Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin
kein einziges Mal davon außerhalb normaler Öffnungszeiten (125 DM/Training). 2003 wollte ich aus Fehlern lernen, in der neubezogenen Kreuzberger Wohnung war auch kaum Platz für eigenes Sportgerät, sodass ich ein mittelweit entfernt gelegenes Fitnessstudio auswählte – aber clever nur einen Vertrag über ein halbes Jahr abschloss. Die Entfernung erwies sich dann aber doch als zu groß, um regelmäßig dorthin zu fahren, sodass ich insgesamt drei Mal trainierte. Die Vertragscleverness hielt sich für mich überraschend insofern in Grenzen, als sich der halbjährige Vertrag von allein verlängerte und eine Kündigungsfrist von drei Monaten für mich ein kaum zu überwindendes Kündigungshindernis darstellte. Ich blieb dort zwei Jahre lang Mitglied, ließ online die Abbuchungen im zweiten Jahr aber immer wieder zurückgehen, was für mich gedanklich vollkommen als gefühlte fristlose Kündigung ausreichte. Die Rechtsabteilung der Fitnesskette neigte zu einer anderen Auffassung, und leider folgte das Mahngericht dieser Argumentation wohl weitestgehend, wie ich zwei oder drei Jahre später entsprechenden Briefen entnehmen sollte. Im ersten Jahr zahlte ich also für drei Besuche 600 Euro, im zweiten Jahr für null Besuche inklusive Mahngebühren, Amtskosten, Rechtsanwaltskosten und Ähnlichem 1.200 Euro. Um diesen Höhepunkt nicht so allein im Raum stehenzulassen, ließ ich meine Erfahrung 2006 und 2007 mit zwei Jahren in einem Luxus-Fitnessstudioausklingen. Im ersten Jahr schaffte ich beachtliche zwanzig Besuche, zehn davon mit einem Privattrainer für 400 Euro im Monat, zusätzlich zu den 80 Euro Monatsgebühr (Goldmitgliedschaft mit weltweiter Trainingsberechtigung). Das zweite Jahr wohnte ich nicht mehr nur weit, sondern durch einen Umzug irrwitzig weit entfernt von dem Luxus-Fitnessstudio. Leider hatte ich die Kündigungsfrist (drei Monate) verpasst (1 Training).»
(Sascha Lobo)
Diese Mühen und guten Vorsätze entspringen in fast allen Fällen der Überzeugung, Sport sei das beste Mittel zur Gewichtsabnahme – eine Theorie, die allerdings in den letzten Jahren eher in Lifestylezeitschriften als in wissenschaftlichen Veröffentlichungen vertreten wird. Die Vorstellung, der Körper sei eine Art Maschine, die Kalorien verzehrt, durch Bewegung Kalorien verbraucht und den Unterschied grammgenau und unbarmherzig in Fettpolster umwandelt, ist relativ neu. Erst seit den sechziger Jahren setzte sich die Ansicht durch, Übergewicht ließe sich durch Bewegung reduzieren. Da ein solcher Zusammenhang bis heute nicht schlüssig nachgewiesen werden konnte, ist die Fachwelt inzwischen in ihren Ratschlägen vorsichtig geworden. Die «American Heart Association» und das «American College of Sport Medicine» veröffentlichten 2007 einen gemeinsamen Leitfaden zum Thema «Bewegung und Gesundheit». Er rät – wie auch die meisten deutschen Veröffentlichungen – dazu, sich aus Gesundheitsgründen an fünf Tagen die Woche je dreißig Minuten lang gemäßigt zu bewegen. Fünf Tage die Woche dreißig Minuten gemäßigt, das bedeutet, dass es vollkommen ausreicht, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren oder jeden Tag eine halbe Stunde zu Fuß zugehen. Selbst Staubsaugen, Treppensteigen und Unkrautjäten werden hin und wieder unter den fitnessfördernden Beschäftigungen aufgeführt. Zum Thema «Abnehmen durch Bewegung» heißt es im genannten Leitfaden allerdings sehr zurückhaltend: «Man darf annehmen, dass bei Menschen mit relativ hohem täglichen Energieverbrauch eine Gewichtszunahme langfristig weniger wahrscheinlich ist als bei Menschen mit niedrigem Energieverbrauch. Bisher sind die Daten zur Untermauerung dieser Hypothese nicht gerade überzeugend.»
Dasselbe gilt für die Details der Ernährung: Ob Fett überhaupt fett macht und, wenn ja, ob sich dadurch das Leben verkürzt, von welchen Faktoren Übergewicht eigentlich herrührt, das alles und noch viel mehr ist ungeklärt. Es gibt bis heute keine Ernährungsrichtung, deren Nutzen nicht regelmäßig von Forschern bezweifelt wird. Hier ein kurzer Überblick:
Mehr Fett, weniger Kohlenhydrate: umstritten
Weniger Fett, mehr Kohlenhydrate: umstritten
Nutzen von Vitaminzusätzen: umstritten
Nutzen von mehr Obst und Gemüse: umstritten
Nutzen von Ballaststoffen: umstritten
Wer uns – was verständlich wäre – nicht einfach so glauben will, dass man darüber immer noch nichts Genaues herausgefunden hat, kann die Details in Gary Taubes’ «Good
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