Dinge geregelt kriegen – ohne einen Funken Selbstdisziplin
davidseah.com/tools/pclock/erhältlich. Die Procrastinator’s Clock geht auf unvorhersehbare Weise um bis zu fünfzehn Minuten vor. Oder auch nicht. Wir warten ungeduldig darauf, dass jemand einen echten Wecker oder die Uhr im Handy mit dieser Funktion ausstattet.
Technische Lösungen müssen aber nicht unbedingt Technik beinhalten. Jedes Verfahren, das den Antrieb zu einer lästigen Tätigkeit nach außen verlagert, darf als technische Lösung gelten. Wer beispielsweise trotz der in diesem Buch verteilten Warnungen unbedingt früh aufstehen möchte, kann sich einfach ein paar Katzen anschaffen, die ihn morgens aus dem Bett miauen. Auch das Beispiel von Ulrike «Supatopcheckerbunny» Sterblich demonstriert eine vorbildliche technische Lösung eines sozialen Problems:
«Kurz nach der Einschulung fing ich an, bei den Hausaufgaben zu prokrastinieren. Ich wollte die Hausaufgaben spät am Abend kurz vor dem Schlafengehen machen, meine Mutter wollte, dass ich sie früher am Tag mache. Der Konflikt darüber eskalierte, und meine Mutter sagte,ich solle doch machen, was ich will, sie habe jetzt keine Lust mehr, sich um meine Hausaufgaben zu kümmern. Mit diesem Ergebnis war ich recht zufrieden, stellte aber fest, dass ich spät am Abend tatsächlich keine Lust mehr hatte, Hausaufgaben zu machen. Schließlich kam ich auf den Trick mit dem Wasser. Vor dem Schlafengehen trank ich ein großes Glas Wasser. Dadurch wachte ich nachts kurz nach 2 zuverlässig auf. Ich ging Pipi, dann machte ich meine Hausaufgaben, dann ging ich wieder schlafen. Nie wieder im Leben habe ich um elterliche Hilfe bei Hausaufgaben ersucht. Selbstredend waren meine schulischen Leistungen exzellent.»
Natürlich ist die Arbeit an Vereinfachungen die schönste Prokrastinationszeit. Douglas Adams beschreibt in «Die letzten ihrer Art» einen indonesischen Vogel, der in mühsamer Kleinarbeit einen Bruthügel errichtet, nur um nicht selbst brüten zu müssen. Die Beweggründe des Vogels erscheinen ihm absolut nachvollziehbar, denn «ich bin selten glücklicher, als wenn ich einen ganzen Tag meinen Computer so programmiere, dass er eine Aufgabe automatisch erledigt, die mich sonst gute zehn Sekunden Arbeit kosten würde. Zehn Sekunden, sage ich mir, sind zehn Sekunden. Zeit ist ein wertvolles Gut, und zehn Sekunden sind es allemal wert, dass ich einen Tag mit der angenehmen Arbeit verbringe, diese zehn Sekunden einzusparen.»
Genauso denkt vermutlich Keith Blount, von dessen Existenz uns Eberhard Flutwasser informiert: «Mein liebster Prokrastinierer ist Keith Blount, ein in London lebender ‹aspiring novelist›, also einer von denen, die unbedingt ein Buch schreiben wollen, aber aus irgendeinem Grund nicht damit anfangen. Er hat, wie das so üblich ist, eine Ausrede nach der nächsten ins Feld geführt, warum er zwar jetzt nochnicht, aber garantiert demnächst seinen Roman – Science-Fiction – schreiben wird. Bis er dann, alle anderen hatte er wohl durch, zu der gelangte, dass die vorhandene Schreibsoftware einfach zu grässlich sei, um damit wirklich kreativ arbeiten zu können. So weit, so gewöhnlich. Allerdings hat Blount sich hingesetzt und das Schreibprogramm, das er gerne hätte, programmiert. Und herausgekommen ist dabei
Scrivener
, ‹the Scarlett Johansson of code›, wie ein Bewunderer das Programm nennt.
Scrivener
ist ein so zauberschönes Programm (sein Yin-Yang-Icon beiseite), dass es jeden Schreibenden sofort glücklich macht. Und sogar die Nicht-Schreibenden: Man möchte den ganzen Tag etwas damit machen, wenn man bloß wüsste, was. Auf der
Scrivener-
Website www. literatureeandlatte.com weist Keith Blount potenzielle Käufer darauf hin, sie sollten sich bewusst sein, dass sie für ihr Geld genau das Programm bekommen, wie es jetzt angeboten wird. Mit einer Weiterentwicklung sei nicht zu rechnen, denn er, Blount, habe
Scrivener
ja hauptsächlich deswegen programmiert, um seinen Roman damit zu schreiben, was wahrscheinlich schon morgen losgehen könne. Spätestens aber übermorgen.»
Jeder gute Prokrastinierer wird lieber einen ganzen Tag voll Tatendrang an einer Methode zur Umgehung einer unangenehmen oder uninteressanten Aufgabe arbeiten, als eine halbe Stunde mit ihrer Erledigung zuzubringen. Und der mit angenehmer Arbeit verbrachte Tag wird sich immer noch kürzer anfühlen als die lästige halbe Stunde. Zum Glück gibt es einen wachsenden Markt für solche Methoden, sodass wir optimistisch auf Stellenanzeigen
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