Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition)

Titel: Dieses Leben, das wir haben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lionel Shriver
Vom Netzwerk:
Geräusch einer Life-Support-Maschine gehalten.
    Der Brunnen war krude, aber drollig. Das Becken bestand aus einer Bettpfanne. Eine Pumpe beförderte das Wasser durch einen braunen Gummischlauch in eine aufrecht stehende Spritzkanüle (darum also hatte ihn Shep um eine alte Spritze aus Flickas PEG-Zubehör gebeten), aus der wiederum eine kleine Fontäne hervorsprudelte. Um die Bettpfanne herum hatte er mit Pappe ausgestopfte Latexhandschuhe geklebt; die Pappe war gebogen, und die Hände umrahmten schützend den Rand des Brunnens, wodurch er irgendwie Sicherheit, Zärtlichkeit und Zuflucht suggerierte.
    Glynis öffnete die Augen einen Spalt. »Ich trau mich gar nicht, ihm zu sagen, dass ich davon ständig das Gefühl habe, ich muss pinkeln.«
    »Es ist so … typisch Shep.«
    Sie lächelte und schloss wieder die Augen. »Typischer geht’s nicht.«
    Wenn man nicht wusste, wie man jemandem eine Freude machen konnte, war es manchmal das Beste, einfach nachzufragen. »Was möchtest du gern, Glynis? Ich sitz auch einfach nur so mit dir da. Du musst nicht reden. Oder wenn du genug hast und ich lieber abhauen soll, lass ich dich auch in Ruhe.«
    »Nein, bleib ruhig ein bisschen.« Sie ließ den Kopf zur Seite fallen und sagte verträumt: »Schimpf mir doch was vor.«
    »Schimpfen?«
    »Ja, schimpfen. Du weißt schon, wie immer. Egal worüber. Irgendetwas, das dich aufregt. Das wäre Musik in meinen Ohren. Wie ein Lieblingslied.«
    Ausnahmsweise war Jackson gerade nicht sonderlich zornig, und er war ähnlich aufgeregt, wie wenn er und Carol ins Bett gingen und sie Lust hatte und er nicht, was selten genug vorgekommen war. Prüfungsangst, sozusagen. »Na ja«, sagte er zögerlich. »Ich hab mir einen neuen Titel ausgedacht.«
    »Schieß los.«
    » KLATSCHNASS: Wie wir Fußabtreter in die Mangel genommen werden und warum wir ’ s wahrscheinlich nicht besser verdient haben. Ich hatte gerade für Carol eine Ladung Wäsche aufgesetzt, also lag das Thema nahe.«
    »Mhm. Nicht schlecht für den Anfang. Weiter.«
    »Und … gestern hab ich ein Ticket fürs Falschparken bekommen.«
    Glynis schnalzte mit der Zunge. »Das kannst du aber besser.«
    »Es war aber nicht einfach nur, weil ich zu spät zum Auto gekommen bin. Ich wollte bei Key Food um die Ecke von Allrounder für Heather eine Packung Häagen-Dasz holen. Flicka darf ja kein Eis essen – keine Flüssigkeiten, und Eis schmilzt ja bekanntlich –, also schmatzt ihr Heather natürlich liebend gern was vor. Trotzdem erlauben wir ihr das, damit Heather weiß, dass wir uns auch ihretwegen Umstände machen.«
    Jackson stand vom Bett auf. Dass er gestikulierend im Raum auf und ab ging, war eigentlich vergebene Liebesmühe, denn Glynis hatte die Augen geschlossen, es handelte sich aber um ein Gesamtpaket: Kapriolen gehörten zur Show.
    »Halt ich also vor einer Parkuhr und werf ein 25-Cent-Stück ein, reicht für ’ne halbe Stunde. Bei Key Foods steht keiner in der Expressschlange, und ich garantiere dir, dass ich fünf Minuten später wieder draußen war. Nur um festzustellen, dass einer unserer Staatsdiener schon dasteht und sich gerade mein Kennzeichen aufschreibt. Ich sage, hallo, ich bin hier, ich fahr ja schon weg, aber bringt natürlich nichts, weil dieser Scheiß mit dem Strafticket nichts damit zu tun hat, dass alle Autofahrer gleichberechtigt Zugang zu den kommunalen Ressourcen haben sollen. Es ist einfach nur eine lukratative … – also, ’ne Geldschneidemasche für den Staat, ’ne Art Raubüberfall. Also sag ich, passen Sie auf, vor exakt einer Viertelstunde hab ich hier ein 25-Cent-Stück reingeworfen. Da zeigt doch dieser selbstherrliche, pflichtversessene Fatzke auf das kleine Fenster von der Parkuhr, und er hat recht, da ist das rote Fähnchen. Ich bin so fassungslos, dass ich nochmal ein 25-Cent-Stück reinwerfe, um es zu testen, und siehe da, ich dreh an dem Griff, und das Fenster ist immer noch rot. Die verdammte Parkuhr ist kaputt. Aber jetzt kommt’s: Es sei noch meine eigene Schuld! Rechtlich gesehen ist es meine Schuld, dass ich an einer kaputten Parkuhr geparkt habe, obwohl ich inzwischen Geld für eine ganze Stunde reingeworfen und nicht mal zehn Minuten davon gebraucht habe. Der Wichser ist dann irgendwann fertig, meine Daten einzugeben, und reißt schwungvoll und mit künstlichem Lächeln das Ticket von seinem Computer, und dann kapier ich’s endlich. Der wusste ganz genau, dass die Parkuhr kaputt war! Wahrscheinlich ist sie schon seit Wochen

Weitere Kostenlose Bücher