Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin
diesen Dingen gegenüber.» Fangen Sie klein an, werfen Sie ein Blatt Papier weg. Schon bald können Sie sich zu einfachen Kleidungsstücken wie Socken und Unterhosen vorarbeiten, und vielleicht erreichen Sie eines Tages die höchste Stufe der Wegwerf-Erleuchtung und bewältigen selbst handschriftliche Notizen, Fotos, Geschenke und Stofftiere, ohne mit der Wimper zu zucken.
Rettung der Wohnung geht vor Rettung der Welt. Viele Messies glauben, durch ihr eigenes Verhalten die Welt retten zu müssen. Deshalb kann der Müll nicht einfach in die Tonne, obwohl sich die vollen Mülltüten schon bis zur Decke stapeln, sondern er muss erst gespült und sortiert werden. Irgendwann mal. Sobald man sich von dieser Vorstellung frei macht, wird alles viel leichter. Unternehmen dürfen ihre Umweltverschmutzung durch Emissionshandel ausgleichen – warum also nicht privat den Müll unsortiert lassen, wenn man dafür regelmäßig an Greenpeace spendet. (Achtung: Zur Teilnahme an diesem Verfahren berechtigt sind ausschließlich Personen, die durch Mülltrennungsvorsätze in Teufels Küche geraten sind und diese mehrere Jahre lang bewohnt haben.)
«Fünf Monate nach meinem Einzug in diese Wohnung warten noch etliche Kartons darauf, ausgepackt zu werden. Die stehen hier rum und haben sich über die Zeit, zu einem für mich unsichtbaren ‹Blinden Fleck› entwickelt.Jedes Mal, wenn ich den Raum betrete, in dem die Kartons stehen, sehe ich sie nicht, während andere Menschen sofort diesen Ausdruck in den Augen bekommen, der so viel heißt wie ‹Na, den will ich aber nicht heiraten›. Also ungefähr derselbe Blick, den sie bekommen, wenn man ein Glas Wein anbietet und dann erst mal verschämt die Gläser abwäscht, weil sie seit drei Wochen nur immer mal mit Wasser durchgespült wurden und zwischen Schreibtisch und Küche pendelten und dementsprechend aussehen.
Auf jeden Fall ist Weihnachten, und da ich nichts geschenkt bekommen habe, also nicht wie alle anderen knietief in aufgerissenem Geschenkpapier waten durfte, dachte ich mir heute: ‹Mensch Don, mach doch mal einen Karton auf.› Also packte ich blind einen Karton aus meinem blinden Fleck und öffnete ihn. Es war ein Karton Bücher. Ich freute mich unter anderem sehr über die Walter-Serner-Komplettausgabe, einen vergriffenen Bildband über Dadaismus, ungefähr 30 ‹Mister Dynamit›-Agententhriller, die 60. Auflage (265. bis 269. Tausend) des 1926 erschienenen Buches ‹Die vollkommene Ehe – eine Studie über ihre Physiologie und Technik› von Dr. Th. H. van de Velde und einen Roman namens ‹Abschied auf Englisch – Eine Kriminalkomödie› in abwaschbarer, durchsichtiger Plastikhülle. Da ich meine Bücher nicht in Kondome einschweiße, war mir sofort klar, dass dies nicht mein Buch sein konnte. Also blätterte ich ein wenig vorne rum, um eventuell den Originalbesitzer ausfindig machen zu können, obwohl ich hoffentlich niemanden kenne oder gekannt habe, der seine Bücher in Plastikfolie einschweißt.
Hinten wurde ich dann fündig, denn da steht fett eingestempelt ‹Eigentum der Bezirksbücherei Bonn-Bad Godesberg›. Und gleich daneben der Laufzettel mit dem allerspätesten Abgabedatum: ‹11. 04. 1988›. Wie konnte mir das entgehen? Wie konnte ich fast fünfzehn Jahre langvergessen, dieses teure Paperback zurückzugeben? Und warum habe ich mir mit zwanzig so einen Scheiß-Roman ausgeliehen? Und was soll ich jetzt machen? Anonym zurückschicken? Behalten und auf Partys damit angeben? Was passiert, wenn mal eine heiratswillige Frau meine Gemächer betritt, die Kartons verschwunden, die Gläser fein poliert sind, sie aber dieses Buch findet? Die denkt doch sofort ‹Oh, wenn der so was schon vergisst, dann vergisst er sicher auch irgendwann mal, nach Hause zu kommen. Ne, so einen will ich nicht›. Herrje – mein ganzes charakterliches Elend, in einem billigen Roman manifestiert.»
(Don Dahlmann)
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Das Getue um den Körper
«Ein hart gekochtes Ei zu verdauen kostet den Körper mehr Kalorien, als das Ei tatsächlich hat. Ergo nimmt man bei hart gekochten Eiern schon während des Essens ab, man zehrt praktisch aus. Mit Mineralwasser verhält es sich übrigens ähnlich.»
(Christiane Rösinger: «Das schöne Leben»)
Selbsthilfebücher gegen das Aufschieben sind voll mit guten Ratschlägen, wie man sich dazu überwindet, täglich joggen zu gehen, sich gesünder zu ernähren und endlich mal konsequent
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