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Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition)

Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition)

Titel: Dieser Mensch war ich - -: Nachrufe auf das eigene Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane zu Salm
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Vor dem Schluss habe ich aber noch ein Problem. Ich muss das Kunststück vollbringen, dass ich nichts an meine Söhne vererbe. Im Moment ist nämlich noch Geld da, und auch noch ein bisschen Klumpatsch. Aber das Nichtvererben ist juristisch nicht ganz so einfach. Dafür werde ich wohl auch wieder einen neuen Aktenordner anlegen müssen.
    Gottfried Walther, 73 Jahre

Ich musste immer wieder von vorne anfangen
    Der besondere Glücksmoment in meinem Leben war, als ich meinen dritten Mann kennenlernte. Ich hatte ja nicht nach etwas gesucht, das war Zufall oder Schicksal, was weiß ich. Ich sammelte Steine und war mit meinem Verein auf einer Exkursion in Koblenz. Ein Mann fragte, ob er sich neben mich setzen dürfe, und dann kamen wir ins Gespräch. Er sagte, er sei Chemiker. Da ich mal Metallografie studiert hatte, kannte ich mich ein wenig auf dem Gebiet aus und stellte eine Fachfrage. Da war er ganz erstaunt, und so kamen wir noch mehr ins Gespräch und fanden uns beide sympathisch. Wir entdeckten, dass wir dieselben Interessen und Vorlieben hatten, also das war Wahnsinn. Am nächsten Tag trafen wir wieder per Zufall aufeinander. Und dann haben wir uns verabredet, dass wir uns schreiben und Steine austauschen könnten.
    Na ja, und dann ist daraus mehr geworden, den habe ich geheiratet, das war der Beste von den dreien. Der hat mich so verwöhnt. Wenn wir uns getroffen haben, hatte er im Auto immer Blumen auf meinem Sitz gehabt. Oder wenn wir mal im Hotel übernachtet haben, hat er immer ein Geschenk auf meinen Bettschrank gelegt, ein Buch oder irgend so was Hübsches, ein Schmuckstück. So etwas kannte ich ja gar nicht von den anderen. Wir hatten auch ein Haus, aber schuldenfrei, und da konnte ich mich so richtig entfalten. Ich konnte alles machen, was ich vorher nicht tun konnte. Bilder malen, basteln, ich musste nicht mehr arbeiten, aber da war ich ja auch schon sechzig.
    Mein Leben war recht kunterbunt. Ich musste immer wieder von vorne anfangen, und es hat lange gedauert, bis es schön wurde. Was ich bereue, ist, dass ich damals so doof war, auf meinen ersten Mann reinzufallen. Das hat mich viel Lebenszeit und viele Nerven gekostet. Nachdem wir ein Paar waren, hatte er eine Freundin. Als mit den beiden Schluss war, hat er sich mir wieder zugewandt, und ich Dämliche fall drauf rein. Ich hätte dabei bleiben sollen, nichts mehr mit ihm zu tun haben zu wollen. Aber nach dem Krieg gab es kaum Männer. Und die, die da waren, waren umworben. Außerdem war damals Hungerszeit, und bei seinen Eltern kriegte ich etwas zu essen. Und bei ihnen war es warm, wir konnten ja nicht heizen, das waren schlimme Zeiten. Aber trotzdem hätte ich hart sein müssen, ich war ja auch schon drüber hinweg gewesen. Stattdessen ist das erste Baby entstanden, als so eine Art Versöhnung. Es folgten noch zwei Kinder. Nach kurzer Zeit war ich ihm zu dick, aber ich bin halt so, und er musste etwas anderes haben. Als unsere Gärtnerei, die wir zusammen aufgebaut hatten, ein bisschen Geld abwarf, hat er immer nach anderen geguckt. Das war auch erst nicht so schlimm, bis er zuletzt eine kennenlernte, die aus dem Fach war. Da habe ich gemerkt, dass er was Festes will, und habe mich scheiden lassen, da waren wir dreizehn Jahre verheiratet. Er hat mir immer vorgeworfen, ich sei schuld, dass er mich heiraten musste, das ist ja nicht sehr erfreulich. Einmal hatte ich mich sogar so über eine Boshaftigkeit von ihm geärgert, dass ich drauf und dran war, mir das Leben zu nehmen. Mit E605, einem Pflanzenschutzmittel, das wir in unserer Gärtnerei hatten. Aber dann habe ich mir überlegt, dann hat er ja seinen Willen, du bist weg, und er freut sich. Und da habe ich es doch gelassen. Ich habe später gemerkt, dass, wenn man mit jemandem im Streit ist und sich zusätzlich in Hass steigert, man sich damit nur selbst schadet. Es ist besser, abzuschließen und nicht nachtragend zu sein.
    Zwei Jahre nach der Scheidung lernte ich meinen zweiten Mann kennen. Aber das war eigentlich nur wie eine Geschwisterehe. Nach zwei Jahren sagte er, Sex sei eine Schweinerei. Da war ich erst vierzig, das war ja dann auch kein Leben.
    Mit meinem dritten Mann hatte ich immer Themen zum Unterhalten, so ein Schweigen gab’s da nicht, wie es in manchen Ehen der Fall ist. Er hat mir auch viel beigebracht. Der schlimmste Moment meines Lebens war daher, als herauskam, dass er Alzheimer hatte. Ich wusste ja dann, das mit unseren Plänen wird nichts mehr. Wir hatten so viel vor, unser

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