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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Jane scheiden lassen und mich
heiraten wollen. Aber da waren ihre sechs Kinder.« Endlich schaute sie auf; ich
sah wohl ziemlich skeptisch aus, denn sie sagte: »Ich weiß. Ich hätte an die
Kinder denken sollen, bevor ich mich mit Frank eingelassen habe. Ich mag sie
wirklich; ich habe auch Jane immer sehr gern gehabt. Aber man ist nicht immer
vernünftig.«
    »Ich weiß. Erzählen Sie weiter.«
    »Selbst wenn seine Familie nicht
gewesen wäre, hätte ich Frank nicht heiraten wollen. Er ist genauso ein
dominanter Typ wie Harlan, und er neigt zur Gewalttätigkeit. Es ist eigenartig,
daß ich mich mit dem gleichen Typ Mann wie meinem Ehemann eingelassen habe — aber
dazu neigen wir Frauen wohl, nicht wahr?«
    »Manchmal.«
    »Also, mir ist es immer so ergangen.
Jedenfalls, ich wollte ausbrechen aus diesem Kreis und hätte, schwanger oder
nicht, die Ranch sowieso irgendwann verlassen müssen. Ich konnte dort nicht
atmen oder mich entfalten. Ich wollte einfach ich selbst sein. Also bin ich
gegangen, ohne jemandem zu sagen, wohin; ich bin in ein Frauenhaus in Tustin,
Orange County, gezogen. Und dort bekam ich mein Kind.«
    »Glauben Sie, daß Frank Sie sucht, weil
er Sie zurückhaben will, oder weiß er von Susan?«
    »Er weiß von ihr. Jane merkte, daß ich
schwanger war. Man sah es mir an, und sie hatte so viele eigene Kinder gehabt,
daß sie die Anzeichen zu deuten wußte. Sie glaubte, daß das Kind von Harlan sei
— sie hatte keine Ahnung, daß Frank und ich ein Verhältnis hatten — , und in
ihrer Arglosigkeit erzählte sie Frank davon. Das war an dem Tag, bevor ich
wegging. Er kam zum Ranchhaus und wollte mich sehen. Ich gab vor, krank zu
sein, und bat Hal, den Sohn meines Mannes, ihn wegzuschicken. Aber aus dem, was
er zu Hal sagte, konnte ich schließen, was er vorhatte. Darum bin ich so
schnell weggelaufen.«
    »Wie lange sind Sie in Orange County
geblieben?«
    »Fast ein Jahr.«
    »Frank hat Sie dort unten gesucht,
wußten Sie das?«
    »Nein, wie haben Sie das erfahren?«
    »Das führt jetzt zu weit. Ich nehme an,
er wußte, daß Sie sich dort auf hielten, da die Scheidungsunterlagen von dort
kamen.«
    Sie war nun wirklich aufgeregt. Ich
schaute weg, um ihr Zeit zu geben, sich wieder zu fassen. Neben der Pagode lag
ein Haufen Abfall — Bierdosen und eine Weinflasche. Der Anblick erinnerte mich
an Bob Choteau. Doch dazu kommen wir später, sagte ich mir.
    »Das war wohl wegen der
Scheidungsunterlagen, ja. Aber daß er herausfand, daß ich hier lebe, war ganz
allein mein Fehler. Ich habe einmal einen Artikel gelesen, wie man erfolgreich
verschwinden kann. Am wichtigsten ist es, alle Verbindungen zu seinem früheren
Leben abzuschneiden — zu Freunden, Kollegen, allem. Aber ich habe gegen diese
Regel verstoßen, als ich Jane Wilkonson vor etwa sechs Wochen eine Postkarte
schickte. Ich habe zwar keinen Absender daraufgeschrieben, aber vom Poststempel
konnte man wohl auf die Gegend schließen.«
    »Warum, um Himmels willen, haben Sie
das getan?«
    »Das war dumm; jetzt weiß ich es. Aber
ich mag Jane, und ich wußte, daß sie sich um mich sorgte. Ich schrieb auf die
Karte, daß es mir gutgehe, daß ich ein kleines Mädchen namens Susan habe. Ich
erzählte ihr, daß ich eine gute Stellung gefunden habe und wieder im Gartenbau
arbeite. Es kam mir gar nicht in den Sinn, daß sie Frank die Karte zeigen
könnte, oder daß er mich suchen würde.«
    Ich beobachtete sie; ich glaubte ihr
keinen Augenblick lang. Aber ihr Gesichtsausdruck war arglos; vielleicht
glaubte sie selbst, was sie sagte. Irene schien zu der eigenartigen, wenngleich
nicht seltenen Spezies von Menschen zu gehören, die ausgeprägte Selbstsucht mit
grenzenlosem Mitgefühl und Liebesfähigkeit verbinden. Um diese beiden Motive
unter einen Hut zu bringen, schreiben sie sich selbst oft wesentlich edlere
Ziele zu als die, die sie in Wirklichkeit verfolgen. Ich hatte den Verdacht,
daß sie die Karte geschrieben hatte, weil sie wollte, daß Frank von ihrer
Tochter erführe — vielleicht wollte sie sogar, daß er sie suchte. Eine andere
Möglichkeit — eine, die so fies war, daß ich nicht weiter darüber nachdenken
wollte — war, daß sie ihn ärgern wollte mit der Nachricht, daß er ein Kind
hatte, das er nie zu Gesicht bekommen würde.
    »Sie haben nochmals gegen die Regel
verstoßen«, sagte ich, »als Sie Kontakt mit Rudy Goldring auf nahmen.«
    »Ich weiß. Ich war unglücklich unten im
Süden. Ich bin im Norden von Kalifornien geboren; der

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