Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dieser Mann ist leider tot

Dieser Mann ist leider tot

Titel: Dieser Mann ist leider tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Bishop
Vom Netzwerk:
Kenntnisse.«
    »Das stimmt nicht. Unsere erste Sitzung hat mich davon überzeugt, daß Sie ungefähr jede Art von Psychotherapie betreiben können, die Sie betreiben wollen.«
    »Aber diese nicht.«
    »Warum geben Sie uns nicht einen Tag in der Woche?«
    »Ich habe mich bereits verpflichtet, Ihnen einen Tag in der Woche zu reservieren. Ich kann nicht noch einen aufgeben.«
    »Und wenn es ein und derselbe Tag wäre?«
    Ein schreckliches Unbehagen beschlich Lia. »Bitte machen Sie das nicht zur Bedingung Ihrer Therapie bei mir, Grace. Sie würden mich in die Enge treiben.« Natürlich, überlegte Lia, kann es sein, daß es dir Spaß macht, Leute in die Enge zu treiben.
    Die Reifen des Fleetwood schnurrten auf dem Asphalt. Die Sonnenstrahlen schnitten in den Wagen wie blutbeschmierte Messer.
    »Ich möchte Ihnen etwas erzählen«, sagte Grace. »Im Vertrauen. Es hat nichts zu tun mit meinem Gefühl von Ziellosigkeit und Überdruß, sondern es betrifft Hiram und meine Beziehung zu ihm.«
    Verschone mich, betete Lia. Für heute wenigstens – verschone mich.
    »Der Präsident hat gelobt, nicht wieder zu kandidieren, sondern sich nach San Clemente zurückzuziehen und seine Memoiren zu schreiben. Nun, es ist durchaus möglich, daß er die Aufstellung meines Mannes als Kandidat der Republikaner in der ’84er Wahl befürworten wird. Wenn Sie jetzt an Bord kommen, Lia, wird man Sie als die Psychotherapeutin der First Lady buchstäblich bestürmen. Das Dasein der First Lady wird mich vermutlich endgültig aus meinem Trübsinn reißen, und für Sie als meine persönliche Therapeutin ist die Karriere gerettet. Sie werden sich nie wieder um Klienten oder Status bemühen müssen. Die Welt wird eine Straße zu Ihrer Couch bauen.«
    »Es ist ein Sessel.«
    »Von mir aus. Ich möchte, daß Sie darüber nachdenken, Lia, und besprechen Sie es mit …« Sie stockte.
    »Cal?«
    »Natürlich. Mit Cal. Der Präsident findet, daß Georgia nach der Tracht Prügel, die er Jimmy ’76 verabreicht hat, noch einen Kandidaten verdient hat, und Hiram – auch wenn er bisher nur ins Staatsparlament gewählt worden ist – wäre genau der richtige Nachfolger für ihn. Ich werde Hiram helfen, und ich möchte, daß Sie mir helfen.«
    »Ich bin keine Politikerin, Grace. Ich bin keine Wahlkampfhelferin. Ich betreibe kognitive Psychotherapie.«
    Grace wandte leicht den Kopf und bedachte Lia mit einem so selbstgefälligen Blick des Widerspruchs, daß Lia ebenso erbost wie eingeschüchtert war. Mir gefällt nicht, was hier passiert, dachte sie. Diese Frau versucht, meinen eigenen Willen durch ihre diversen privaten Begierden zu ersetzen. Was mir Angst macht, ist die Tatsache, daß es ihr vielleicht – irgendwie – gelingen könnte.
    Sie erreichten die Kammhöhe, schnurrten an den Callaway Gardens vorbei und glitten in die von der untergehenden Sonne durchflutete Stadt; die Schauspielerin setzte Lia vor ihrer Haustür ab, entließ sie mit einem Kopfnicken und fuhr zur Stadt hinaus, zurück auf den Highway 27.
    Lia sah – erleichtert und dankbar zugleich –, daß Cals vergammelter ’68er Dart bereits am Rande des Vorgartens parkte. Ihr Gatte war also heil und sicher zu Hause. Ätsch bätsch, dachte sie und schaute den schwindenden Rücklichtern des Cadillacs nach. Das wenigstens habe ich dir voraus, liebe Dame: Meine süße, stabile, befriedigende Ehe. Und sie betrat das Apartment, um Cal einen Kuß zu geben und ihn zu fragen, wie der Tag bei ihm verlaufen war.

 
    15 John Waynes Gang nachäffend, schlenderte Twitchell – ohne sein Barett – durch das Einkaufszentrum von West Georgia Commons. In der Buchhandlung ›Gangway Books‹ sprach er kurz mit der jungen Frau an der Kasse, und dann spazierte er den Gang hinauf zu einer Video-Spielhalle namens ›Barrel of Fun‹, Spaßfaß. Er betrat den lärmigen Laden durch eine Holztür, die aussah wie die Vorderfront eines Fasses, das auf der Seite lag.
    Wo bist du, mein Schlitzäuglein klein? sang Twitchell in seinem Kopf. Komm zu Daddy, komm.
    Es war dunkel in der Spielhalle. Purpurrote und bernsteingelbe Lichter von den Videomonitoren durchbrachen die Schatten, aber die Kids an den Konsolen – Schulschwänzer? Aussteiger? – waren bloße Silhouetten, keine erkennbaren Personen. Twitchell mußte zweimal die Runde im Raum machen, bevor er Le Boi Loan gefunden hatte.
    Lone Boy stand nervös vorgebeugt an einem Spiel namens ›Phun Ky Cong‹. Twitchell, Vater von zwei halbwüchsigen Jungen, grinste; er

Weitere Kostenlose Bücher