Dieser Sonntag hat's in sich
sie war nur eine
Bekannte, und ihre Enthüllungen waren mir peinlich. Ich vermutete, daß auch sie
sich schämen würde, wenn sie sich an unser Gespräch in einer ruhigeren,
nüchterneren Stimmung erinnerte.
Nach einer Weile seufzte Vicky und
kroch zu einem Nachttisch hinüber. Sie wurstelte in der Schublade herum und
holte sich noch einen Joint heraus.
»Vielleicht«, sagte ich, »sollten Sie
das Gras eine Weile in Ruhe lassen. Sie sehen aus, als ob Sie etwas zu essen
vertragen könnten. Wir sollten in die Küche gehen; und ich könnte Ihnen ein
Frühstück machen...«
Einen Moment lang schien sie beunruhigt
zu sein. Ich nahm an, sie hatte Angst, daß ich ihr Hasch konfiszieren könnte.
Dann gewann jedoch der Ärger die Oberhand. »Vielleicht«, sagte sie und ahmte
meinen Tonfall nach, »sollten Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten
kümmern.«
Ich zuckte die Achseln und versuchte,
meine Wut zu beherrschen. »Sie haben recht. Sprechen wir über den Grund meines
Kommens.«
»Irgendwie hatte ich schon das Gefühl,
daß dies kein Privatbesuch war. Was wollen Sie diesmal?«
»Zur Abwechslung einmal die Wahrheit.«
»Worüber?«
»Über Irene Lasser.«
Vicky legte den Joint, den sie noch
nicht angezündet hatte, weg. Sie zog sich wieder ans Kopfende des Bettes zurück
und drückte wieder ein Kissen schützend vor die Brust. »Wer?« fragte sie.
»Nun kommen Sie schon, Vicky. Sie
kennen Irene. Sie haben ihr letzten Montag Ihr Auto geliehen, und Sie haben ihr
eine von diesen Nachbarschaftspapiertaschen gegeben, die sie mit Leckereien
gefüllt und zu Bob Choteau in sein Versteck im Park getragen hat.«
»Das stimmt nicht. Wer ist Bob
Choteau?«
»Keine Lügen mehr, Vicky.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.
Von wem Sie sprechen. Sie haben irgendeine Autonummer falsch
aufgeschrieben, und nun versuchen Sie, mir Dinge anzuhängen, die ich nicht
getan habe, Beziehungen zu Leuten anzudichten, die ich überhaupt nicht kenne.
Ich habe mein Auto nicht verliehen; ich habe keine Tasche mit Lebensmitteln zu
irgendeinem Penner...« Sie erkannte ihren Fehler; ich konnte es an ihren Augen
ablesen. Sie sprang aus dem Bett, rannte ins Ankleidezimmer und knallte die Tür
hinter sich zu. Ich hörte das Schloß zuschnappen.
»Was wollen Sie machen, Vicky?« rief
ich. »Wollen Sie vierundzwanzig Stunden dort drinnen bleiben und einen
Schreianfall nach dem anderen kriegen?«
Ihre Antwort war fast ein
Schrei. »Hier drinnen ist ein Telefon. Wenn Sie mein Grundstück nicht umgehend
verlassen, rufe ich die Polizei!«
Das hätte mir noch gefehlt. Ich verließ
ihr Grundstück.
16
Der ältere Mann an der Rezeption im
Kingsway Motel kannte Frank Wilkonson, aber er erklärte, er sei diesmal nicht
wie üblich am Abend zuvor eingetroffen.
»Das ist komisch«, fügte er hinzu. »Er
hat eine feste Reservierung.«
Ich sah ihn enttäuscht an. »Ich hatte
sosehr gehofft, Frank zu sehen. Sind Sie sicher, daß er nicht nur später als
gewöhnlich eingetroffen ist? Vielleicht war jemand anders an der Rezeption?«
»Ich bin samstags abends allein hier.
Ich hätte ihn sehen müssen.«
»Na ja, es tut mir leid, ihn verpaßt zu
haben. Freunde sagten mir, daß er regelmäßig hier absteigt. Vielleicht haben
Sie sie gesehen — sie waren schon ein paarmal hier.«
Der alte Mann saugte nachdenklich an
seinen gelblichen Zähnen. »Da war nur einmal ein Typ.«
»Was für einer?«
»So ein Typ mit ulkigen Locken.« Als
ich ihn fragend ansah, fügte er hinzu: »Er hat so eine Locke, da vorne«, er
deutete auf die Mitte seines eigenen kahlen Hauptes, »sah aus wie ein
Geschenkband, wenn man die Schere darüber zieht; diese kräuseligen Dinger.«
Gerry Cushman hätte diese Beschreibung
wohl wenig schmeichelhaft gefunden. »Oh, das ist Gerry«, sagte ich. »Ich habe
ihn schon ewig nicht mehr gesehen. Wann ist er hier gewesen?«
»Ich glaube, so vor zwei Wochen. Er
sagte, er habe Wilkonson knapp verpaßt. Ich habe ihm von der festen
Reservierung erzählt, und nehme an, daß er ihn erwischt hat. Es ist schwer zu
sagen, wer hier wen besucht, aber das ist auch gut so. Die Gäste haben ein
Recht auf ihre Privatsphäre.«
Ich wette, daß sie von diesem Recht
nicht viel Gebrauch machen können, solange du an der Rezeption stehst, dachte
ich. Ich holte einen Papierfetzen aus meiner Tasche und schrieb meine private
Telefonnummer auf. »Würden Sie mich bitte anrufen, wenn Frank kommt? Aber sagen
Sie ihm nicht, daß ich hier war. Ich
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