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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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verlaufenden
Stadtautobahn zu verschlucken.
    Ich hielt gegenüber von Goldrings
viktorianischem Haus und starrte auf die oberen Fenster. Die dichten Vorhänge
am Erkerfenster waren zugezogen, aber am Rand sah ich einen verräterischen
Lichtstreifen.
    Dumm von Irene, dachte ich. Wenn sie
verheimlichen will, daß sie in der Wohnung ist, warum bleibt sie dann nicht
hinten, im Schlafzimmer oder in der Küche?
    Dann sah ich die Küche mit Rudys
leblosem Körper vor dem Herd wieder vor mir. Natürlich wollte sie sich von
diesem Raum so weit wie möglich entfernt halten.
    Ich blieb im Auto sitzen und überlegte,
wie ich vorgehen könnte. Zu läuten war sinnlos; Irene würde nur in Panik
verfallen. Sie würde bestimmt nicht öffnen; vielleicht würde sie wieder
fliehen, und dieses Mal weiß Gott wohin. Das Schloß konnte ich nicht
aufbrechen; es schien ein Sicherheitsschloß zu sein. Und die Büros im
Erdgeschoß waren bestimmt genauso gesichert. Wenn ich ein Fenster einschlüge,
würde das zuviel Lärm machen.
    Dann fiel mir ein, daß Bob Choteau
erzählt hatte, der »Captain« habe ihn im Schuppen neben der Garage schlafen
lassen. Das hieß, daß der Schuppen seinetwegen nicht zugeschlossen wurde. Ob
jemand nach Rudys Tod daran gedacht hatte, ihn abzuschließen? Falls nicht,
könnte ich vielleicht von dort aus ins Haus gelangen.
    Ich beobachtete das Gebäude noch eine
Weile. Die Garage lag unter dem zweistöckigen Erkervorsprung; ein schmaler
Zementweg führte daran vorbei. Es war sehr dunkel dort, deshalb suchte ich auf
dem Rücksitz nach der großen Taschenlampe, die ich immer bei mir habe.
Natürlich war sie heruntergerollt und irgendwo festgeklemmt; ich mußte
aussteigen und den Sitz verschieben, um an die Lampe heranzukommen.
    Mit der Taschenlampe in der Hand lief
ich über die Straße zu dem Pfad hinüber.
    Der Schuppen war etwa anderthalb Meter
vom Bürgersteig zurückversetzt, ein kleiner Bau mit steilem Dach, der sich an
das Hauptgebäude schmiegte. An der Tür hing ein Vorhängeschloß. Als ich es
berührte, merkte ich, daß es nur so aussah, als ob es verschlossen wäre. Es
ließ sich leicht öffnen; ich entfernte es und zog am Schließband. Die Tür
kratzte über den Beton.
    Ich schaltete die Taschenlampe an, trat
ein und zog die Tür hinter mir zu.
    Der Raum war gemütlicher als Bob
Choteaus gegenwärtige Unterkunft: etwa ein Meter zwanzig auf einen Meter
achtzig groß; sauber und bis auf ein paar Holzbretter, die an der Wand zum Haus
hin gestapelt waren, leer. Auf einigen Regalen gab es das übliche Sammelsurium
von verschmierten Farbdosen, verrosteten Werkzeugen, mit Schrauben und Nägeln
gefüllten Gläsern und Tapetenresten. Es gab keine Tür von hier aus in die
Garage. Oder doch... ?
    Das Holz war sorgfältig aufgestapelt.
Zu sorgfältig, verglichen mit dem Durcheinander auf den Regalen. Ich
beleuchtete die Bretter mit meiner Lampe. Da war wirklich eine Tür; die Bretter
sollten sie kaschieren.
    Ich legte die Taschenlampe auf ein
Regal und begann, die Holzbretter wegzuräumen. Es war ein simpler Trick, und er
paßte zu einem Mann, der viel zu vertrauensselig und naiv gewesen war. Das
Schloß bestätigte meinen Eindruck; ich brauchte nur wenige Minuten, um es
aufzubrechen.
    Auf der anderen Seite der Tür befand
sich die Garage. Ein schöner alter Buick — der Typ mit den Bullaugen — stand
da. Am anderen Ende standen eine uralte Waschmaschine und ein Trockner; daneben
führte eine Treppe ins Erdgeschoß. Die Tür öffnete sich auf den grauen
Teppichboden im Flur des Bürotrakts. Ich lauschte auf Geräusche, aber ich hörte
nichts als summende Stille.
    Ich überlegte, ob es hinten vielleicht
eine weitere Treppe gab, weil in vielen viktorianischen Häusern nachträglich
Lieferanteneingänge angebaut worden waren. Ich ging den Flur entlang zu dem
Zimmer, in dem Rudy seine Anproben durchführte. Als ich die Tür am Ende des
Ganges aufstieß, sah ich plötzlich Licht und eine Bewegung.
    Adrenalin schoß durch meinen Körper.
Ich preßte mich an die Wand und zog meinen Revolver raus.
    Nichts geschah.
    Nach einer Weile stieß ich die Tür ganz
auf und leuchtete mit der Lampe hinein. Der Strahl wurde von den silbrigen
Glasscheiben eines verspiegelten Raumes zurückgeworfen. Die Bewegung, die ich
gesehen hatte, war die Reflexion meiner eigenen gewesen. Ich trat ein und
leuchtete mit der Lampe um mich. An drei Wänden hingen Spiegel, so daß sich der
Kunde von allen Seiten betrachten konnte. An der vierten Wand

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