Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
Vom Netzwerk:
möchte ihn überraschen.«
    Die Augen des alten Mannes leuchteten
listig. Er war vermutlich schon sein ganzes Leben im Hotelfach; man konnte ihm
nicht so leicht einen Bären aufbinden. »Ihrem Freund Gerry war die Überraschung
zwanzig Dollar wert.«
    Ich griff in meine Tasche und holte
meinen Geldbeutel raus. »Mir ist sie auch zwanzig Dollar wert.«
    Der alte Mann lächelte. »Ich mag
Überraschungen genausogern wie alle anderen Leute.«
     
    Als ich bei der Murphy-Windmühle
eintraf, stand der grüne Ranchero immer noch unter der Zypresse. Zwei
Strafzettel flatterten unter dem Scheibenwischer. Ich parkte den MG hinter ihm
und betrachtete die Mühle.
    Es war fast elf Uhr; der Tag war sonnig
und warm geworden. Jogger trotteten vorbei; Radler strampelten die Wege
entlang; Reiter auf Pferden, die man bei den Parkställen mieten konnte, hielten
inne und schauten sich die verfallene Windmühle an. Um diese Zeit waren die
Leute, die die Mühle zu ihrem Heim gemacht hatten, entweder drinnen oder
draußen und nutzten das schöne Wetter. Das war gleich, denn ich konnte sowieso
keine weiteren Nachforschungen anstellen, bevor die Parkbesucher nach Hause
gingen und es dunkel wurde.
    Ich machte kehrt und fuhr heim.
     
    Watney war unzufrieden mit mir.
Unwillig akzeptierte er das Futter, das ich in seinen leeren Napf gab, schlang
es gierig herunter und stapfte dann in Richtung Brombeersträucher davon. Die
Curleys hatten vermutlich angenommen, daß ich schon lange wieder zu Hause wäre;
der arme alte Watney hatte sich wohl auf seine eigenen eingerosteten
Jagdfertigkeiten verlassen müssen. Ich war nicht besonders geknickt; der Kerl
war sowieso viel zu dick. Aber seine Begrüßung bestimmte den Tenor für den Rest
des Tages.
    Als erstes holte ich das drahtlose
Telefon auf die sonnige Terrasse raus und versuchte, Jack Stuart zu erreichen.
Bei All Souls ging Hank ans Telefon und teilte mir mit, daß er Jack erst am
nächsten Tag gegen Mittag zurückerwarte. Ich fragte ihn, ob er irgend etwas
über die Begünstigten in Rudy Goldrings Testament wisse, aber er verneinte.
Gilbert Thayer hatte das Testament ausgefertigt. Da keiner von uns sich die
Mühe gemacht hatte, Gilbert zu fragen, wohin er ging, nachdem er bei der
Kanzlei gekündigt hatte, hatte ich keine Ahnung, wo ich ihn erreichen konnte.
Ich hatte auch gar kein Bedürfnis, mit ihm zu sprechen.
    Als nächstes probierte ich es bei Ben
Gallagher, um zu erfahren, ob es Neuigkeiten im Fall Goldring gäbe. Ben war im
Dienst, aber nicht im Büro, und niemand wußte, wann er zurückkäme. Ich
hinterließ eine Nachricht.
    Dann setzte ich mich hin und dachte
eine Weile über die Verbindung zwischen Lasser und den Cushmans nach.
Vielleicht war meine ursprüngliche Annahme falsch; vielleicht bestand eine
Beziehung zwischen Irene und Gerry und nicht zwischen Irene und Vicky. Sie war
möglicherweise eine der Frauen, mit denen Gerry ein Verhältnis hatte.
Vielleicht hatte er ihr das Auto seiner Frau geliehen. Das könnte auch den
Streit heraufbeschworen haben, den Gerry und Vicky letzte Nacht hatten. Wenn
dem so war, würde ich aus Gerry wohl ebensowenig herausbekommen wie aus seiner
Frau. Ich bezweifelte auch, daß er mir sagen würde, warum er im Motel nach
Frank Wilkonson gefragt hatte. Ich mußte Irene Lasser finden.
    Ich ging nach drinnen und durchwühlte
den Schrank, wo ich meine Sammlung von Telefonbüchern aus dem Bay-Gebiet
aufbewahre. Ich suchte nach Irene Lasser, I. Lasser, I. Johnstone, I. L.
Johnstone und anderen Varianten des Namens. Keine der möglichen Kombinationen
war eingetragen. Ich suchte auch nach Susan Lasser, für den unwahrscheinlichen
Fall, daß die Tochter alt genug war, ihr eigenes Telefon zu haben. Wieder
nichts.
    Auf dem Weg nach draußen steckte ich
den Kopf in mein halbfertiges Schlafzimmer auf der ehemaligen Veranda. Ich habe
das Haus — ein Gebäude, das als Unterkunft für die Opfer des Erdbebens und des
Brandes von 1906 errichtet worden war _ Stück für Stück renoviert, seit ich es
erworben hatte; vermutlich würde ich im Jahre 2006 immer noch nicht fertig
sein. Der Raum sah eher wie eine Abbruchhalde und nicht wie ein Bauplatz aus.
Der Anblick frustrierte mich ebensosehr wie der mangelnde Erfolg bei der
Entwirrung der Fäden zwischen Goldring, Wilkonson und Co.
    Ich schlug die Tür hinter dem Chaos zu
und ging wieder auf die Terrasse hinaus. Der Sonnenschein besserte meine Laune
schnell wieder, und ich packte das drahtlose Telefon und rief im Kingsway

Weitere Kostenlose Bücher