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Diesseits vom Paradies

Diesseits vom Paradies

Titel: Diesseits vom Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Zwei erfahrene Mechaniker benötigten einen halben Tag, um das Taxi in seine [187] Einzelteile zu zerlegen und abzutransportieren, was nur beweisen soll, welch erstaunliche Energien sophomorischer Humor unter fachmännischer Anleitung freisetzen kann.
    Und dann hatte Burne in demselben Herbst eine Sensation hervorgerufen. Eine gewisse Phyllis Styles, die auf allen Collegebällen tanzte, war damals nicht, wie sonst jedes Jahr, zu dem großen Spiel zwischen Harvard und Princeton eingeladen worden.
    Jesse Ferrenby hatte sie ein paar Wochen zuvor zu einem unwichtigeren Spiel mitgebracht und an Burne abgeschoben – was Letzteren endgültig zum Weiberfeind machte.
    »Kommst du zum Spiel gegen Harvard?«, hatte Burne unbesonnen gefragt, wohl mehr, um überhaupt etwas zu sagen.
    »Wenn du mich darum bittest«, rief Phyllis geistesgegenwärtig.
    »Aber natürlich«, sagte Burne kraftlos. Er war nicht im mindesten bewandert in den Künsten, in denen Phyllis Meisterin war, und hielt das Ganze für einen schlechten Scherz. Doch noch vor Ablauf einer Stunde war ihm klar, worauf er sich eingelassen hatte. Phyllis hatte ihn erbarmungslos in die Enge getrieben und festgenagelt, ihm die Ankunftszeit ihres Zuges mitgeteilt und ihn zutiefst deprimiert zurückgelassen. Abgesehen davon, dass er Phyllis verabscheute, hatte er gerade zu diesem Spiel ohne Damenbegleitung gehen wollen, um sich mit ein paar Freunden aus Harvard zu vergnügen.
    »Sie wird schon sehen«, teilte er einer Abordnung mit, die ihn voller Schadenfreude in seinem Zimmer aufsuchte. »Das wird das letzte Spiel sein, bei dem sie einen unschuldigen jungen Mann dazu verführt, sie mitzunehmen!«
    [188] »Aber Burne – warum hast du sie denn eingeladen, wenn du sie gar nicht willst?«
    »Burne, gib’s zu, insgeheim bist du völlig verrückt nach ihr – das ist dein wahres Problem!«
    »Was kannst du schon tun, Burne? Was kannst du gegen Phyllis ausrichten?«
    Doch Burne schüttelte nur den Kopf und murmelte alle möglichen Drohungen, die hauptsächlich aus dem Satz bestanden: »Sie wird schon sehen, sie wird schon sehen!«
    Eine vergnügte Phyllis sprang mit der Munterkeit ihrer fünfundzwanzig Lenze aus dem Zug, doch auf dem Bahnsteig bot sich ihr ein grauenerregender Anblick. Dort standen Burne und Fred Sloane, haargenau so herausgeputzt wie die Schreckensgestalten auf Collegepostern. Sie hatten grellfarbige Anzüge erstanden, mit riesig weiten Hosen, die unten spitz zuliefen, und gigantisch ausgepolsterten Schultern. Auf dem Kopf trugen sie flotte Collegehütchen, die Krempe vorne hochgeschlagen und mit knallorange und schwarzen Bändern umwunden, während aus ihren Zelluloidkragen flammendorange Krawatten Blüten trieben. Sie trugen schwarze Armbinden mit orangefarbenen »P« darauf und schwenkten Spazierstöcke, an denen Princeton-Wimpel flatterten; Socken und aus allen Taschen hervorlugende Tücher in denselben Farbkombinationen rundeten das Ganze ab. An einer scheppernden Kette zogen sie einen großen wütenden Kater hinter sich her, den sie wie einen Tiger angemalt hatten.
    Alle Leute auf dem Bahnhof starrten sie an, schwankend zwischen entsetztem Mitleid und geräuschvoller Heiterkeit, und als Phyllis, der die reizende Kinnlade heruntergefallen [189] war, näher kam, verbeugte sich das Paar, entbot ihr mit lauter, weithin hallender Stimme einen Collegegruß, nicht ohne ausdrücklich den Namen »Phyllis« am Ende hinzuzufügen. Sie wurde lauthals begrüßt und begeistert über den Campus geleitet – in ihrem Gefolge ein halbes Hundert Bengel aus dem Dorf –, das Ganze untermalt von dem erstickten Gelächter Hunderter Ehemaliger und Besucher, von denen mindestens die Hälfte nicht ahnte, dass es sich um einen Streich handelte, sondern annahm, Burne und Fred seien zwei Sportler aus der Schulmannschaft, die ihrem Mädchen einmal zeigen wollten, was ein College zu bieten hatte.
    Phyllis’ Empfindungen, während sie vor den Tribünen von Harvard und Princeton zur Schau gestellt wurde, wo Dutzende ihrer ehemaligen Verehrer saßen, kann man sich vorstellen. Sie versuchte, einen Schritt vorzugehen, sie versuchte, einen Schritt zurückzubleiben – doch die zwei hielten sich an ihrer Seite, um keinen Zweifel aufkommen zu lassen, mit wem sie hier war, und versäumten nicht, sich laut und deutlich über ihre Freunde im Footballteam zu unterhalten, bis sie beinahe das Gewisper ihrer Bekannten zu hören glaubte: »Phyllis Styles muss wirklich übel dran sein, dass sie mit

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