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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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mehr. Bereits Geschehenes kann man nicht mehr fürchten.
    Als Shep sich aus seinem Computer ausloggte und durch den Raum ging, um sich einen leeren Briefpapierkarton zu holen, hatte er wieder die Haltung jenes Mannes angenommen, den Jackson einst verehrt und den nachzuahmen er bisweilen peinlich offensichtliche Versuche unternommen hatte. Endlich bewegte sich der Kerl wieder mit lässigem Selbstbewusstsein und nicht wie ein Arschkriecher. Der Unbeugsame war zurück. Jackson war gar nicht klar gewesen, wie sehr ihm dieser Mann gefehlt hatte: mächtig, kompetent und standhaft. Ein Mann, auf den man sich verlassen konnte – der es niemals zulassen würde, dass die Haustiere verhungerten oder die Pflanzen eingingen, während man im Urlaub war, und der niemals den Ersatzschlüssel zum Haus verlegen würde. Der nicht mit der Wimper zucken würde, wenn er einem Kumpel Geld leihen sollte, seien es 5 oder 5000 Dollar. Der nicht mal mehr daran denken würde. Ein zuverlässiger, großzügiger Mann, wie er heute in diesem Land eine gefährdete Spezies war, wo alle nur noch die Hand aufhielten, und der daher natürlich Gefahr lief, von jedem ausgenutzt zu werden. Ein Mann mit einem einzigen exzentrischen Hobby, das die meisten belächelten, das Jackson aber liebenswert finden musste, denn Shep Knackers verschrobene Springbrunnen stellten ein paar blubbernde Quellen der Schrulligkeit dar in einem sonst nüchternen und pragmatischen Leben. Ein Mann, der bei all seiner Güte und harten Arbeit am Ende eigentlich nur um eines gebeten hatte: entlassen zu werden. Jetzt, wo nolens volens sein Wunsch in Erfüllung ging, war es verflucht noch mal eine Schande, dass das Timing so hundsmiserabel war.
    Pogatchnik stand mit finsterer Miene in seiner Tür und wirkte seltsam unzufrieden, nachdem ihm selbst das Prinzip der erfüllten Angst aufgegangen war: Hatte man ein richtig großes Vergnügen erst mal hinter sich gebracht, konnte man sich nicht mehr darauf freuen. Unterdessen schlenderte Shep an den Waben vorbei und warf seinen Mitarbeitern wohlwollende Bemerkungen zu, schüttelte Hände, griff hier und da eine Schulter, tätschelte beschwichtigend ein paar Unterarme. Trotz des schrägen Strandgutsammler-Outfits hätte jeder Fremde beim Blick durch diesen Raum sofort angenommen, dass die energische, Respekt einflößende Gestalt im Hawaiihemd der Chef sei. Tja, war er ja auch. Das war es, was Pogatchnik nie hätte ertragen können, und das war der eigentliche Grund für Sheps Entlassung. Gesetz hin oder her, Shep war immer noch Chef und war auch immer Chef gewesen, während Pogatchnik die Seele eines Arbeitssklaven besaß, und daran würde auch Knackers Entlassung nichts ändern.
    Dank Pogatchniks Verbot von jedwedem »persönlichen Mist« brauchte Shep nicht erst eine ganze Collage an Familienschnappschüssen abzunehmen, und die Räumung war schnell erledigt. Die Jacke über einem Arm, den Karton unter dem anderen, warf Shep von der Tür aus einen Blick über das Büro.
    Der Webdesigner rief: »Yo, Knacker, du hast was vergessen!«
    Shep zog die Augenbrauen hoch.
    »Deine verdammte Firma, Mann!«
    Erst zog sich unterdrücktes, dann aufrührerisches Gelächter durch die Belegschaft. Der Buchhalter rief: »Genau, nimm mich mit!«
    Jackson hatte es als Kompliment aufgefasst, von Sheps Abschiedsrunde ausgenommen worden zu sein; er wäre ungern nur irgendein Mitarbeiter von vielen gewesen. »Komm, ich helf dir damit«, sagte er.
    Auch wenn Shep den einen Karton auch selbst hätte tragen können, sagte er: »Danke«, und sie verließen zusammen das Haus.
    SCHWEIGEND GINGEN SIE, um den Karton in Sheps Auto zu stellen. »Ich musste Glynis’ Golf verkaufen«, sagte Shep milde und klappte den Kofferraumdeckel zu. »Zum Glück hat sie noch nichts davon gemerkt.«
    »Sie glaubt also immer noch, dass sie ihn eines Tages wieder fahren wird?«
    »Wahrscheinlich. Oder keine Ahnung, was sie glaubt.«
    »So, wie sie in ihrer eigenen Welt lebt«, sagte Jackson. »Der Realität nicht ins Auge sieht. Muss für dich doch … ein bisschen einsam sein.«
    »Ja«, sagte Shep dankbar. »Das kann man wohl sagen. Hör zu, du solltest lieber wieder reingehen. Du willst schließlich nicht auch noch entlassen werden. Du weißt, er würde die Gelegenheit beim Schopf ergreifen.«
    »Soll er doch. Du stellst dir doch wohl nicht vor, dass ich da noch weiter arbeite, wenn du weg bist.«
    »Sei dir mal nicht so sicher. Bei den vielen Rechnungen. Du darfst nicht denken, dass

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