DIESES MAL IST ALLES ANDERS
das Datum des Zahlungsausfalls steht. Die Begründung lautet, dass weder die drei Jahre vor einem Zahlungsausfall noch die drei Jahre danach als »normale« oder »ruhige« Periode gelten können. Diese Technik ermöglicht die Analyse des Verhaltens verschiedener wirtschaftlicher und finanzieller Indikatoren rund um die Krise auf einer konsistenten Basis im Verlauf der Zeit und über mehrere Länder.
Inlandsschuldenkrisen
Inlandsstaatsschulden werden unter der Rechtsprechung des Schuldnerlandes emittiert. In den meisten Ländern lauteten die Schuldtitel für den größten Teil der Geschichte auf die jeweilige Landeswährung und befanden sich im Besitz von Inländern. Umgekehrt lautet die überwältigende Mehrheit der Auslandsschuldtitel – Schulden, die der Rechtsprechung eines anderen Landes unterliegen – auf Fremdwährung und befindet sich im Besitz von Ausländern.
Über Inlandsschuldenkrisen gibt es nur wenige Informationen, was jedoch nicht daran liegt, dass sich diese Krisen selten ereignen. Wie wir in Kapitel 9 darlegen, treten Inlandsschuldenkrisen tatsächlich vor dem Hintergrund wesentlich schlechterer Wirtschaftsbedingungen auf als die durchschnittliche Auslandsschuldenkrise. Üblicherweise sind an Inlandsschuldenkrisen allerdings keine mächtigen ausländischen Gläubiger beteiligt. Vielleicht trägt dies zu der Erklärung bei, warum so viele dieser Krisen in der gängigen Wirtschafts- und Finanzpresse unerwähnt bleiben und Experten, die sich diesen Krisen gewidmet haben, in der wissenschaftlichen Literatur unterrepräsentiert sind. Das ist natürlich nicht immer der Fall. Mexikos viel zitierter Beinahe-Zahlungsausfall in 1994–1995 qualifiziert sich gewiss als eine »berühmte« Inlandsschuldenkrise, die man auf den ersten Blick für eine Auslandsschuldenkrise halten könnte, auch wenn vielleicht nur wenige Beobachter erkennen, dass diese Krise zum überwiegenden Teil technisch eine Inlands- und keine Auslandskrise war. Tatsächlich wurden die Anleihen der Regierung (die in Form von sogenannten Tesobonos emittiert wurde – zumeist kurzfristige Schuldentitel, rückzahlbar im an den Dollar geknüpften mexikanischen Peso), die kurz vor dem Zahlungsausfall stand und von dem IWF und dem US-Schatzamt gerettet wurde, unter mexikanischer Rechtsprechung emittiert und waren daher ein Teil der mexikanischen Inlandsschulden. Man kann nur darüber spekulieren, ob die Krise möglicherweise weitaus weniger Aufmerksamkeit erhalten hätte, wenn nicht so viele Ausländer im Besitz der Tesobonos gewesen wären. Seit 1980 hat Argentinien drei Inlandsschuldenkrisen erlebt. Die beiden Inlandsschuldenkrisen, die mit dem Zahlungsausfall der Regierung auf ihre Auslandsschulden zusammenfielen (1982 und 2000), erhielten erhebliche internationale Aufmerksamkeit. Die große Inlandsschuldenkrise von 1989, mit der keine Auslandsschuldenkrise einherging und die daher keine ausländischen Schuldtitelinhaber betraf, ist in der Literatur kaum erwähnt. Die zahlreichen Inlandsschuldenkrisen, die in den 1930er-Jahren während der Großen Depression auftraten, und zwar sowohl in entwickelten Ökonomien als auch in Entwicklungsländern, sind ebenfalls nicht sehr gut dokumentiert. Und selbst wenn Inlandsschuldenkrisen in offiziellen Schuldenberichten erwähnt werden, sind sie oft nur Fußnoten, die auf Zahlungsrückstände oder die Aussetzung von Zahlungen verweisen.
Und schließlich ereigneten sich einige der Inlandsschuldenkrisen, mit denen der Zwangstausch von auf Fremdwährung lautenden Einlagen in Landeswährung verbunden war, während Bankenkrisen, Hyperinflationen oder einer Kombination aus beidem (auf dieser Liste befinden sich Zahlungsausfälle in Argentinien, Bolivien und Peru). Unser Ansatz zur Entwicklung kategorischer Variablen folgt dem zuvor für Auslandsschuldenkrisen beschriebenen Ansatz. Wie bei Bankenkrisen, aber anders als bei Auslandsschuldenkrisen, lässt sich das Ende vieler Inlandsschuldenkrisen nur schwer bestimmen.
Weitere Schlüsselkonzepte
Gehäufte Zahlungsausfälle
Gehäufte Zahlungsausfälle sind multiple staatliche Zahlungsausfälle auf Inlands- oder Auslandsschulden (oder staatliche garantierte Schulden) oder beides. Diese Zahlungsausfälle können sich im Abstand von vier oder fünf Jahren ereignen und von Totalausfällen (beziehungsweise einer Verweigerung der Rückzahlung) bis zu partiellen Zahlungsausfällen durch Umschuldung reichen (üblicherweise durch den Aufschub von Zinszahlungen zu für
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