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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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gebadeten Couscous, und er verputzte die ganze Schüssel. Die Zeit, die er einst im Fitnessstudio verbracht hatte, verbrachte er heute im Supermarkt. Er hatte sein Leben lang auf die eine oder andere Art Sport getrieben, und sein erschlaffender Bauch war das eine persönliche Opfer, das er nun am eigenen Leib zu spüren bekam. Dennoch hatte Shep beschlossen, sich keine Gedanken darum zu machen. Er würde jede Menge Zeit haben, die Pfunde wieder loszuwerden – danach. Eingedenk seines angeborenen Pragmatismus erforderte es einige Mühe, sich nicht allzu genau auszumalen, wonach.
    SHEP HATTE SIE zurück ins Bett gelockt, doch Glynis war immer noch wach. Er lag neben ihr und ließ das Licht brennen. Nachdenklich fuhr sie mit dem Zeigefinger über die Kettensägennarbe in seinem Nacken. Nach längerem Schweigen, mit dem sie ihm zu verstehen gab, dass sie nicht genau wusste, wie sie das Thema anschneiden sollte, erklärte sie schließlich: »Das Jenseits.«
    Seit Wochen war das Thema nicht mehr zur Sprache gekommen. Sie hatte also den Strand auf seinem Bildschirm gesehen.
    »Ich weiß, wir haben diese Sache bis zum Gehtnichtmehr durchgekaut«, fuhr sie fort, »aber nach all den Jahren kapier ich’s immer noch nicht richtig. Was war es, wovor du unbedingt fliehen wolltest? Was war es, das du zu finden gehofft hattest?«
    Zu seiner eigenen Überraschung störte es Shep, dass sie die Vergangenheitsform benutzte. Da sie tatsächlich bis zum Gehtnichtmehr über die Sache gesprochen hatten, musste er sich gegen die Verordnung wehren, dass sie es auch jetzt nicht »kapieren« würde. Indem er Glynis gegenüber seine Gereiztheit zum Ausdruck brachte, verstieße er gegen die Spielregeln. Er bemühte sich um seine übliche Gelassenheit und versuchte, alles noch mal in Worte zu fassen.
    »Wovor ich unbedingt fliehen wollte? Komplexität. Angst. Ein Gefühl, das mich schon mein Leben lang verfolgt, nämlich dass ich irgendwas vergesse, irgendein Detail oder eine Aufgabe, die ich noch zu erledigen habe oder längst hätte erledigen müssen. Dieses nagende Gefühl – ich steh damit auf, ich geh damit durch den Tag, ich leg mich damit schlafen. Als Kind bin ich immer freitagnachmittags nach Hause gekommen und habe sofort meine Hausaufgaben gemacht. Samstag früh bin ich mit diesem großartigen Gefühl aufgewacht, mit einem sauberen, offenen Gefühl der Erleichterung, der Möglichkeiten und der Ruhe. Ich hatte keine Verpflichtungen mehr. Dieser Samstagmorgen war jedes Mal ein Moment echter Freiheit, wie ich ihn als Erwachsener kaum mehr erlebt habe. In Elmsford wache ich nie mit dem Gefühl auf, meine Hausaufgaben schon gemacht zu haben.«
    »Aber du bist Hausaufgaben doch gewohnt. Wenn du nichts zu tun hättest, würdest du doch wahnsinnig werden. Was würdest du denn den ganzen Tag machen, Springbrunnen bauen?«
    »Wenn ich Springbrunnen bauen wollte«, sagte er in gleichmäßigem Ton und schloss die Augen, »würde ich Springbrunnen bauen.«
    »Aber zu verstehen, was du ›willst‹, ist die schwierigste Aufgabe der Welt. Mir scheint, du hast die ganze Zeit auf eine massive existenzielle Krise hingearbeitet.«
    Wieder die Vergangenheitsform, die ihn wie das Etikett eines Pullovers im Nacken kratzte, und mit dem Wort existenziell stand Shep ohnehin auf Kriegsfuß. »Vielleicht würde sich ja herausstellen, dass ich eigentlich gar nichts Besonderes will.«
    »Und dann würdest du nur noch rumliegen und dösen? Glaub mir, das ist alles andere als prickelnd.«
    Im Gegenteil, es klang phantastisch. In anderthalb Stunden würde der Wecker klingeln.
    »Du hast nichts von deiner Freizeit, weil sie dir aufgezwungen wurde«, sagte er. »Und weil du dich scheiße fühlst. Die Zeit, in der es uns gut geht, ist also kostbar. Mit vermasselten Rigipsarbeiten in Queens verschwende ich nicht nur mein Leben. Ich verschwende mein Leben als gesunder Mensch . Gerade du solltest doch wissen, wie übel einem mitgespielt werden kann. In den paar Jahren, in denen wir’s uns gutgehen lassen könnten, schuften wir uns dumm und dämlich. Was bleibt, sind die Jahre, in denen wir alt und krank sind. Freizeit kriegen wir erst, wenn sie uns belastet. Wenn sie uns nichts mehr nützt. Wenn sie keine Möglichkeit mehr ist, sondern eine Last.«
    In Wahrheit hatte er sich viel mehr Gedanken über das Leben im Jenseits gemacht, als ihr klar gewesen war. Fürs Faulenzen hatte er nichts übrig, zumindest nicht fürs Faulenzen allein. Er könnte tauchen lernen; die Flora

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