Diesseits von Eden: Neues aus dem Garten (German Edition)
Himmels behandelt, obwohl die alten Ägypter durch ihre Katzenliebe einmal sogar fast vollständig ausgelöscht worden wären. Die Syrer, ihre damaligen Feinde, wussten nämlich von der Schwäche ihrer Nachbarn. Sie fesselten also Katzen an ihre Schilde, wohl wissend, dass die Ägypter lieber ihr Land aufgeben als einer Katze wehtun würden. Die Ägypter schonten die Katzen und verloren eine Schlacht nach der anderen. Die Syrer gewannen und eroberten Ägypten. Die Katzen, die als lebende Schilde hatten herhalten müssen, verloren vor lauter Stress ihr Fell, wodurch eine neue Katzenrasse entstand, die sogenannte ägyptische Kurzhaarkatze. Sie ist unter Katzenliebhabern heute besonders begehrt.
Die leichtsinnigen Syrer dachten damals, sie hätten eine Wunderwaffe erfunden, das ultimative Erfolgskonzept zur Eroberung der Welt. Sie marschierten fröhlich weiter in der naiven Hoffnung, mit den kahlen Katzen auf ihren Schilden weitere Armeen besiegen zu können. Einmal zogen sie gegen die Römer zu Felde. Doch die Römer hatten eine entsprechende Antwort parat: Sie setzten Kampfmäuse ein. Sie hatten bereits in Indien mit Mäusen auf dem Schlachtfeld große Erfolge erzielt, indem sie mit gezielten Mäuse-Attacken eine bis dahin als unbesiegbar geltende Armee zur Umkehr gezwungen hatten. Die Inder benutzten Elefanten als Panzer, die in das Heer der Gegner stürmten und alles niedertrampelten. Vor nichts hatten Elefanten Angst, außer vor Mäusen. Wenn sie eine Maus vor sich sahen, wurden sie panisch, kehrten um und trampelten das eigene Heer nieder. Nun hofften die Römer, die syrische Armee mit einer ähnlichen Masche in die Knie zwingen zu können. Die Katzen befreiten sich von den Schilden, an die sie gefesselt waren, und liefen den römischen Mäusen hinterher, die Syrer blieben ohne Schutz zurück und wurden geschlagen.
Die Römer feierten ihren Sieg, und die Katzen kamen schließlich auf Umwegen bis nach Israel, damals ein Teil des Römischen Reiches. Dort konnten sie sich ein wenig von den Schlachten erholen. Sie liefen frei herum, die Römer interessierten sie nicht, und die Juden durften sie nicht einmal anfassen, weil Katzen als nicht koscher galten. Damit war die militärische Karriere der Katzen zu Ende. Das war ihnen nur recht, denn eigentlich sind Katzen friedliche, liebevolle und unabhängige Tiere, die es hassen, von irgendjemandem benutzt zu werden, egal von wem und zu welchem Zweck. Alles, was sie brauchen, ist Futter, Liebe und Zuneigung. Deswegen liefen sie in Israel auch gleich Jesus hinterher, der exakt die gleichen Werte predigte. Katzen waren im Grunde die Ersten, die ihm folgten, die ersten Christen sozusagen. Später liefen sie seinen Aposteln nach, um Nächstenliebe und respektvollen Umgang miteinander zu demonstrieren.
Mit der Verbreitung des Christentums verbreiteten sich Katzen dann überall im heutigen Europa. Manche von ihnen leben sogar in Nordbrandenburg. Drei davon auf unserem Grundstück. Sie heißen Honecker, Lady und Big Lebowski. Letzterer wird wegen seiner Tollpatschigkeit so genannt. Die sonst allen Dorfkatzen eigene Schläue ist ihm fremd. Lebowski kann keine Bäume hochklettern, und wenn er es ausnahmsweise schafft, kommt er ohne fremde Hilfe nicht mehr herunter. Er bleibt in jedem Zaun stecken und springt wie eine Kuh. Dafür sieht er sehr intelligent aus. Lady wiederum hat ihren Namen wegen ihres aristokratischen Aussehens bekommen. Sie ist schwarz-weiß mit verschiedenfarbigen Augen, langen Beinen und kurzem Haar. Sie ist sicher aus Ägypten hierhergekommen. Und Honecker verdankt seinen Namen seiner verblüffenden Ähnlichkeit mit dem letzten Generalsekretär der DDR . Jedes Mal erschrecke ich, wenn er vorbeiläuft. Kann es sein, dass der letzte Generalsekretär nicht starb, sondern sich in eine brandenburgische Dorfkatze verwandelte? Er kommt immer als Erster, wenn wir am Lagerfeuer sitzen, und hat einen Gesichtsausdruck, als wollte er junge Pioniere begrüßen.
Jeden Abend im September, sobald es dunkel wird, sitzen wir am Lagerfeuer und schauen in den Himmel. Eine sternenreiche Nacht ist in Brandenburg eine Selbstverständlichkeit. Tausende leuchtender Punkte zwinkern einem bedeutungsschwer zu, als wollten sie eine Botschaft überbringen, uns offenbaren, dass es kein anderes Paradies gab als Nordbrandenburg. Ein großer Schriftsteller hat einmal gesagt, dass es einen Menschen, der auf Erlösung und Vergebung wartet, sehr schmerzt, am Ende seiner Tage zu erfahren, dass
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