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Diktator

Diktator

Titel: Diktator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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hektischer über die Karte.
    »Da kommt er auch schon«, sagte Mackie. »Unser Gegenangriff. Wurde auch verdammt noch mal Zeit.«

    »Bitte um Erlaubnis, zu meiner Einheit zurückkehren zu dürfen, Sir.«
    »Natürlich, Corporal. Ich habe Ihnen einen Wagen rufen lassen. Sagen Sie Monty, er soll Hitler eine von mir verpassen! Sergeant Blackwell?«
    »Sir. Hier entlang, Corporal …«
    So wurde Gary aus dem Bunker geführt, in ein Befehlsfahrzeug verfrachtet, und dann ließen sie den Stützpunkt hinter sich und rasten Straßen entlang, auf denen es von Truppen und Nachschubfahrzeugen wimmelte. Es waren nur wenige Zivilisten unterwegs, die aus den bedrohten Städten in Sussex und Hampshire nach Norden und Westen flüchteten, die übliche trübselige Parade von Frauen, Kindern und alten Leuten. Aber jetzt war die Lage derart angespannt, und es war so viel Militär im Einsatz, dass Staats- und Militärpolizisten sowie ARP-Warte die Zivilisten gebieterisch von der Straße scheuchten. Nach der klösterlichen Abgeschiedenheit des Hauptquartiers war dies alles lebensecht und real.
    »Ganz schön eindrucksvoll, was, Kumpel?«, rief Sergeant Blackwell über das Dröhnen der Motoren hinweg. Er war ein beleibter Mann mit dickem, ausrasiertem Nacken und einem für Garys Ohren starken Londoner Akzent. »Im Hauptquartier kriegt man ’ne Menge mit. Wir schlagen uns tapfer. Aber das ist alles, was wir haben, stimmt’s?« Blackwell schaute sich zu ihm um. »Was wir jetzt ins Feld geworfen haben. Ich meine, mehr steht nicht zwischen den Nazis und London. Muss also hinhauen, oder, Corporal?«

    »Schätze ich auch.«
    Der Wagen raste weiter und brachte Gary zu seiner Einheit zurück.

XXXIV
    Gegen fünf Uhr nachmittags brach schließlich der englische Großangriff über sie herein. Er kam von Westen.
    Die Kolonne löste sich erneut auf. Die Infanteristen gruben sich ein, hasteten zu Gräben und verlassenen englischen Unterständen. Die Pioniere mühten sich ab, die Feldgeschütze aufzustellen, und die Panzer sausten mit donnernden Kanonen nach Westen, herunter von der Straße.
    Ernst und Heinz Kieser fanden sich in einem verlassenen, blutbesudelten Bunker der Home Guard wieder, in dem es nach Kordit und Rauch stank. Durch einen gezackten Spalt im versengten Beton sah Ernst das offene Land, aus dem die Engländer kamen. Er sah Fahrzeuge, Panzer und heranstürmende Soldaten, die inmitten detonierender Granaten und ratternder Schüsse aus Handfeuerwaffen anrückten. Dies war keine lokale Verteidigungstruppe; dies war nicht die Home Guard. Es war das seit der Invasion in Reserve gehaltene englische Heer, der Gegenangriff, mit dem sie den ganzen Tag gerechnet hatten.
    Und während die Schlacht zu Lande begann, tobte über Ernsts Kopf der Luftkrieg. Offensichtlich griff die
englische Luftwaffe die vorrückenden Deutschen überall auf den Straßen bis zurück in den Süden an, um die Kolonnen zerstückeln und die isolierten Elemente dann vernichten zu können. Doch nun wurden die englischen Bomber und Jäger ihrerseits endlich von Messerschmitt-Staffeln attackiert, die von Süden angebrummt kamen, und Stukas stießen kreischend auf englische Stellungen herab. Die Luft war voller dahinjagender Flugzeuge, Motorengeheul und Feuerstößen – und hin und wieder sah man eine Rauchfahne, eine Explosion in der Luft, das ferne Driften von Fallschirmen. Ein dreidimensionaler Krieg also, zu Lande und in der Luft.
    Ernst wusste ungefähr, wo er sich befand. Die unter den Zermürbungsangriffen der Verteidiger leidende, schrumpfende Kolonne, deren Fahrzeuge eines nach dem anderen wegen Benzinmangels ausfielen, hatte es geschafft, bis hinter Haywards Heath und Horsham vorzudringen. Es war zunehmend leichter geworden, die Landschaft zu durchqueren; die Minendichte hatte abgenommen, und die Verteidigungsanlagen an den Brücken, den Straßenkreuzungen und Bahnübergängen waren seltener geworden und nicht mehr so gut befestigt. Jetzt waren sie nur noch ein paar Kilometer südlich von Guildford, ihrem heutigen Ziel, obwohl sie weit hinter dem Plan zurücklagen. Wenn sie nur noch ein kleines Stück weiter kamen, wenn es ihnen nur gelang, die Linie der Themse zu erreichen, würde das Land offen vor ihnen liegen.
    Und genau das war die Crux. Ernst hatte das Gefühl, dass beide Seiten alles, was sie hatten, in diese
eine Konfliktzone pumpten, dass hier die Speerspitze war, der Angriff, der über Erfolg oder Misserfolg der deutschen Invasion in England

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