DIESES MAL IST ALLES ANDERS
als regionale oder lokale Finanzkrisen. Grundsätzlich dienen die Exporte in einer wirklich globalen Krise nicht mehr länger als Wachstumspolster. In einer globalen Finanzkrise lässt sich typischerweise feststellen, dass sich die Wirtschaftsleistung, der Handel, die Aktienkurse und andere Indikatoren qualitativ (wenn nicht quantitativ) auf globaler Ebene im Wesentlichen genauso verhalten wie auf Länderebene. Ein plötzliches Versiegen des Kreditflusses trifft also nicht nur ein Land oder eine Region, sondern beeinträchtigt weite Teile der öffentlichen und privaten Sektoren der Welt.
Es ist völlig klar, dass es für ein Land wesentlich schwieriger ist, sich aus einem Nachkrisentief herauszukatapultieren, wenn sich der Rest der Welt in einem ähnlichen Tief befindet, als wenn die Exporte einen Ausweg bieten. Empirisch gesehen ist dies keine These, die sich leicht testen lässt. Wir haben viele Hundert Krisen in unserer Stichprobe, aber nur sehr wenige globale Krisen. Und wie in Infobox 16.1 erwähnt, standen einige der früheren globalen Krisen im Zusammenhang mit Kriegen, was die Vergleiche weiter erschwert.
Aus den Erkenntnissen zahlreicher Krisen lässt sich jedoch eindeutig ableiten, dass Dauer und Umfang von krisenbedingten Rezessionen (unabhängig vom Krisentyp) bedrohlicher sind als die üblichen Konjunkturzyklen aus der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg, und zwar sowohl in entwickelten als auch in aufstrebenden Ökonomien. Krisen, die Teil eines globalen Phänomens sind, können den Umfang und die Volatilität (wenngleich nicht die Dauer) einer Rezession weiter verstärken. Bis zur jüngsten Krise hatte es seit dem Zweiten Weltkrieg keine globale Finanzkrise gegeben. Was ihre Ernsthaftigkeit betrifft, hat die Zweite Große Kontraktion bereits mehrere Nachkriegsrekorde aufgestellt. Der Konjunkturzyklus wurde ganz offensichtlich nicht gezähmt.
Die zeitliche Abfolge von Krisen: ein Prototyp
So wie Finanzkrisen im Hinblick auf die Assetpreise, Wirtschaftsaktivität, externe Indikatoren etc. eine gemeinsame makroökonomische Vorgeschichte haben, lassen sich auch im zeitlichen Ablauf, in denen sich Krisen entfalten, gemeinsame Muster entdecken. Offensichtlich eskalieren nicht alle Krisen bis zu einem staatlichen Zahlungsausfall. Allerdings waren die entwickelten Ökonomien von Währungszusammenbrüchen, Inflationssprüngen und schweren Bankenkrisen sowie in einer früheren Epoche von Zahlungsausfällen nicht ausgenommen.
Abbildung 16.12 Die Krisenabfolge: ein Prototyp
Quellen: Auf Basis der empirischen Evidenzen von Diaz-Alejandro (1985), Kindleberger (1989), Demirgüç-Kunt und Detragiache 1998), Kaminsky und Reinhart, 1999), Reinhart (2002) und Reinhart und Rogoff (2004, 2008c), unter anderen.
Die Erforschung, was zuerst kam – Banken- oder Währungskrisen –, bildete das zentrale Thema von Kaminskys und Reinharts Arbeit über »Zwillingskrisen«. Sie kamen außerdem zu dem Schluss, dass den Bankenkrisen oft eine Finanzliberalisierung vorausging; tatsächlich trug die Finanzliberalisierung dazu bei, Bankenkrisen vorauszusagen. 21 Demirgüç-Kunt und Detragiache, die mit einem anderen Ansatz und einer größeren Stichprobe arbeiteten, kamen zu demselben Schluss. 22 Reinhart untersuchte die Verbindung zwischen Währungszusammenbrüchen und Auslandsschuldenkrisen. 23 In unserer vorliegenden Arbeit haben wir die Verbindungen zwischen Inlands- und Auslandsschuldenkrisen, Inflationskrisen, Zahlungsausfällen (bei Inlands- oder Auslandsschulden) und Bankenkrisen untersucht. 24 Abbildung 16.12 stellt einen »prototypischen« Ereignisverlauf dar, der sich aus dieser Literatur ergibt.
Wie Diaz-Alejandro in seinem klassischen Aufsatz mit dem Titel »Goodbye Financial Repression, Hello Financial Crash« über die chilenische Erfahrung Ende der 1970er- und zu Beginn der 1980er-Jahre berichtet, erleichtert eine Finanzliberalisierung gleichzeitig den Zugang der Banken zu Auslandskrediten und riskantere Kreditvergabepraktiken im Inland. 25 Nach einer Weile manifestieren sich im Anschluss an einen Kredit- und Assetpreisboom die Schwächen in den Bankbilanzen, und dann beginnen die Probleme im Bankensektor. 26 Oft sind diese Probleme in schwächeren Instituten (wie zum Beispiel Finanzgesellschaften) größer als in Großbanken.
Die Krise erreicht das nächste Stadium, wenn die Zentralbanken beginnen, diese Institute zu unterstützen, indem sie ihnen Kredite gewähren. Wenn der Wechselkurs stark gelenkt ist (er
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