Dieser Mann macht mich verrückt
rührte.
»Das kannst du«, flüsterte er.
Unsicher rang sie nach Luft. Halb ein Lachen, halb ein Schluchzen. Dann straffte sie ihren Rücken, hob die Arme und gab sich der Musik hin.
Sie tanzten, bis der Schweiß in Strömen an ihren Körpern herabrann. Von Rock bis zu Hip-Hop, in allen Stilen verausgabten sie sich und suchten einander zu übertrumpfen. An Aprils Nacken klebten Haarsträhnen, von Deans Beinen floss Schlamm auf die Fliesen. Nicht zum ersten Mal tanzten sie miteinander. Er erinnerte sich an seine Kindheit. Da hatte sie ihn manchmal von seinen Video-Spielen oder vom Fernseher weggeholt, sogar von seinem Frühstück, wenn sie erst am Morgen heimgekommen war. O ja, es hatte auch gute Zeiten gegeben.
Mitten in einem Song brach die Musik ab. Eine Krähe zerriss die Stille, und sie drehten sich zu einer erbosten Riley um. Ihre Hände in die Hüften gestemmt, stand sie neben dem stummen CD-Player. »Das war zu laut!«
»Hi, stell’s wieder an!«, rief April.
»Was treibt ihr eigentlich? Jetzt geht‘s auf Mittag zu, um diese Zeit tanzt man nicht.«
»Oh, man kann immer tanzen«, konterte Dean. »Was meinst du, April? Lassen wir die kleine Schwester mitmachen?«
April reckte ihre Nase in die Luft. »Wenn sie es kann ... Daran zweifle ich.«
»Und ob ich‘s kann!«, fauchte Riley. »Aber ich will was essen. Und ihr zwei stinkt!«
Achselzuckend wandte sich Dean zu April. »Du hast Recht. Das schafft sie nicht.«
»Wer sagt denn so was?«, kreischte Riley und runzelte wütend die Stirn.
Dean und April starrten sie an, sie starrte zurück.
Dann schaltete sie den CD-Player wieder ein, und sie tanzten alle zusammen.
23
Sorgfältig strich Blue mit einem Rougepinsel über ihre Wange. Das zarte Rosa passte gut zur ihrem glänzenden neuen Lippenstift und der dunklen Mascara. Außerdem trug sie ein bisschen Kajal über den Wimpern und rauchgrauen Lidschatten auf. Sie sah fantastisch aus.
An diesem Tag ging‘s um Stolz, nicht um Schönheit. Bevor sie Garrison verließ, musste sie Dean etwas beweisen.
Auf dem Weg zur Badezimmertür sah sie die leere Schachtel vom Schwangerschaftstest im Abfalleimer liegen. Sie war nicht schwanger. Großartig. Fabelhaft. Solange sie ein Nomadenleben führte, konnte sie die Verantwortung für ein Kind nicht übernehmen. Wahrscheinlich würde sie nie ein Baby bekommen. Und das war gut so. Wenigstens würde sie einem Kind niemals zumuten, was sie selber durchgemacht hatte.
Und doch - sie spürte eine neue Leere in ihrem Inneren. Noch etwas, das sie verkraften musste. Sie ging zu Nitas Zimmer. Um ihre Knie flatterte der Saum des schulterfreien Sommerkleides, das sie für die Party gekauft hatte sonnengelb, mit Rüschen am Rock und einer Korsage, die das Beste aus ihrem Busen machte. Die neuen violetten Sandaletten waren mit Satinbändern verziert, um die Knöchel zu zierlichen Schleifen gebunden. Dazu passten die amethystfarbenen Ohrringe, die Dean ihr geschenkt hatte, und die dem ganzen Outfit ein schickes feminines Flair verliehen.
Nita spreizte sich ein letztes Mal vor dem Spiegel. In einem fließenden hellrosa Kaftan, mit der riesigen blonden Perücke und den diamantenen Ohrgehängen glich sie einem Festzugswagen, der von einem exklusiven Bordell gesponsert wurde. Aber irgendwie schaffte sie es, majestätisch zu wirken.
»Gehen wir, Sonnenschein«, sagte Blue von der Tür her. »Und vergessen Sie nicht, Überraschung zu heucheln.«
»Dazu muss ich Sie nur anschauen«, erwiderte Nita und musterte sie von Kopf bis Fuß.
»Nun ja, es war an der Zeit...«
»Allerdings.« Nita berührte Blues Locken. »Hätten Sie bloß auf mich gehört und Garys Salon schon früher beehrt.«
»Wenn ich auf Sie gehört hätte, wäre ich jetzt blond.«
Nita schnaufte. »Nur so ein Gedanke ...«
Seit jener ersten Begegnung im Barn Grill hatte Gary es kaum erwarten können, Blues Haare zwischen die Finger zu kriegen. Sobald sie in seinem Sessel saß, kürzte er das Haar dramatisch bis zu den Ohrläppchen. Die Augen hatte er mit Ponyfransen betont, das Gesicht mit gestuften Strähnen umrahmt. Nach ihrem Geschmack war die Frisur zu niedlich, erfüllte aber den angestrebten Zweck.
»Von Anfang an hätten Sie sich besser zurechtmachen müssen«, meinte Nita. »Für diesen Footballspieler. Dann hätte er die Beziehung vielleicht ernst genommen.«
»Er nimmt mich ernst.«
»Oh, Sie wissen ganz genau, wovon ich rede. Er hätte sich in Sie verliebt. So wie Sie sich in ihn.«
»Ich bin
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