Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
Vom Netzwerk:
hatte selbst schon an diesem Schätzchen gespielt. Es war der große Favorit der beiden Jungs. Das heißt, vor ein oder zwei Jahren war es das gewesen. Mit dem Joystick bewegte man eine Figur namens Grady Grunt durch die Tunnel von Cu Chi auf der Fährte eines Vietminh-Guerilla namens Phun Ky Cong. Immer wenn man Grady dicht genug herangebracht hatte, drückte man auf den Knopf und feuerte mit dem Flammenwerfer auf Congs schmalen Arsch.
    Allzu einfach war es nicht. Cong versuchte dauernd, Grady in eine mit spitzen Bambuspfählen bepflanzte Fallgrube oder direkt unter eine Tunnelöffnung zu locken, durch die Cong und seine Vietcong-Kumpane einen schädelzerschmetternden Felsen werfen konnten. Und wenn das noch nicht reichte: Twitchell entsann sich, daß man fünf Phun Ky Congs braten mußte, bevor Grady auf die nächste Video-Ebene vorrückte, ein noch labyrinthischeres und tückischeres Level von Cu-Chi-Tunnels.
    Twitchell stellte sich hinter Loan und schaute ihm über die Schulter. Die aufrecht stehenden Kästen ringsum rülpsten wunderliche Laute hervor: Pop-pop-pop! Blippa-blip-blippa! Ka-pau-pau-pau! Wie immer, machten die Geräuscheffekte Twitchell nervös, und sobald Lone Boy Brady in eine gute Position gebracht hatte, um Cong zu rösten, legte er dem kleinen Kerl die Hand auf die Schulter.
    »Wie läuft’s, Scharfschütze?«
    Lone Boys Hände ließen die Steuerung fahren. Er wirbelte herum, und das Weiße in seinen Augen leuchtete. »Hey, du Scheißer, das hier ist meine gottverdammte Mittagspause!«
    »Na klar, Loan«, sagte Twitchell. Diese Verteidigungsbereitschaft, diese leere Tollkühnheit. Das arme Schlitzauge hat eine Heidenangst.
    Auf Lone Boys Monitor grub die Cong-Figur ungestört einen Tunnel unter Grady Grunt, und Grady sauste senkrecht hinunter in ein Netz, das ihn umschloß, wie ein Einkaufsnetz eine Zwiebel umschließt. Das Spiel war aus. Lone Boy hatte verloren.
    Lone Boy warf einen Blick auf die Phun-Ky-Cong-Konsole. »Verdammte Scheiße! Das hat mich einen verfluchten Vierteldollar gekostet!«
    »Ich versuch dir etwas zu erhalten, was eine Menge mehr wert ist als einen Vierteldollar. Den Respekt einer sehr feinen Dame.«
    »Du gibst mir jetzt einen Vierteldollar, du Penner.«
    »Hey, Mann, ein Ledernacken gibt keinem einen Vierteldollar.« Twitchell wuchtete den streitbaren Lone Boy in eine Ecke des Spaßfasses, wo zwei einsame Flipperautomaten standen. Niemand spielte an ihnen; niemand würde an ihnen spielen. »Läutet’s beim Wort ›Reindoktrination‹ irgendwo bei dir, mein Freund?«
    Das tat es allerdings. Das Gesicht des Kleinen veränderte sich. Jetzt weiß er, woher ich komme, dachte Twitchell schadenfroh.
    »Wer sind Sie?« fragte Lone Boy und bemühte sich, seine Haltung wiederzufinden. Er streifte die Hand des Geheimdienstmannes von seinem Arm.
    »Du weißt schon, was du wissen mußt. Ich denke, meinen Namen können wir weglassen.«
    »Ich weiß nicht, was ich wissen muß. Zum Beispiel: Was wollen Sie?«
    »Wann kriegen wir Resultate zu sehen?«
    »Ich weiß, wo er wohnt. Ich habe mir ein bißchen Zeit genommen und herausgefunden, wo er wohnt.«
    »Die Dame, von der ich gesprochen habe – sogar sie weiß, wo er wohnt. Das ist also gar nichts. Was hast du sonst noch?«
    »Vor zwei, drei Tagen habe ich ihm seine bestellten Bücher gebracht, einen ganzen Haufen Zeug von Philip K. Dick. Er war froh darüber.«
    Herrgott, dachte Twitchell. »Ein Scheißdreck ist das, Loan. Wann wirst du was unternehmen? Das ist unsere Frage.«
    »Hören Sie, ich arbeite tagsüber. Ich arbeite abends. Irgendwann muß ich auch schlafen, oder? Und meine Familie sehen.«
    »Du hast dich mit gewissen Bedingungen einverstanden erklärt.«
    »Ich kann da ja wohl nicht rein, wenn sie da sind, oder? Sonst geht’s aber nur tagsüber, und tagsüber muß ich arbeiten.«
    »Nimm dir einen Tag frei. Ruf an und sag, du bist krank.«
    »Und die haben ’n Hund. Ein Riesenvieh. Den ketten sie draußen an, wenn sie weggehen.«
    »Dann steigst du hinten ein.«
    »Dieser Hund, Mann, der hört mich. Er wird bellen. Er wird mich auffressen, wenn er von der Kette loskommt.«
    Daraufhin packte Twitchell Lone Boy beim Arm. Er zog den amerikulturierten Vietnamesen an seine Seite und ging mit ihm durch das Einkaufszentrum zum Parkplatz dahinter. Der kleine Kerl zerrte immer wieder an seinem Ellbogen, aber Twitchell ließ ihn nicht los, und kurz darauf standen sie vor dem Kofferraum eines neuen Dodge. Ein klappriger Wagen am

Weitere Kostenlose Bücher