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Dimension 12

Dimension 12

Titel: Dimension 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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hatte. Als er aber am dritten Morgen der Reise in den Spiegel sah, wußte er, daß er nicht das Recht hatte, zu leben, wenn Jeff tot war; durch seine Fahrlässigkeit gestorben…
    Im Arzneischrank lagen Sedativa. Beruhigungsmittel. Eine Tablette beseitigte Nervosität; zwei riefen tiefe Ruhe hervor, drei erzeugten einen bereits abnormalen Zustand der Entspannung. Fünfzehn bis zwanzig Tabletten aber wirkten tödlich, weil sie das vegetative Nervensystem beinahe zur Gänze lahmlegten. Zum Selbstmord waren diese Pillen wenig geeignet, weil es schon eine einmalige Willenskraft voraussetzte, nach dem zweiten oder dritten Stück die weiteren zu schlucken. Aber mit der nötigen Entschlossenheit…
    Er steckte das Päckchen unauffällig zu sich. Zwanzig Stück. Das mußte reichen.
    Roy stand in seiner Nähe, hatte aber nichts Verdächtiges bemerkt. Rocklin begann seine Wangen zu enthaaren, steckte dabei verstohlen eine Pille in den Mund und schluckte sie ohne Wasser. Die Wirkung setzte nicht sofort ein. Ihm blieb genügend Zeit, eine zweite und dritte Tablette zu schlucken. Drei Stück hatte er bereits eingenommen, als er mit seinem Gesicht fertig war. Die erste begann bereits zu wirken und er wurde gleichgültig. Der Gedanke an seine Feigheit spornte ihn jedoch an. Jetzt ging es einfach; eine vierte Pille, eine fünfte, eine sechste, die er wie ein Bonbon verschluckte, so oft es ihm gelang, Roys aufmerksamen Blicken einen Teil seines Körpers zu entziehen…
    »Was tust du da?« fragte Roy streng.
    »Ich?« gähnte Rocklin. »Gar nichts.«
    »Du bewegst den Ellbogen. Steckst du etwas in den Mund?«
    »Rede keinen Unsinn.« Er bückte sich, um sein Knie zu kratzen und fischte eine weitere Pille aus seinem Rock. Dann umschloß Roys dunkle Hand sein Gelenk, die Pille entglitt ihm und kollerte zu Boden. Der Begleiter hob sie auf.
    »Was ist das?«
    »Geht dich nichts an.« Rocklin war schon fürchterlich schläfrig, aber die Pillen wollte er trotzdem nehmen.
    Roy steckte die Pille selbst in den Mund, um sie zu analysieren. Seine Augen weiteten sich. »Glückspillen. Warum nimmst du sie?«
    »Weil ich nervös bin.«
    »Gib mir die Packung.«
    »Ich nahm eben die letzte Pille.«
    »Heute früh waren aber noch zwei Dutzend vorhanden.« Roy spähte in den Schrank. »Wo ist die Schachtel?«
    Fügsam überließ Rocklin sie ihm. Die bereits eingenommenen Pillen raubten ihm jede Widerspenstigkeit. Der Homunkulus zählte rasch den Inhalt nach und runzelte die Stirn. »Du hast bereits sechs Stück geschluckt, du Narr!« Er umklammerte Rocklin fest, öffnete ihm gewaltsam den Mund und schob ihm den Finger tief in den Rachen. Rocklin würgte, rang nach Luft, versuchte kraftlos, Roy fortzuschieben. Aber damit hatte er kein Glück. Im nächsten Augenblick lag Rocklin auf den Knien und erbrach seinen Mageninhalt in die Schüssel. Taumelnd und blaß erhob er sich.
    »Das wäre nicht notwendig gewesen«, sagte er vorwurfsvoll.
    »Immer noch angenehmer, als eine Magenspülung.« Roy führte seinen Schützling in den Schlafraum ihrer Luxuskabine und drückte ihn aufs Bett. »Begreifst du noch immer nicht, daß ich auf dich aufpasse? Versuch’s erst gar nicht, es hat ja doch keinen Zweck.«
    »Trotzdem habe ich sechs Pillen geschluckt, ehe du etwas bemerktest.«
    »An sechsen wärst du nicht gestorben.«
    »Und wenn es Blausäure gewesen wäre?« fragte Rocklin und grinste schadenfroh.
    »Die hättest du dir erst beschaffen müssen«, sagte Roy müde. »Die einzigen Medikamente, die hier eventuell tödlich sein könnten, sind die Beruhigungsmittel. Und die hättest du nicht alle unbemerkt einnehmen können. Du hast keine Chance, Rocklin.«
    »Wart’s nur ab«, murmelte Rocklin.
    Am späteren Nachmittag saßen sie im Erste-Klasse-Salon des Schiffs und betrachteten den Funkenzauber der unendlichen Nacht des Hyperraumes. Die verzerrten Schatten des Universums präsentierten sich als vielfarbiges Licht. Es nahm die merkwürdigsten Formen an, die man sich nur vorstellen konnte. Der Schimmer war fast unerträglich. Deshalb waren die Fenster des Salons täglich nur wenige Stunden geöffnet.
    Sie bestellten Getränke. Rocklin verlangte einen Martini, sein Begleiter grünen Chartreuse. Rocklin fragte boshaft: »Wozu verschwendet ein Homunkulus gutes Geld an Alkohol? Du wirst ja doch nicht betrunken oder?«
    »Ich kann jede Menge Alkohol vertragen«, sagte Roy. »Davon bekomme ich keinen Schwips. Aber ich glaube, ich möchte gar keinen haben, selbst wenn

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