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DIESES MAL IST ALLES ANDERS

DIESES MAL IST ALLES ANDERS

Titel: DIESES MAL IST ALLES ANDERS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CARMEN M. REINHART , KENNETH S. ROGOFF
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Historisch betrachtet lassen sich diese Episoden nur sehr schwer datieren, und oftmals (wie zum Beispiel bei Bankenkrisen) ist das Datum der abschließenden Lösung nicht genau zu bestimmen.
    Auslandsschuldenkrisen
    Auslandsschuldenkrisen beinhalten Zahlungsausfälle auf die Auslandsschulden einer Regierung, das heißt den Zahlungsverzug gegenüber Gläubigern einer Schuld, die unter der Rechtsprechung eines anderen Landes emittiert wurde und die typischerweise (aber nicht immer) auf eine Fremdwährung lautet und deren Gläubiger typischerweise zum größten Teil Ausländer sind. Argentinien hält den Rekord für den größten Zahlungsausfall. Im Jahr 2001 konnte es mehr als 95 Milliarden Dollar an Auslandsschulden nicht begleichen. Im Fall von Argentinien wurde der Zahlungsausfall durch die Senkung und Streckung von Zinszahlungen gelöst. Gelegentlich weigern sich Länder unverhohlen, ihre Schulden zu bezahlen, wie im Fall von Mexiko im Jahr 1867, als sich die Juarez-Regierung weigerte, eine Schuld im Gegenwert von mehr als 100 Millionen Dollar zu begleichen, die Kaiser Maximilian emittiert hatte. Typischer ist jedoch eine Schuldenrestrukturierung zu für den Gläubiger ungünstigeren Bedingungen als im ursprünglichen Schuldenkontrakt vorgesehen (zum Beispiel Indiens wenig bekannte Auslandsschuldenrestrukturierungen in den Jahren 1959–1972).
    Auslandsschuldenkrisen haben in der wissenschaftlichen Literatur führender Wirtschaftshistoriker der Neuzeit, wie zum Beispiel Michael Bordo, Barry Eichengreen, Marc Flandreau, Peter Lindert, John Morton und Alan Taylor, eine erhebliche Aufmerksamkeit erhalten. 7 In Bezug auf frühe Bankenkrisen (nicht zu erwähnen die Inlandsschuldenkrisen, die in der Literatur völlig ignoriert werden) ist viel über die Ursachen und die Konsequenzen dieser ziemlich dramatischen Ereignisse bekannt. Die Daten der staatlichen Zahlungsausfälle und Schuldenrestrukturierungen werden in Kapitel 6 aufgelistet und diskutiert. Für die Zeit nach 1824 stammt die Mehrheit der Daten aus mehreren Studien von Standard & Poor’s, die in den Datenanhängen genannt sind. Sie sind jedoch unvollständig, wobei zahlreiche Restrukturierungen der Nachkriegszeit sowie frühe Zahlungsausfälle unerwähnt bleiben, sodass diese Quellen durch zusätzliche Informationen ergänzt wurden. 8
    Wenngleich die Datierung der Auslandsschuldenkrisen im Großen und Ganzen klar definiert und weitaus weniger umstritten ist als – sagen wir – die Datierung der Bankenkrisen (deren Ende oft unklar ist), sind dennoch einige Ermessensentscheidungen nötig, wie wir in Kapitel 8 darlegen werden. Bei der Katalogisierung der Zahl der Zahlungsausfälle eines Landes kategorisieren wir zum Beispiel jeden Zahlungsausfall, der sich zwei Jahre oder früher nach einem früheren Zahlungsausfall als Teil derselben Episode ereignet. Die Bestimmung des Endes einer Auslandsschuldenkrise birgt eine Reihe von Problemen, auch wenn dies einfacher ist (weil eine formale Vereinbarung mit den Gläubigern oft das Ende der Auslandsschuldenkrise markiert) als die Bestimmung des Endes einer Bankenkrise.
    Zwar ist der Zeitpunkt des Zahlungsausfalls korrekt als Krisenjahr klassifiziert, in sehr vielen Fällen scheint die abschließende Beilegung der Krise durch Neuverhandlung mit den Gläubigern (falls eine Lösung jemals erzielt wurde) unendlich. Russlands Auslandsschuldenkrise von 1918 im Anschluss an die Revolution hält mit einer Dauer von 69 Jahren den Rekord. Griechenlands Auslandsschuldenkrise von 1826 sperrte das Land für 53 aufeinanderfolgende Jahre von den internationalen Kapitalmärkten aus – und auch Honduras Auslandsschuldenkrise von 1873 hatte eine vergleichbare Dauer. 9 Natürlich ist die Betrachtung der gesamten Krise für die Charakterisierung von Kredit- und Schuldenkrisenzyklen nützlich, wenn man »Hazardraten« etc. kalkuliert. Es ist jedoch kaum glaubhaft, dass ein Zeitraum von 53 Jahren als anhaltende Krise betrachtet werden kann, selbst wenn diese Jahre nicht gerade von Wohlstand gekennzeichnet waren. Neben der Entwicklung von länderspezifischen Dummy-Variablen zur Bestimmung des zentralen Krisenzeitraums rund um den Zahlungsausfall haben wir zwei weitere qualitative Variablen angewendet, um den Kernkrisenzeitraum rund um den eigentlichen Zahlungsausfall zu bestimmen. Die erste dieser Variablen hält lediglich das Jahr des Zahlungsausfalls als Krise fest, während die zweite ein Sieben-Jahres-Fenster erzeugt, in dessen Zentrum

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