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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Bastion der oberen Mittelschicht,
gingen. Dieses achtbare Institut schirmt seit Generationen die Sprößlinge der
wohlhabenden Bürger dieser Stadt vor der häßlichen Wirklichkeit und der
schlechten Unterrichtsqualität unserer öffentlichen Schulen ab. Nachdem sie die
ordentlich uniformierten und fröhlich winkenden Mädchen abgegeben hatte, fuhr
Vicky in Richtung Haight Street zurück.
    Anstatt in die Sackgasse abzubiegen,
fuhr sie jedoch auf einer der Straßen, die am Rand des Buena-Vista-Parks
verlaufen, hügelaufwärts. Die Gegend oberhalb des Parks ist in steilen
Terrassen angelegt, und die kleinen Straßen winden sich kurvenreich nach oben.
Ich folgte ihr langsam und mußte häufig in den ersten Gang zurückschalten. Als
ich aus einer Kurve herausfuhr, war ich nur wenige Zentimeter von der hinteren
Stoßstange des BMW entfernt. Während ich mich zurückfallen ließ, parkte der
Wagen vor einem unbebauten Grundstück, das von einer doppelten Reihe junger
Weinstöcke umgeben wurde. Auf der anderen Seite befanden sich ein Holzschuppen
und regelmäßig angelegte Reihen von Pflanzen. Einige kannte ich: Rosenkohl,
Artischocken, Salat.
    Es war einer der Gemeinschaftsgärten,
die überall in der Stadt wie Pilze aus dem Boden schossen. In Anbetracht ihrer
Vorbildung im Bereich Gartenbau konnte ich mir gut vorstellen, daß Irene Lasser
mit diesem hier zu tun hatte, und Vicky kam vielleicht hierher, um sich mit ihr
zu treffen. Ich parkte den MG vor einem kleinen Wohnhaus und hoffte, daß sie
mich nicht gesehen hatte.
    Aber die Frau, die aus dem BMW
ausstieg, war nicht Vicky. Was ich für einen über blonde Locken gelegten Schal
gehalten hatte, war eine Mähne kastanienbrauner Haare, die im Nacken zusammengebunden
waren.
    Irene Lasser hatte die Cushman-Mädchen
zur Schule gefahren. Ich klammerte mich mit nervösen Fingern an meinem Lenkrad
fest, als sie zur Hintertür ging, sie öffnete und sich hineinlehnte. Als sie
wieder auftauchte und sich aufrichtete, hatte sie ein kleines Kind auf dem Arm.
Sie setzte das Kind ab, nahm es bei der Hand, und sie gingen zusammen zum
Garten.
    Auch wenn ich das Geschlecht des Kindes
nicht erkennen konnte, nahm ich an, daß es sich um Susan Lasser handelte, die
Tochter, von deren Existenz niemand in der Gegend von Hollister zu ahnen
schien. Sie schien etwa zwei Jahre alt zu sein; dies bedeutete, daß sie ein
paar Monate nach Lassers Flucht von der Burning Oak Ranch geboren sein mußte.
    Wessen Kind war sie wohl dann? Harlan
Johnstones? Frank Wilkonsons? Oder war Susan von einem Mann gezeugt worden, den
ihre Mutter nach ihrer Flucht kennengelernt hatte?
    Ich blieb im Auto sitzen, während die
Lassers in den Schuppen hineingingen und mit Gartengeräten — einer Hacke und
einem Spaten für Irene und einem Plastikeimer und einer Schaufel für Susan — wieder
herauskamen. Sie trugen die Geräte in den hinteren Teil des Grundstückes, wo
früher offenbar Sommergetreide gewachsen war. Irene machte sich daran, die Erde
zu bearbeiten, während Susan sich in der Nähe niederließ und ihren Eimer füllte
und leerte. Mit schnellen, kraftvollen Bewegungen zerhackte Irene die Klumpen
und verteilte die feine Erde. Ab und zu hielt sie inne, um mit dem Kind zu
reden, sich Schweiß vom Gesicht zu wischen oder um ihr dickes Haar neu zu
binden. Der Rhythmus ihrer Bewegungen und die Art und Weise, wie sie ruhig zum
Himmel aufblickte, wenn sie eine Pause machte, vermittelten ein Bild der
Zufriedenheit. Susan spielte leise, hin und wieder lief ein erfreutes Lächeln
über ihr rundes Gesicht; wenn sie mit ihrer Mutter sprach, schien sie zu
lachen, und Irene antwortete ihr ebenso fröhlich.
    Ich beobachtete sie eine Weile in dem
Wissen, daß ich die Idylle bald stören würde. Ich versuchte einen Weg zu
finden, an Irene heranzutreten, ohne sie in Panik zu versetzen. Sie würde mich
natürlich erkennen. Ich war sicher, daß ihr Vicky von meinen Besuchen erzählt
hatte — vermutlich hatte sie sogar noch ein paar dramatische Ausschmückungen
und Spekulationen über meine Motive hinzugefügt. Dies machte es für mich zu
einem schwierigen Unterfangen, mich ihr zu nähern.
    Vicky und Irene — das war wirklich
interessant. In welcher Beziehung standen die beiden zueinander? Irene benutzte
Vickys Auto, fuhr Vickys Kinder zur Schule. Lebte sie auch in den »Schlössern«?
Wahrscheinlich, nach der recht frühen Stunde zu schließen, zu der sie mit den
Kindern aufgebrochen war.
    Ich muß gestehen, daß meine

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