reichte, tobten Berthelots halbnackte Meerschweinchen. Amüsiert betrachtete Lia all die rosigen Tierchen, die nur wegen ihrer Mähnen »knuddelig« waren, und wieder fragte sie sich, weshalb das amerikanische Volk sie ins Herz geschlossen hatte. Diese Meerschweinchen waren populärer als Kriegswaisen, und Lia wußte, daß Hiram – ob er nun ein guter Kerl war oder nicht – das Geld nur so scheffelte, indem er die kleinen Scheißer an Tierhandlungen und andere Züchter verkaufte. Außerdem war die Freiheitsstiftung Grace’ Baby, und wenn sie Hirams gesamten Profit aus der Rinder- und Meerschweinchenzucht kassierte – nun, dann sahnten sie und ihr Gatterich vermutlich ein hübsches Sümmchen von diesen Zuschüssen ab.
    »Möchten Sie eins?« fragte Grace. »Wenn ja, gehört’s Ihnen. Suchen Sie sich nur eins aus.«
    »Ich glaube, es würde sich mit unserem Husky nicht besonders gut verstehen. Und ich möchte mich eigentlich nicht in Naturalien bezahlen lassen.«
    Die Schauspielerin betonte nachdrücklich, daß sie nicht die Absicht gehabt habe, ihre Rechnungen mit Naturalien zu begleichen. Dann erschreckte sie Lia, indem sie sagte: »Es geht Ihnen

Weitere Kostenlose Bücher