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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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und Fauna des Meeres um Pemba war spektakulär, und es gab diverse Verleihe. Schnorcheln stellte eine reizvolle, technisch weniger anspruchsvolle Alternative dar. Auf der Insel gab es ein Spiel namens bao , das die Verteilung von vierundsechzig Samenhülsen auf zweiunddreißig ausgehöhlte Schälchen beinhaltete, ein angenehm undurchschaubarer Zeitvertreib, bei dem viel Wert auf Anmut und Geschicklichkeit gelegt wurde. Oder keram , eine offenbar urkomische Kreuzung aus Dame, Hockey und Billard; auf einem selbst gebauten schiefen Holztisch ein paar Pucks gegeneinanderschlittern wäre gewiss eine Zerstreuung, bei der wenig Gefahr bestand, dass man sie zu ernst nahm. Andererseits hatte er immer die größte Befriedigung darin gefunden – also das Gefühl, das man hat, während man etwas tut, und nicht erst danach –, dass er einzelne komplett selbst gewählte körperliche Arbeiten in Angriff nahm: eine Veranda streichen, die es bestimmt noch eine weitere Saison machen würde, ein Gewürzschränkchen mit Regalbrettern zimmern, die genau auf die Dosen aus dem Supermarkt zugeschnitten waren, und – ja, Glynis, du lachst –, Springbrunnen bauen. Vielleicht würde er lernen, ein Kanu zu schnitzen. Auf der Insel gab es jede Menge kruder Boote, mtumbwis , und es könnte wunderbar lange dauern, mit einfachem Werkzeug einen Baumstamm auszuhöhlen.
    »Aber Shepherd«, sagte Glynis und unterbrach seine Träumereien. »Es liegt doch auf der Hand, dass du in all den Jahren eigentlich nur vor dir selber fliehen wolltest.«
    Ach Gott, die alte Leier. Er musste sich unglaublich anstrengen, um sich nicht ernsthaft zu ärgern. »Ich habe kein Problem mit mir selber. Worauf ich verzichten kann, sind andere Menschen .«
    »Auf mich zum Beispiel.«
    »Gnu.« Er stützte sich auf seinen Ellenbogen und zog sie zu sich heran. »Noch nie in meinem ganzen Leben habe ich dich als andere Leute gesehen.«
    Er fuhr mit der Hand über ihren Nacken und stellte betrübt fest, wie stark die Sehnen hervortraten, wie deutlich die Adern zu spüren waren. Doch es war immer noch Glynis’ Hals. Dort, im Ausschnitt ihres Nachthemds, waren die Brüste kleiner, wobei sie nie groß gewesen waren; die Brustwarzen waren dunkler geworden, und die Haut hatte sich zusammengezogen, aber es waren immer noch Glynis’ Brüste. Er küsste sie. Sie erwiderte den Kuss mit dem Hunger, von dem bei ihrem improvisierten Abendessen allzu wenig zu spüren gewesen war.
    Bei der Intensität, mit der er sich zu seiner Frau hingezogen fühlte, hatte Shep immer tendenziell ein schlechtes Gewissen gehabt. Das heißt, körperlich hingezogen – er war niemand, der Lust mit ätherischeren oder romantischeren Gefühlen verwechselt hätte. Sie gefiel ihm außerordentlich gut, nicht nur schön angezogen, sondern auch nackt, und er fragte sich manchmal, ob sie ihm äußerlich nicht vielleicht etwas zu gut gefiel. Er war süchtig nach ihren Hüftknochen, danach, seine Hand in die Mulde zu legen und tiefer hineingleiten zu lassen in den dunkleren Spalt. Auf sein Bitten hin sah sie davon ab, sich die Bikinizone zu rasieren, und ließ die zarten Schattierungen ihres dunkleren und helleren Wuchses zu einem kleinen Wald wachsen, in dessen Geheimnisse er sich mit jungenhafter Bangigkeit hineinwagte wie in einen Zauberwald. Sie hatte lange Beine und spitze, wohlgeformte Kniescheiben. Die Anziehung ging auf ihre erste Begegnung zurück und bezog sich ganz ausschließlich auf Glynis. Es wäre ihm peinlich gewesen, vor seinen derben, anzüglichen Kollegen bei Allrounder zuzugeben, dass er sich für den Großteil seiner Ehe zu keiner anderen Frau als der eigenen hingezogen gefühlt hatte. Sie würden ihm nie glauben, oder wenn doch, würden sie ihn bemitleiden und als einen irgendwie halbwertigen Mann ohne Phantasie und Instinkte abstempeln.
    Vielleicht war es ja wirklich so. Vielleicht stimmte mit ihm etwas nicht, vielleicht fehlte ihm etwas. Doch die Fixierung war exklusiv, und sie aufzugeben lag nicht in seiner Macht. Ihre Wirkung war mal stärker und mal schwächer, bewegte sich aber immer innerhalb einer engen Marge. Stets fühlte er sich zu Glynis hingezogen, außerordentlich zu Glynis hingezogen oder auf überwältigende Weise zu Glynis hingezogen.
    Schon früh hatten sie mit einigen Improvisationen experimentiert, die damals obligatorisch erschienen. Aber nicht lange nach diesem Querbeetsex hatte Glynis seinen Kopf auf halbem Weg über ihren langen flachen Bauch angehalten und mit einem

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