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Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition)

Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition)

Titel: Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane zu Salm
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meine Erwartungen an das, was zwischenmenschliche Nähe sein soll, zu hoch. Und vielleicht habe ich aus lauter Angst vieles auch gar nicht zugelassen. Jetzt ist das eh zu spät, also was soll ich da groß drüber nachdenken. Ich bin auch nicht bitter, denn man kann sich das Leben ja durchaus so einrichten, dass es passt. Und das habe ich auch getan. Und das sollte man meiner Meinung nach auch tun. Denn man kann ja das Leben nicht ständig als Mängelbericht betrachten. Margot habe ich über ein Partnerschaftsvermittlungsinstitut kennengelernt, wo ich inserierte, als ich auf die vierzig zuging und immer noch keine Frau hatte. In die Anzeige schrieb ich: » Systemplaner mit geregeltem Einkommen sucht Frau zwecks Heirat. Kein Kinderwunsch. Ihr Herz soll sie ihm geben, aber seine Freiheit muss sie ihm unbedingt lassen«.
    Es haben sich nicht viele gemeldet, Margot hat mir vom Foto her am besten gefallen, also wurde sie meine Frau. Ich glaube, sie ist die Einzige, die mich versteht in meinem Gefühl, mich von niemandem richtig verstanden zu fühlen. Vielleicht ist sie daher der wichtigste Mensch in meinem Leben.
    Dass ich nie Kinder wollte, hat sie akzeptiert. Dafür bekam sie immer Sicherheit. Auch nach meinem Tod ist für sie gesorgt. Und ich bin froh, dass ich mir jetzt keine Gedanken darüber machen muss, wie meine Kinder durchkommen ohne mich, ob sie eine anständige Ausbildung machen, ob sie gesund bleiben, ob sie so was wie Liebe bekommen und ob sie über kleine Sachen lachen können. Über die kleinen Sachen zu lachen– das kann ich nämlich gut! Und das hat mir am Leben bis jetzt am besten gefallen.
    Wolfgang Schmitz, 57 Jahre, Bauchspeicheldrüsenkrebs
    verstorben im September 201*

Jedenfalls war es mir wichtig, im mer gut durchzuko mmen
    Als ich neulich las, das Hauptmerkmal vom Sternzeichen Fisch sei, immer den bequemeren Weg zu gehen, dachte ich, Menschenskind, das stimmt genau. A uch wenn der bequemere Weg gar nicht mal der bessere ist. Mein Lebensmotto war, mach dir das Leben angenehm auf dieser schönen Welt. Das war eigentlich so ein Spruch von meinem Vater. Jedenfalls war es mir wichtig, immer gut durchzukommen, möglichst ohne Schwierigkeiten und ohne groß anzuecken. Das ist wohl nicht gerade sehr edel, ist aber so.
    Bequem war es zum Beispiel, bei meiner Mutter wohnen zu bleiben. Denn hausfraulich bin ich eine absolute Niete, ich kann nicht mal kochen. Das brauchte ich aber auch nicht, weil meine Mutter bis zu ihrem Tod im Alter von siebenundneunzig Jahren alles gemacht hat. Von Einkaufen über Kochen bis Waschen. Wenn ich mal irgendwas machen wollte, hat sie gesagt, also wenn ich das schon sehe, lass mal, das mach ich alleine. Als sie gestorben ist, war ich als Hausfrau natürlich auf vollkommen verlorenem Posten. Die letzten dreißig Jahre habe ich nur Fertigzeug gekauft. Aber das hat mich auch nicht gestört, ich mache mir nichts aus Essen.
    Vielleicht war es auch der bequemere Weg, meinen Freund nicht geheiratet zu haben. Aber es war richtig so, es war in Ordnung. Ich hätte es nicht fertiggebracht, meine Mutter alleine zu lassen. Sie war so eine Liebe, meine Mutter war das Einzige, das ich wirklich geliebt habe. Die stand einfach über allem. Und mit meinem Freund haben wir das irgendwie managen können, der musste das halt mitmachen. Mich innerlich mit irgendwas rumzuplagen, nee. Ich habe das eigentlich imm er schaukeln können, wie ich es haben wollte.
    Das war aber auch nicht so schwer, weil ich keine großen Ziele hatte. Ich kann mich zum Beispiel nicht erinnern, dass ich jemals auch nur den Wunsch nach Kindern hatte. Vielleicht ist das eine Schande, aber sie haben mir nie gefehlt. Mir wurde nie vorgehalten, dass ich mich mit dieser Haltung vor einer gewissen Verantwortung gedrückt hätte. Ich weiß nur, dass viele der Ladys hier im Pflegeheim Großmütter sind und auf einem ganz anderen Standpunkt stehen. Für sie ist es der Sinn des Lebens, Kinder zu haben. Aber das ist nicht mein Empfinden. Ich klopfe mir auf die Schulter und sage, das hast du klug gemacht, dass du alleine bist.
    Du hattest ein angenehmes, gemütliches Leben. Das, was ich mir gewünscht habe, habe ich mir selber erfüllen können. In bescheidenem Umfang. Ich habe bei der Post im Fernmeldeamt gearbeitet, bin zweimal im Jahr verreist und hatte einen großen Freundeskreis. Ich konnte immer machen, was ich wollte, und mir hat keiner reingeredet. Ein anderer könnte denken, das ist gar nicht möglich, dass man mit so einem

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