Diner des Grauens
dachte, du wüsstest nicht so viel über M a gie.«
Er zuckte die Achseln. »Ich komme zurecht.«
Ehrlich gesagt war seine Erfahrung eher begrenzt. Die »m e taphysische Atmosphäre« war Hectors Ausdruck, nicht seiner. Aber er war gewillt, ein breiteres Verständnis vorzutäuschen, wenn er sie damit beeindrucken konnte.
»Und wie funktioniert das?«
Er zog Gegenstände aus der Tüte und erklärte ihren Zweck. »Die blauen Kerzen stellen Wind und Wasser dar, elementare Kräfte, die stets frei sind. Und ich werde diesen Beutel mit Salz benutzen, um den Kreis der ektoplasm i schen Gebundenheit zu bilden. Und damit werde ich die Runen um den Kreis malen.« Er schüttelte die Dose mit Sprühfarbe. »Es ist rot, weil das die Farbe der Erde ist, der Kraft, die dich festhält.«
Er grinste voller Stolz.
»Runen. Wie die Runen, für die Odin sein Auge herg e geben hat?«
Um nicht zugeben zu müssen, dass er keine Ahnung ha t te, wer zum Teufel das war, nickte er nur.
»Erzähl mir mehr.« Sie deutete auf die Gegenstände, zu d e nen er noch nicht gekommen war. »Wofür ist das alles?«
Earls Grinsen verblasste. Er konnte sich an nichts von dem, was Hector über den Rest davon gesagt hatte, eri n nern. Er überflog seine Notizen. Da stand nur, wie er sie benutzen sollte. Er hatte es sich gespart, Hectors obskure Fachausdrücke mitz u schreiben.
Tapfer machte er weiter.
»Naja, dieses, äh, getrocknete Rabenauge wird dazu b e nutzt, die, äh, Naturgeister zu rufen. Speziell die großen Vogelväter, damit sie, äh, die Grabteufel verjagen können.«
»Grabteufel?«
»Ja.« Er hustete, um eine peinliche Pause zu überbr ü cken, während er seine Gedanken zusammenkratzte. »Das sind diese fiesen Dinger, die, äh, das Ganze versauen könnten, wenn wir nicht aufpassen. So was Ähnliches wie Gremlins, die Friedhöfe heimsuchen.«
»Ich habe nie einen gesehen.«
»Könntest du auch gar nicht. Sie sind unsichtbar.«
»Ich auch.«
»Ja, aber sie sind auf eine andere Art unsichtbar. Sie sind überall. Vertrau mir.«
»Wenn du das sagst.«
Er schnappte sich etwas anderes, um sie abzulenken. »Diese Tollkirsche wird Hexenmeisterkraut genannt. Es lässt die Magie einfach leichter wirken, wenn man es verbrennt.«
»Ehrlich? Warum?«
»Das ist ziemlich kompliziert.« Er sah auf die Uhr. »Ich bau mal besser alles auf. Wir müssen ja nicht bis zur let z ten Minute warten.«
Er begann mit den Runen, die Hector ihm am Telefon b e schrieben hatte. Er hoffte, dass er es richtig machte. Gehei m nisvolle Symbole waren nicht genormt wie das Alphabet. Niemand verstand wirklich , wie sie funktionie r ten. Man wusste nur: Wenn man ein Dreieck in einem Kreis innerhalb eines Vierecks genau auf die richtige Art und Weise zeichnete, kon n te man etwas Übernatürliches passieren lassen.
Nachdem er die letzte Rune um Cathys Grab fertig g e zeic h net hatte, schimmerten sie alle in sanftem, rotem Licht.
»Das bedeutet, dass sie bereit sind«, erklärte er.
Das Glühen verblasste, aber die Runen fingen an, sich zu bewegen. Nicht auf offensichtliche Weise. Es war mehr, als könne er spüren, wie sie zitterten und verrutschten, wenn man sie nicht ansah. Und wenn er sich wieder u m drehte und sie anschaute, sahen sie wirklich anders aus. Oder vielleicht auch nicht.
Als Nächstes ordnete er die blauen Kerzen zwischen die Runen rund um das Grab an. Er zündete sie an und n u schelte eine kurze Beschwörung, die er in sein Notizb uch gekritzelt hatte. Als die F lamme hellrot brannte, goss er den Salzkreis und murmelte eine zweite, längere Beschw ö rung. Als der Wind das Salz nicht wegblies, wusste er, dass er es richtig gemacht hatte. Der Aufbau war fertig. Der Kreis konnte nur durch einen Wi l lensakt unterbrochen werden.
Er trat einen Schritt zurück und studierte sein Werk. Ein m a gischer Zirkel, der eines Merlin würdig gewesen wäre. Oder vielleicht Merlins dilettantischem, mittellosem Hal b bruder. Aber das Aussehen war nicht wichtig, solange es funktionierte.
Sie hatten immer noch fünfundvierzig Minuten bis zum R i tual. Cathy und Earl schlugen die Zeit tot, indem sie auf dem Rücken liegend in die Sterne starrten.
Sie deutete nach oben. »Der genau da ist mein Lie b lingsstern. Ich weiß nicht, warum. Es ist nicht der hellste oder der größte, aber er hat irgendwas.«
»Er ist hübsch«, stimmte Earl zu.
»Manchmal erfinde ich meine eigenen Konstellationen. Wie da drüben, das ist die Gans. Und genau da drunter ist das
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