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Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin

Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin

Titel: Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Kathrin / Lobo Passig
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Entsprechend abgestuft verhält es sich mit den körperlichen Reaktionen, sodass man leichte Zuckungen in der Schultergegend durchaus als gefährliche Vorstufe zum Karoshi deuten kann und sollte.
    Zwischen den Extremen – dem Anfang einer kaum wahrnehmbaren Arbeitsunlust und dem arbeitsbedingten Nahtoderlebnis – erstrecken sich weite Steppen voll mit Warnsignalen, die man umso leichter (und häufiger) findet, je genauer man danach sucht. Eigentlich ist sogar schon dieaktive Suche nach solchen Zeichen ein eigenes Warnsignal, denn wann hätte man beim gemeinsamen Herumlungern im Whirlpool je wachsam nach Gründen für einen vorzeitigen Abbruch gesucht?
    Um die für sich beste Art des Aufgebens zu finden, muss man sich zunächst vergegenwärtigen, dass es ganz verschiedene Varianten gibt – vom dramatischen Schlussakkord bis zum in Berlin so genannten «polnischen Abgang» . (dem grußlosen Verschwinden), vom lauten Knall bis zum leisen Versandenlassen, von radikaler Konfrontation bis zum luftigen Schmuseschluss mit feierlichem Diätsektstehempfang. Befindlichkeiten Dritter sollte man zunächst nach Möglichkeit ausblenden; es kommt vor allem darauf an, wie man sich selbst mit welcher Variante fühlt. In einem zweiten Schritt kann man überlegen, wie was bei wem ankommt. Dabei sollte man immer im Auge behalten, dass sich die meisten problematischen Spannungen vermittels der richtigen Kommunikation wieder geradebiegen lassen. (Siehe Kapitel «Kommunikation der Unzulänglichkeit».) Um ein Gefühl für die richtige Art des Aufhörens zu bekommen, ist die Beschäftigung mit der eigenen Beendigungsgeschichte sinnvoll: Welche Art, Dinge zu beenden, hat sich im Nachhinein als angenehm erwiesen? Diese Analyse der eigenen Erlebnisse – eine kluge Beschäftigung für Momente, in denen man dringend anderes zu tun hätte – hilft auch, bestimmte Fehler nicht häufiger als unbedingt notwendig zu machen. Das Beste am Aufgeben selbst ist nicht das famose Gefühl, wenn man es hinter sich gebracht hat, sondern vor allem, dass endlich Energie und Zeit für die wirklich wichtigen und schönen Projekte frei wird, denen man vorher hinterhergeseufzt hat.
    Ein guter Trick zum Schlussmachen sei zum Schluss verraten: Häufiger mal etwas testweise beenden. Auch hierkann eine gewisse Übung nicht schaden. Wenn man bereits mehrfach Projekte wie «Flur streichen» oder «Brief an die E-Mail -lose Großmutter schreiben» mühelos zwischen den Mahlzeiten aufgegeben hat – dann fällt es einem leichter, den beschissenen Job hinzuwerfen. Und wenn es der letzte Job auf der Welt wäre!

3.   ALLTAG
    Der Kampf gegen die Dinge
    Haushaltsprobleme
    «‹Fege ordentlich, kehr den Schmutz aus den Winkeln, dann gibt es das alles nicht›, belehrte ihn Oblomow.
    ‹Heute kehrt man, morgen hat es sich wieder angesammelt.›
    ‹Nichts sammelt sich wieder an›, unterbrach ihn sein Herr. ‹Das darf eben nicht geschehen.›
    ‹Es sammelt sich an, ich weiß es›, behauptete der Bediente.
    ‹Und wenn es sich wieder ansammelt, kehrst du eben wieder aus.›
    ‹Wie? Jeden Tag alle Winkel ausfegen?›, fragte Sachar. ‹Was für ein Leben wäre denn das? Lieber soll Gott meine Seele zu sich nehmen!›»
    (Iwan Gontscharow: «Oblomow»)
    Früher, ach, früher hatten es die Menschen schön. Wer sich nicht gerade ins Tischtuch schnäuzte, galt bereits als reinlich. Die Wäsche wurde einmal jährlich erledigt. Und wie viel Unordnung konnte man zu Hause schon anrichten, wenn man kaum mehr als ein Hemd, einen Teller und eine hölzerne Truhe besaß? Aber mit der Verbreitung von Schöner-Wohnen-Zeitschriften stiegen die Erwartungen an den Zustand der Höhle, die ihre Bewohner doch ursprünglich nur wärmen und vor Regen schützen sollte. Heute ist die Lage so weit eskaliert, dass kein Selbsthilfebuch für Unordentliche ohne ausführliche Ratschläge zum Verwalten, Reinigen und Präsentieren der durchschnittlich 15   000 1 Gegenstände in deutschen Haushalten auskommt.
    In Gisela Steins «Desorganisationsprobleme   – Das Messie-Phänomen» heißt es: «Für Menschen, denen es ohnehin schon schwerfällt, ihren Alltag zu organisieren, bedeutet diese Verschiebung der Normen hinsichtlich Wohnästhetik und Reinlichkeit nach oben eine ständige Herausforderung, die sie nicht bewältigen können.» Zwar haben nicht alle LOBOs Probleme mit ihrer Wohnsituation. Manche haben einfach frühzeitig eingesehen, dass sie ohne Putzfrau verloren wären, anderen fällt es leicht,

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