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Diner des Grauens

Diner des Grauens

Titel: Diner des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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hervor. Er sprang über ihre Köpfe hinweg und krabbelte in Richtung Küchentür.
    Napoleon stoppte seine Flucht. Der Geisterhund schnappte, fletschte wütend knurrend die Zähne und hielt den Schädel in Schach. Sie umkreisten einander wachsam. Der Schädel ve r sprühte eine dunkelrote Flüssigkeit aus seiner Nase. Napoleon winselte.
    Duke senkte einen riesenhaften Turnschuh auf den w i derwä r tigen Schädelknochen herab und zermatschte ihn zu einer zähflüssigen Schweinerei. Der Schädel gab mit einem letzten ohrenzerfetzenden Kreischen nach.
    Earl untersuchte Napoleon. Ein Stück seiner Schulter war verschwunden, brodelnd und zischend. Ektoplasma war nicht Fleisch und Blut. Es war eine Konstruktion, um die körperlose Seele zu beherbergen. Der Stoff, aus dem Geister bestanden, galt als weitgehend unzerstörbar, aber es gab Wege, einen Geist zu töten. Echte, physische Wege, wenn man die Mittel dazu besaß.
    Napoleon lag auf dem Boden. Mehr und mehr Bereiche se i nes Körpers lösten sich auf.
    »Scheiße!« Earl nahm den Hund vorsichtig auf und wiegte ihn in seinen Armen. »Komm schon, Kleiner! Stirb mir jetzt nicht unter den Händen weg!«
    Die Säure hatte ein Bein weggeätzt. Sie kroch weiter, aber der Auflösungsprozess verlangsamte sich. Earl betete, er möge stoppen. Er wollte Cathy nicht sagen müssen, dass ihr toter Hund wirklich tot war.
    Napoleon beobachtete ihn aus schmerzerfüllten Augen, die er kaum offen halten konnte. Mit einem letzten Fiepen löste sich auch sein Kopf auf. Aber dann hörte die Säure endlich auf, ihn noch weiter zu zerfressen.
    »Ja!«
    Er drückte das kopflose, dreibeinige Gespenst an seine Brust. Napoleon brauchte jetzt nur Zeit, um sich zu erh o len. Hoffentlich würde er seine fehlenden Teile zurückb e kommen. Aber selbst wenn nicht, rein technisch gesehen brauchte ein Geist sie gar nicht. Er würde sich an den neuen Zustand gewöhnen müssen, aber zumindest lebte er. Sozusagen.
    Loretta sah bloß Earl, der nichts als Luft wiegte. »Geht es ihm gut?«, fragte sie Duke.
    Duke nickte. Er machte sich nicht die Mühe, alles zu erkl ä ren.
    Earl bettete Napoleon zur Schonung in seinen Koffer. Dann schnappte er sich seinen Kram und ging aus der Tür, wobei er nur kurz anhielt, um einen Blick hinunter auf die schleimigen Überreste von Hirn und Knochen zu werfen.
    »Geh und hol sie, Earl«, seufzte Duke, während er sich den Matsch mit einem Bratenheber von den Sohlen seines Turnschuhs kratzte. »Je schneller du deine Freundin b e freist, desto früher kannst du abhauen.«
    Earl wusste nicht, warum er ein schlechtes Gewissen haben sollte, wenn er ging. Duke war ein erwachsener Mann. Wenn er nicht genug Verstand besaß, aus Gil's All Night Diner zu fli e hen, solange er es noch konnte, war das nicht Earls Schuld. Aber er fühlte sich trotzdem schlecht. Duke war immer für ihn dagewesen. Er hatte jeden Tag ein wenig besser geschlafen, weil er wusste, dass Duke auf ihn aufpasste. Und jetzt, beim ersten Anzeichen von Ärger, verschwand er.
    »Duke … « Er kämpfte mit den Worten. »Ich will nur, dass du weißt, dass ich, äh, naja … «
    Duke hörte auf, Schmiere von seinen Schuhen zu pu t zen. Sie starrten sich unter dem ruhigen Platschen von Lorettas Mopp, mit dem sie außerdimensionale Gehir n spinnenschmiere we g wischte, an.
    »Verdammt, warum musst du es mir so scheißschwer m a chen?«
    Earl verlagerte seine Tüte von einer Hand in die andere.
    »Es tut mir Leid. Das ist alles, was ich sagen wollte.«
    Dukes Gesicht blieb so ausdruckslos wie immer.
    Earl wandte sich zur Tür. »Du Arschloch.«
    »Bis dann, Earl.«
    Schon auf halbem Weg aus der Küche hinaus drehte sich der Vampir um. Duke hatte sich wieder an die Rettung seiner Turnschuhe gemacht.
    »Bis dann, Duke.«

FÜNFUNDZWANZIG
    Der größte Teil von Earls Schuldgefühlen verschwand in dem Augenblick, als er Cathy sah. Sie lächelte, und er vergaß bein a he, dass er Duke im Stich gelassen hatte.
    »Hey, wo ist Napoleon?«
    »Er ist im Diner. Spielt mit Duke.« Er hatte ein schlec h tes Gewissen, weil er sie anlog, doch er wollte sie nicht unnötig beunruhigen. Er hielt die Papiertüte hoch. »Ich glaube, ich bin bereit, den Zauber heute Abend auszufü h ren.«
    »Schon?«
    »Naja, eigentlich kann ich ihn erst ungefähr um halb neun beginnen. Aber ich könnte schon mal alles aufbauen.«
    »Warum halb neun?«
    »Weil dann die metaphysische Atmosphäre am em p fänglic h sten für Geisterbefreiung ist.«
    »Wow. Ich

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