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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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Produkt zurück ins Regal. Er verschmähte Diatbrühen zugunsten von dicken Suppen, die er zusätzlich mit Sahne versetzte. Der Kühlschrank quoll fast über vor saurer Sahne, Käse (Weichkäse wie Brie, so fetthaltig wie möglich), Pastete und Gelegenheitskäufen vom Bäcker wie etwa Pekannusskuchen oder Schokoladenkuchen, die sich pro Stück auf 600 Kalorien beliefen. Der Gefrierschrank war vollgestopft mit Eiscreme – nicht etwa Frozen Yoghurt, sondern immer richtiges Eis, Rocky Road oder Banana Split. Die Speisekammer platzte aus allen Nähten vor Buttergebäck und Schokoladensoße; seit Monaten hatte er weder Reiswaffeln noch Cracker gekauft. Rückblickend hatte es etwas zwanghaft Vernünftiges, so viel Nährstoffgehalt aus einem Dollar herauszuschlagen wie nur möglich, ähnlich wie sie zuvor in all den Jahren aberwitzig viel Geld für Luft ausgegeben hatten – Puffmais, tütenweise Chips. Endlich konnte seine Frau also alles essen, was sie sich seit Jahrzehnten verkniffen hatte, und nun war ihr jedes Essen zuwider. Wenn er wirklich ein treu sorgender Ehemann hätte sein wollen, hätte er ihr einen Schlauch in den Mund schieben und sie mästen müssen wie eine Weihnachtsgans.
    »Weißt du noch, wie wir auf unseren Recherchereisen den ganzen Tag rumgelaufen sind, Zehn-Meilen-Wanderungen, wir haben Notizen und Fotos gemacht, und alles nur mit zwei Tassen Kaffee im Magen?«, erinnerte sich Shep. »Wie wir dem Phat Thai der Straßenverkäufer widerstanden haben, wie wir in Portugal das ganze Gebäck verschmäht haben? Mann, was für eine Verschwendung. Wenn ich eins bedaure, dann, dass ich es zugelassen habe, dass du dein Mittagessen ausfallen lässt. Du hättest in diesem Frühjahr noch Reserven für ein paar Wochen mehr haben können, und damals hätte es dir zumindest noch geschmeckt.«
    »Du hättest doch keine dicke Frau gewollt, oder?«
    »Doch. Im Moment ja. Nichts wäre mir lieber als eine dicke Frau. Ich wünschte, du wärst ein Fettkloß. Ich wünschte, du wärst kolossal . Und von dem, was ich jetzt weiß, frage ich mich, wieso die Ärzte nicht allen raten, sich zehn Kilo anzufressen, solange man noch kann. Für Fettleibigkeit würde ich jetzt nicht gerade plädieren. Aber Fett hat seinen Sinn. Fett ist ein Rohstoff.«
    Sie knabberte etwas Kartoffelbrei von den Zinken, ehe sie die Gabel hinlegte. »Ironie des Schicksals. Ich habe reichlich Mühe darauf verwendet, schlank zu bleiben. Und jetzt werde ich dafür bestraft. Das soll mir wohl eine Lehre sein, auch wenn ich nicht genau weiß, worin diese Lehre besteht.«
    »Du musst aufhören, nur so viel zu essen, wie du Lust hast.«
    » Lust habe ich eigentlich überhaupt nicht.«
    »Das ist es ja. Du musst es dir vornehmen. Da geht doch noch was rein.« Etwas leicht Bedrohliches schwang in seiner Stimme mit, ein überraschender Unterton potenzieller physischer Gewalt. Auch das sah er kommen. Die Ausdauer einer Ruby oder Petra gehörte leider nicht zu Glynis’ Stärken, dafür aber war sie trotzig. Je mehr er sie drängte, sich diese Kartoffeln hinunterzuwürgen, desto mehr würde sie sich dagegen stemmen. Und allmählich begann er zu verzweifeln. Die meiste Zeit achtete er nicht darauf, wie sie aussah; er war ihren Anblick gewohnt; ähnlich wie er in seiner Kindheit die Papiermühlen nicht wahrgenommen hatte, die die Luft seiner Heimatstadt verpestet hatten. Doch dann und wann erhaschte er im Augenwinkel einen Blick auf sie, und er nahm seine Frau wahr, als wäre sie ein wildfremder Mensch. Ihre Leichenhaftigkeit – die eingesunkenen Augenhöhlen, die Rippen, die man zählen, und die Handgelenke, um die er mit Daumen und Zeigefinger fassen konnte –, der Anblick traf ihn so schlagartig wie der Gestank von Berlin, New Hampshire, nach einem Familienurlaub in den Bergen.
    Glynis aß noch eine Spur Kartoffelbrei und legte dann energisch die Gabel zur Seite. Mit kindlicher Schläue hatte sie den Rest zusammengeschoben, damit der Teller möglichst leer gegessen aussah. Das winzige Stück Hähnchenbrust hatte sie unter dem Tellerrand versteckt. Er gab auf und räumte ihr Geschirr weg; seine eigene Portion hatte er in der Zwischenzeit irgendwie vertilgt. Er war auf dem besten Wege, seinen eigenen Rat zu beherzigen und sich die zehn Kilo Krankheitsprophylaxe anzufressen. Er aß dieselben buttertriefenden Mahlzeiten wie sie, und gegen das Wegwerfen von Essen hatte er immer schon eine presbyterianische Aversion gehabt. Glynis aß zwei Teelöffel in Olivenöl

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