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Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
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anderen Ende des Einkaufszentrums fuhr mit kreischenden Reifen an; ein hochfliegender Jet flocht seine Kondensstreifen in das zarte Makramee der Frühlingswolken.
    »Nimm das.« Twitchell reichte Lone Boy eine Armeepistole und ein flaches, rechteckiges Etui.
    »Ihn erschießen? Ich erschieße ihn nicht. Lieber zieh ich euer ganzes gottverdammtes Programm noch mal durch.«
    »Schau in das Etui.«
    Lone Boy schaute in das Etui. Seine Miene verriet Ratlosigkeit.
    »Nimm die statt konventioneller Munition. Die setzen ihn für ein Weilchen außer Gefecht. Ist dein zartbesaitetes Gewissen damit beruhigt?«
    »Wie viele?«
    »Nur eine. Die übrigen sind für den Fall, daß du nicht triffst. Als Vorsichtsmaßnahme, könnte man wohl sagen.«
    Lone Boy starrte die Pistole an und wog sie in der Hand. Twitchell gab ihm einen leeren Schuhkarton aus dem Kofferraum und befahl ihm, die Pistole und die Tranqs darin zu verstauen.
    »Ich sag dir noch was, was du wissen mußt. Dieser Cal Pickford, an den du dich hängen sollst – die Mutter seiner Frau ist gestern nacht abgekratzt. Beerdigung ist morgen mittag um zwei. Nachher gibt’s ’ne Art Beisammensein auf der Brown Thrasher Barony, dem Gestüt, auf dem Dr. Bonners Bruder arbeitet. Der ganze Klan wird wahrscheinlich da draußen sein. Zumindest, bis es dunkel wird.«
    »Sie erwarten, daß ich es tagsüber mache?«
    »Für jede andere Zeit hast du ja ’ne Ausrede.« Hatte er auch. Und diese schlichte Bemerkung hatte ihn ernüchtert, wie Twitchell mit Vergnügen feststellte. Loan starrte mit geschürzten Lippen und gefurchter Stirn in den Schuhkarton. Wog die Vorzüge dieses Vorschlags ab.
    »Okay«, sagte er dann. »Okay.« Er ging zurück zum Hintereingang des Einkaufszentrums, den Schuhkarton unter den Arm geklemmt wie etwas, das er nach einem Tornado aus den Trümmern gerettet hatte.
    Twitchell hob seinen imaginären Flammenwerfer und feuerte einen Strahl auf Le Boi Loans schmalen Arsch. Erwischt, frohlockte er still. Hab dich, hab dich, hab dich, mein Schlitzäuglein klein, du.

 
    16 Das Schlimmste muß vorüber sein, dachte Cal, als er Lia vom Grab ihrer Mutter zu der silbernen Limousine geleitete. Sie würden mit Jeff und Suzi Bonner und den Kindern der Bonners, Martin und Carina, vom Friedhof zur Brown Thrasher Barony fahren. Jeder, dem jemals etwas an Miss Emily gelegen hatte – jeder, der auch nur flüchtig mit ihr bekannt gewesen war –, würde ebenfalls zur Farm hinausfahren, mit Platten voll Huhn und Schinken, Schüsseln mit gekochtem Gemüse, Krügen mit Tee, Kuchenformen mit diversen Desserts – genug Proviant, um die britischen und die argentinischen Kämpfer auf den Falklands wochenlang auf den Beinen zu halten.
    Es würde strapaziös werden auf diesem Beerdigungsempfang, aber nicht so strapaziös wie die beiden Tage, die sie nach dem verheerenden Herzanfall, den Miss Emily im Eleanor-Roosevelt-Pflegeheim erlitten hatte, im Meriwether Memoral Hospital verbracht hatten. Im Krankenhaus hatten sie beinahe von Anfang an gewußt: Sie warteten einfach darauf, daß sie starb. Und auf jeden Fall würde der Empfang weniger strapaziös werden als die Fahrt ins Leichenschauhaus von LaGrange, um den Leichnam zu besichtigen. Dabei hatte Lia – coole Psychotherapeutin hin oder her – soviel geweint, daß sie aussah, als habe sie ein hart geschlagener Tennisball auf jedes Auge getroffen.
    Ja, so sah sie immer noch aus, und Cal zog sie auf dem Rücksitz immer wieder an sich, drückte ihre Schulter und streichelte mit fürsorglichem Finger über die entzündeten Ringe unter ihren Augen – bis sie, seiner Aufmerksamkeit allmählich müde, sein Handgelenk packte und seine Hand sanft in seinen Schoß drückte.
    Das Schlimmste muß vorüber sein, überlegte Cal. Miss Emily ist unter der Erde, die Lobreden sind gehalten, und die Menschen versammeln sich um Jeff und Suzi, Martin und Carina. Und um Lia und mich. Sogar um mich, um Cal Pickford, den Außenseiter-Schwiegersohn, den Miss Emily manchmal – unfairerweise – als Engel des Todes zu betrachten schien.
    Suzi und der kleine Martin saßen bei Lia und Cal auf dem Rücksitz der Limousine. Jeff und das Mädchen Carina saßen vorn bei dem jugendlichen Fahrer der Bestattungsfirma.
    Die Bonner-Kinder, elf und neun Jahre alt, waren heute wie niedergeschlagene Kobolde; sie trauerten ebenso tief wie jeder Erwachsene – nur daß ihr Schmerz größer und ihr Verständnis geringer war – und sprachen kein einziges Wort.
    Gute

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