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Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin

Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin

Titel: Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Kathrin / Lobo Passig
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einfachen Tipps und 56   Listensystemen für einen unkomplizierten Alltag. Joseph Ferrari, Psychologieprofessor an der DePaul-Universität in Chicago und Experte für Prokrastination, sagt deutlich, was von solchen Aufforderungen zu halten ist: «Einem Aufschieber zu sagen, er solle einen Wochenplaner kaufen, ist so, als würde man einem chronisch Depressiven befehlen, einfach mal fröhlicher zu sein.» Das mag vom Ansatz her stimmen – geht uns aber nicht weit genug. Denn das Zitat legt nahe, dass Menschen, die Aufgaben aufschieben, unter einer Krankheit oder zumindest einer sozialen Deformation leiden. Wir möchten dieser Auffassung nicht folgen. Nicht der Aufschiebende ist lebensuntauglich, vielmehr ist sein Umfeld mit falschen Erwartungen und überkomplizierten Organisationsstrukturen verseucht. Eigentlich müsste man also einen Ratgeber für das Umfeld und den Alltag schreiben, wie sie besser mit LOBOs zurechtkommen. Aus naheliegenden Gründen handelt aber nur ein kleiner Teil des Buches davon, denn Umfeld und Alltag kommen selten zum Lesen.
    Um für die Aufschiebenden die Wartezeit bis zur Besserung der Verhältnisse erträglicher zu gestalten, haben wir ein Ein-Schritt-Verfahren entwickelt. Herkömmliche Ratgeber raten, sich zu ändern, indem man Selbstdisziplin erlernt – unter Zuhilfenahme von: Selbstdisziplin. Unser Ein-Schritt-Verfahren geht einen einfacheren Weg. Wir raten, stattdessen die eigene Haltung zu Menschen und Dingen zu ändern. Dass darüber hinaus auch einige Tipps zu Kommunikation, Organisation und Arbeit im Buch enthalten sind, betrachteman als Kollateralnutzen. Bis auf die Änderung der Haltung ist kein Ratschlag so substanziell, als dass er nicht auch weggelassen werden könnte. Überhaupt wird bei den meisten Ratgebern vollkommen unterschätzt oder ausgeblendet, wie unterschiedlich die Menschen sind. Selbst Probleme, die von außen ähnlich geformt und gleich gefärbt scheinen, können von innen so grundverschieden sein wie ihre Besitzer. Deshalb geben wir zusätzlich zu der Empfehlung, seine Haltung zu ändern, eine größere Anzahl von Ratschlägen, von denen man sich je nach Gusto die am besten passenden aussuchen kann. Die unpassenden werden sowieso nicht funktionieren.
    Auch ganz ohne die Gesellschaft und ihre Umstände ist es normal, Aufgaben vor sich herzuschieben, Arbeiten nicht in kürzester Zeit zu erledigen und vieles einfach zu ignorieren. Das ist keine Resignation oder Kapitulation vor der Welt, sondern im Gegenteil für sehr viele Menschen die einzige Möglichkeit, überhaupt zu kämpfen – nämlich nicht an allen Fronten gleichzeitig. Carsten Zorn identifiziert in «Das Populäre der Gesellschaft» den Kapitalismus und seine «magische Empfehlung und Forderung, sich ununterbrochen zu bemühen», als den neuzeitlichen Übeltäter, der uns zwingt, ein Drittel der Wachzeit mit durchorganisierter Arbeit zu verbringen, auch die Freizeit möglichst noch sinnvoll zu nutzen und natürlich erst recht so effektiv wie möglich zu schlafen. Diese Ansicht können wir teilen, wollen aber allzu zornige Kapitalismuskritik vermeiden und vielmehr fragen, wie man sich der Forderung, sich ununterbrochen zu bemühen, entziehen kann, ohne dass das globale Wirtschaftssystem Stunden später in sich zusammenfällt.
    Die Antwort liegt im einzigen Schritt, seine Haltung zu ändern: Nicht ich bin unzulänglich, die Welt ist ungünstig eingerichtet und falsch gewartet. Noch dazu bin ich mit dieser Problematik alles andere als allein. Aus dieser Einstellungheraus ergeben sich andere Prioritäten, es empfehlen sich andere Handlungsweisen. Eventuell muss man die eigene Motivation, die persönlichen Ziele und sogar den Beruf in Frage stellen und der neuen Haltung angleichen. Bin ich im Angestelltendasein gut aufgehoben, wenn ich grundsätzlich mit jedem Chef aneinandergerate? Ist ein Ganztagsjob für mich das Richtige, wenn ich selten länger als zweieinhalb Stunden konzentriert arbeiten kann? Gehöre ich ab sieben Uhr dreißig in die Firma, wenn ich nichts lieber tue, als bis halb zwei nachmittags zu schlafen? Bei der Änderung seiner Haltung sollte man trotz allem der Welt ihre Unzulänglichkeit großmütig nachsehen und nicht vergessen, sich selbst und seine Erwartungen an sich und sein Leben zu überprüfen. Dabei sollte man sich nicht durch das Tagesgeschäft ablenken lassen, sondern versuchen, so viel Distanz wie möglich zum eigenen Alltag zu gewinnen, denn von innen betrachtet sehen die

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