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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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amerikanischer Stärke und Entschlossenheit.«
    Natürlich war es das. Andererseits war das Geräusch der Hubschrauber, die im Tiefflug über das Paradefeld strichen – zwupp-zwupp-zwupp-zwupp-zwupp! –, und der Soldaten, die im schnellen Takt der von Berufsspießen gebrüllten Verse den Laufschritt übten, schmerzlich einschüchternd. Lia fühlte sich an die Kriegsjahre erinnert: An die spaltenden 60er und die repressiven frühen 70er, an die Irrsinnseuphorie des Sieges, als die Bombardierung der nordvietnamesischen Bewässerungsdeiche und der Vorstoß einer gemeinsamen Streitmacht von regulären südvietnamesischen Truppen und U.S.-Marinesoldaten nach Hanoi den Roten das Kreuz gebrochen und die lange Agonie des Indochina-Konflikts zu einem überraschend entschiedenen Ende gebracht hatten. Grace Rineharts Held Richard Nixon hatte diesen Triumph vor allem errungen, indem er sich geweigert hatte, die amerikanische Stärke zu beschneiden, und indem er Harry Kissinger befohlen hatte, ihn bei den Pariser Friedensgesprächen (ah, die Ironie dieses Epithetons) als hitlerhaften Wahnsinnigen zu schildern, der alles tun würde, um seine Ziele zu erreichen. Diese zynische Charakterisierung war keine Lüge gewesen.
    Für kurze Zeit war der harterrungene Triumph süß gewesen. Bald aber hatte er einen bitteren Geschmack angenommen – durch die Apotheose des Präsidenten, die Institutionalisierung der Repression, die verrückte Verherrlichung alles Militärischen. Wie also sollte Lia sich angesichts dieser bestürzenden Geschichte auf einem Kasernengelände wohl fühlen?
    Der Cadillac bog – in einiger Entfernung von dem ›Burger King‹ – in eine Straße, wo nur wenige kasernenähnliche Bauten die braunen Wiesen des Stützpunktes bestanden. Nach kurzer Zeit erblickte Lia eine Schrifttafel vor einem dieser Gebäude: FREIHEITLICHES AMERIKULTURATIONS-ZENTRUM SÜD-OST, ABTEILUNG FORT BENNING.
    Von außen sah das Zentrum aus, als sei es geschlossen. Es hatte keine Fenster, sondern nur übergroße Holzschindeln – allesamt schmutzig – und stand auf einem mindestens meterhohen Betonfundament. Grace parkte den Wagen schräg vor der hängenden Holztafel, und zusammen mit Lia stieg sie eine Treppe zu der Terrasse hinauf, von der man in die Eingangshalle des Zentrums gelangte. In dieser Halle war alles weit und überschattet, aber wenn Lia blinzelte, sah sie Korridore, die in merkwürdigen, entlegenen Winkeln von ihr wegführten, und Zimmer, die sich in der Helligkeit dahinter von diesen Gängen auftaten. Schließlich begann sie auch Stimmen zu hören; die meisten hallten spärlich durch die Düsternis.
    Grace sagte: »Anfangs haben wir diese Zentren für die Vietnamesen eingerichtet, für unsere Feinde wie für unsere Verbündeten. Die Südvietnamesen hatten eigentlich nur noch aufmunternde Vorträge und eine gewisse Feinabstimmung nötig, aber die errettbaren Roten – Nordvietnamesen, von denen wir glaubten, sie könnten in der Lage sein, die unausrottbaren Kommunisten daheim zu beeinflussen – brauchten eine grundlegende, durchgreifende Umwandlung und hypnagogische Bestärkung. Wie Sie sich wahrscheinlich denken können, herrschte in den zwei oder drei Jahren nach dem Krieg in unseren Zentren der größte Betrieb. In letzter Zeit, fürchte ich, läuft es ein bißchen lahm.«
    Wenn man aus dem, was ich jetzt sehe, irgendwelche Schlüsse ziehen kann, dachte Lia, dann würde ich eher T-O-T als L-A-H-M sagen.
    »Aber wir werden am Ball bleiben«, vertraute Grace ihr an. »Wir haben natürlich immer noch eine Reihe von Vietnamesen zu amerikulturieren, aber in den letzten Monaten haben wir angefangen, zu diversifizieren. Jetzt deprogrammieren wir islamische Extremisten für den neuen Schah, castroistische Revolutionäre aus Mittel- und Südamerika und gefangene Marxisten aus Afrika. Naturgemäß ist die Arbeit mit feindselig eingestellten Personen schwieriger als der Umgang mit Leuten, die prädisponiert sind, uns zu lieben, aber der Lohn ist auch größer. Leider ist es außerdem schwierig, feindseliger Personen habhaft zu werden und sie herzutransportieren, damit wir hier etwas mit ihnen anfangen können.«
    »Wer ist denn jetzt hier?«
    »Ein paar Vietnamesen, ein paar wildäugige islamische Terroristen, mehrere sandinistische Guerillas aus Nicaragua. Aber die meisten sind auch heute noch Vietnamesen – wofür ich dankbar bin.«
    »Deprimiert es Sie, daß die Hauptarbeit Ihrer Zentren anscheinend abnimmt?«
    »Natürlich. Ein

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