Diesseits vom Paradies
Mr. Barton nur in ziemlich konfusen Andeutungen. Offenbar waren in letzter Zeit Investitionen getätigt worden, über deren Ausgang im Moment nichts Positives in Erfahrung zu bringen war, und zudem hegte er den vagen Verdacht, dass es noch weitere Spekulationen und Börsengeschäfte gab, von denen er nicht unterrichtet war.
Erst nach Ablauf einiger Monate klärte Beatrice Amory [151] in einem Brief völlig über die Situation auf. Der gesamte Rest des Blaine- und O’Haraschen Vermögens bestand aus dem Anwesen in Lake Geneva und etwa einer halben Million Dollar, die zurzeit in recht soliden sechsprozentigen Wertpapieren angelegt waren. Doch schrieb Beatrice, dass sie das Geld in Eisenbahn- und Straßenbahnaktien zu stecken gedachte, sobald ein Transfer ohne Schwierigkeiten möglich war. Weiter schrieb sie:
Ich bin mir ganz sicher: Wenn es in diesem Leben eine unbestreitbare Tatsache gibt, dann die, dass die Menschen nicht bleiben, wo sie sind. Dieser Ford-Mensch wusste schon, was er tat. Mr. Barton ist also von mir angewiesen, sich eingehend mit solchen Dingen wie der »Northern Pacific« oder diesen »Nahschnellverkehrsgesellschaften«, wie man heutzutage Straßenbahnen nennt, zu beschäftigen. Ich werde mein Leben lang bereuen, damals nicht Bethlehem Steel gekauft zu haben. Ich habe die aufregendsten Geschichten darüber gehört. Du musst unbedingt ins Finanzwesen gehen, Amory. Ich bin sicher, dass es Dir einen Heidenspaß machen würde. Man fängt als Bote oder als Kassierer an, soviel ich weiß, und von da steigt man auf – fast unbegrenzt. Ich bin sicher, wenn ich ein Mann wäre, würde ich liebend gern mit Geld umgehen; das ist geradezu meine Altersleidenschaft geworden. Doch bevor ich abschweife, möchte ich noch etwas anderes besprechen. Eine Mrs. Bispam, eine überaus herzliche kleine Dame, die ich neulich irgendwo beim Tee kennenlernte, hat mir erzählt, dass ihr Sohn, er ist in Yale, ihr geschrieben hat, dass alle Jungen dort ihre [152] Sommerunterwäsche den ganzen Winter hindurch tragen und auch an den kältesten Tagen mit nassen Köpfen und leichten Schuhen herumlaufen. Also, Amory, ich weiß zwar nicht, ob so etwas auch in Princeton Mode ist, aber ich möchte auf keinen Fall, dass Du solche Torheiten mitmachst. So etwas kann bei einem jungen Mann nicht nur Lungenentzündung und Kinderlähmung hervorrufen, sondern auch alle Arten von Lungenbeschwerden, für die Du besonders anfällig bist. Man kann und darf mit seiner Gesundheit keine Experimente anstellen. Das habe ich mittlerweile erkannt. Ich will mich gewiss nicht lächerlich machen, wie andere Mütter es zweifellos tun, indem ich darauf bestehe, dass Du Überschuhe trägst – obwohl ich mich an ein Weihnachten erinnere, an dem Du sie praktisch Tag und Nacht getragen hast, ohne sie zuzuschnallen, was so ein komisches, schlurfendes Geräusch erzeugte, und Du hast Dich geweigert, sie zuzuschnallen, weil das damals nicht Mode war. Weihnachten darauf wolltest Du nicht einmal Gummischuhe anziehen, obwohl ich Dich darum bat. Aber Du bist jetzt fast zwanzig Jahre alt, Liebling, und ich kann wirklich nicht ständig in Deiner Nähe sein, um darauf zu achten, dass Du auch das Richtige tust.
Dies ist doch ein sehr praktischer Brief geworden. Ich habe Dich schon im letzten gewarnt, dass man furchtbar prosaisch und hausbacken wird, wenn man nicht mehr genug Geld hat, um die Dinge zu tun, die man gerne tun möchte – aber es ist noch reichlich für alles vorhanden, wenn wir nicht zu extravagant sind. Gib acht auf Dich, mein lieber Junge, und versuche doch, mir mindestens [153] einmal in der Woche zu schreiben, sonst stelle ich mir alle möglichen schrecklichen Dinge vor, wenn ich nichts von Dir höre.
In Liebe, Mutter
Der Begriff »Charakter« taucht auf
Monsignore Darcy lud Amory zu Weihnachten für eine Woche in das Stuartpalais am Hudson ein, wo sie unendlich lange Gespräche am Kamin führten. Monsignore war noch ein bisschen beleibter geworden, und seine Persönlichkeit hatte mit dieser Entwicklung Schritt gehalten; Amory fühlte sich entspannt und sicher aufgehoben zugleich, als er in den tiefen Polstersessel sank und mit Monsignore der gesunden Gewohnheit des mittleren Alters frönte – einer Zigarre.
»Ich hätte Lust, vom College abzugehen, Monsignore.«
»Warum?«
»Meine ganze Karriere hat sich in Rauch aufgelöst; Sie halten das wahrscheinlich für eine Bagatelle oder so was, aber –«
»Keineswegs für eine Bagatelle. Im Gegenteil,
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