Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)
Zellen. Dies geschieht nicht nur im Hinblick auf die Haare (die bei der Chemotherapie ausfallen) oder den Magen-Darm-Trakt (der bei der Chemotherapie oft in Mitleidenschaft gezogen wird), sondern auch im Hippocampus. Es ist daher kein Zufall, dass Patienten, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen, unter kognitiven Defiziten leiden. Sie haben Mühe, Neues zu lernen und zu erinnern. Klinisch spricht man mittlerweile von einem Chemogehirn und meint damit Gedächtnisstörungen, Konzentrationsschwäche, Wortfindungsstörungen, Schwierigkeiten beim Lernen und Problemen beim Umgang mit komplexeren Situationen. Die Patienten können dabei nach wie vor ganz gewöhnliche Fähigkeiten einsetzen, sie können also weiter leben und überleben. Wenn es jedoch um bislang unbekannte, schwierige Aufgaben geht, werden die kognitiven Defizite deutlich. Genau dies würde man nach den oben angeführten Studien an Versuchstieren erwarten.
Fazit
Demenz ist geistiger Abstieg. Wie jeder Abstieg dauert auch dieser länger, wenn man sich aus größerer Höhe hinabbegibt. Diese Höhe wiederum, die geistige Leistungsfähigkeit, ist wie die Leistungsfähigkeit eines Muskels abhängig vom Training. Geistiges Training – Lernen – vollzieht sich wie beim Muskel automatisch bei geistiger und körperlicher Anstrengung. Geistig strengen wir uns an, wenn wir uns aktiv mit der Welt auseinandersetzen.
Beim Lernen verändern sich die Synapsen, also die Verbindungen zwischen den Nervenzellen. Die Leistungsfähigkeit des Gehirns wird gesteigert. Hinzu kommt, dass im Hippocampus, der für die Speicherung neuer Sachverhalte zuständig ist, neue Nervenzellen nachwachsen, die nur dann am Leben bleiben, wenn sie richtig gefordert werden. Lernen nutzt nicht nur die vorhandene neuronale Hardware, sondern benutzt auch neu nachgewachsene und hält sie am Leben. Damit ist eines klar: Wie leistungsfähig wir geistig sind, hängt davon ab, wie viel wir geistig leisten.
Aus diesem Grund geht es in den nächsten Kapiteln um junge Menschen und deren Bildung. Je höher man steigt, desto länger wird einmal der Abstieg sein. Aber nicht nur das. Bildung ist nach einhelliger Meinung der Mediziner der wichtigste Faktor für die Gesundheit eines Menschen. Dies gilt für die geistige wie für die körperliche Gesundheit. Und weil die geistige Gesundheit auch von der körperlichen abhängt, hat Bildung gleich einen doppelten Effekt. Und mehr noch: Bildung macht frei – frei von vielen Zwängen, denn wer gebildet ist, kann sich kritisch gegenüber sich selbst und seiner Umwelt verhalten; er ist nicht allem ausgeliefert, sondern kann sich von der Unmittelbarkeit lösen. Dies alles reduziert Stress, und der wiederum macht Nervenzellen kaputt.
Heute wird viel vom lebenslangen Lernen geredet. Übersehen wird dabei meistens, dass die Grundlagen hierfür mit einer guten Bildung in Kindheit und Jugend gelegt werden. Auch dies wird in den folgenden Kapiteln deutlich.
3. Schule: Copy and Paste statt Lesen und Schreiben?
Als ich vor dreißig Jahren meine ersten Versuche mit Textverarbeitung am Computer machte, war ich begeistert von der Möglichkeit, eine Textpassage, einen ganzen Satz, einen Absatz oder auch nur ein langes Wort einfach von einer Stelle an eine andere zu versetzen. Das Arbeiten an einem Text wurde dadurch deutlich beschleunigt, denn ich brauchte nicht etwas noch einmal schreiben, wenn sich herausstellte, dass der Inhalt an einer anderen Stelle des Textes besser aufgehoben war. Ich verschob einfach die Passage woandershin. Oft musste ich dann zwar noch etwas am Text herumfeilen, weil nicht mehr alle Bezüge, Anschlüsse etc. stimmten, aber die betreffende Passage war schon mal an der richtigen Stelle – in einem Bruchteil der Zeit, die nochmaliges Scheiben benötigt hätte.
Heute sind Copy and Paste, das Kopieren und Einfügen eines Textes, so selbstverständliche Tätigkeiten in allen Büros dieser Welt, dass man sich gar nicht mehr vorstellen kann, wie man früher Briefe oder gar Bücher geschrieben hatte, ohne diese Möglichkeiten des Editierens zur Verfügung zu haben. Genau deswegen arbeiten ja auch Millionen von Menschen, die Texte erstellen und bearbeiten müssen, am Computer: Er nimmt uns Arbeit ab!
Damit hat der Computer im geistigen Bereich das bewirkt, was früher zunächst stärkere Tiere, dann die Wasser- und Windmühlen, später die Dampfmaschinen und noch später Verbrennungs- und Elektromotoren bewirkt haben: Sie haben uns
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