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Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
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der öffentlichen Schulen in Westchester werde ihnen das kostspielige Schulgeld der New Yorker Privatschulen ersparen. Und das war auch so gewesen, zumindest in Amelias Fall. Aber später, als Glynis der Meinung war, dass Zach Hilfe brauchte – womit sie recht hatte –, schien es nötig, eine »bessere Schule« zu finden, um das Gefühl zu haben, dass man überhaupt irgendetwas unternahm, und inzwischen mussten sie auch so ihre 26 000 Dollar pro Jahr an eine Privatschule abdrücken.) Jackson und Carol waren in Windsor Terrace geblieben, und sogar deren heruntergekommene Bude war inzwischen im Wert auf 550 000 Dollar gestiegen.
    Da er selbst vom Immobilienboom profitiert hatte, war Jackson hinsichtlich der selbstgefälligen Eigenheimbesitzer nachsichtiger als Shep; als Handwerker war man heutzutage keine fünf Sekunden durch die Tür, da krähte schon die Ehefrau, wie viel der Schuppen jetzt wert sei, also pass auf mit der Werkzeugkiste, die schöne Vertäfelung! Wahrscheinlich war Shep nur neidisch. Als Sohn eines Predigers sah er einfach nicht ein, was man von einem Jackpot haben sollte, der nicht auch darauf verwies, dass man etwas Gutes oder Schwieriges geleistet hatte.
    Auch in Westchester waren die Immobilien über die letzten zehn Jahre auf den dreifachen Wert gestiegen, also klar, rückblickend hätten sie kaufen sollen – und er hätte im Laufe der Zeit in etwa so viel Profit gemacht wie durch den Verkauf seiner ganzen Firma, den Früchten von zweiundzwanzig Jahren schweißtreibender Arbeit.
    Für das Wohnen zur Miete hatte sich Shep aus demselben Grund entschieden, der alle großen Entschlüsse in seinem Leben motiviert hatte. Er wollte die Zelte abbrechen können – einfach, schnell, sauber und ohne darauf warten zu müssen, dass sein Haus einen Käufer fand auf einem Markt, dessen Klima er nicht vorhersehen konnte. Das war es ja auch, was ihn an den Eigenheimbesitzern so ärgerte: All diese Leute mit ihren eigenen vier Wänden taten immer so, als hätten sie den Boom kommen sehen, als wären sie Finanzgenies und nicht nur die Nutznießer eines Zufalls; schon möglich, dass er es bereute, das Immobilienglück an sich vorbeigezogen haben zu lassen. Aber den Grund dafür bereute er nicht. Er war stolz auf den Grund, stolz darauf, dass er die Absicht hatte zu gehen. Er schämte sich allenfalls, geblieben zu sein.
    Shep gab sich alle Mühe, Glynis nicht dafür verantwortlich zu machen. Wenn er sich stattdessen selbst dafür verantwortlich erklärte, schien ihm das nur gerecht. Das Jenseits war seine Eingebung – dieses Wort zog er dem Begriff Phantasie vor –, und verwässert und abgenutzt war doch jeder Traum. Er gab sich wegen vieler Dinge Mühe, nicht auf sie wütend zu sein, und zum großen Teil gelang ihm das auch.
    Bei ihrer ersten Begegnung hatte Glynis ihr eigenes kleines Unternehmen gehabt. Sie stellte von zu Hause aus Schmuck von auffallend klarer und stromlinienförmiger Gestalt her, und das in einer Zeit, in der Klobigkeit, Schlamperei und Federn vorherrschten. Sie hatte sich mit Allrounder in Verbindung gesetzt, um sich eine festschraubbare Werkbank bauen zu lassen und später, aus Sympathie für den Chef – seine breiten, geäderten Unterarme, sein Gesicht, offen wie ein Weizenfeld –, noch einen Satz Regale für Hammer, Zangen und Feilen. Shep wusste ihre minutiösen Angaben zu schätzen und sie ihrerseits seine minutiösen Ausführungen. Als er zum zweiten Mal auftauchte, um bei dem Tisch letzte Hand anzulegen, hatte sie zahlreiche Arbeitsproben hier und da im Studio herumliegen lassen (absichtlich, wie sie lachend zugab, als sie anfingen, sich zu verabreden; sie hatte ihrem hübschen Handwerker den glitzernden Tand vor die Nase gehalten »wie Angelköder«). Obwohl er seiner Meinung nach keine künstlerische Ader hatte, war Shep von ihnen in Bann geschlagen. Verschiedene längliche Broschen, zart und morbide, sahen aus wie aus Vogelknochen; die Armbänder, die sie ihm vorführte, wanden sich bis zum Ellenbogen hinauf wie Schlangen. Glynis’ Schöpfungen, sehnig, geheimnisvoll und streng, waren eine unheimliche Manifestation der Frau, die sie geschaffen hatte. Ob er sich zuerst in Glynis verliebte oder in ihre Schmiedekunst, war schwer zu sagen, denn für Shep war beides ein und dasselbe.
    Zu der Zeit, als sie sich verliebten, unterrichtete Glynis in Ferienlagern und fertigte im Jewellry District Auftragsarbeiten an, um ihre Miete zahlen zu können. Nebenbei stellte sie in

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