Dinner for One auf der Titanic
tötet, was er liebt, nicht wahr? Also, Mr. James McMullen, was war so liebenswert an Fürst Andrej Balgakov? Finden Sie nicht, er hat ein wenig streng gerochen?«
»Sir, wenn überhaupt, war es eine Verkettung unglücklicher Umstände, ein Unfall, der ...«
»Nicht so wichtig. Wir werden dieses kleine Geheimnis für uns behalten, nicht wahr? Ich glaube, Sie sind ohnehin nicht der richtige Ansprechpartner. Zumindest nicht der Einzige.«
»Sie könnten da einen ganz falschen Eindruck gewonnen haben, Sir.«
»James, Sie sind verliebt. Und ich sage Ihnen: Die Ehe ist ein Versuch, zu zweit wenigstens halb so glücklich zu werden, wie man es alleine gewesen ist.«
»An eine Ehe würde ich nicht im Traum denken, Sir.«
»Nun, die Männer heiraten, weil sie müde, die Frauen, weil sie neugierig sind. Und enttäuscht werden beide.«
»Aber es muss doch Glück geben, wenn zwei verwandte Seelen ...«
»O ja, James. Ein Mann kann mit jeder Frau glücklich werden ... solange er sie nicht liebt.«
»Das bringt mich ganz durcheinander, Sir. Sehen Sie, seit wir in Southampton abgelegt haben ...«
»Raus damit, Mr. McMullen. Reden Sie.«
* * *
»Wollen Sie nicht zu mir ins Wasser steigen, meine liebe Patsymoon Sterlingtree? Ungemein entspannend.«
»Leider habe ich meine Badesachen nicht dabei, Kapitän Smith.«
»Aber das macht doch nichts. Der Swimmingpool gehört uns. Wir sind allein.«
Kapitän Smith zwinkerte ihr aus dem Wasser zu. Der Mann litt unter einem akuten Notstand. So etwas kannte man ja. Aber schließlich hatte sie hier ihre Arbeit zu erledigen, und der Kapitän war sicherlich der Erste, der einen Wutausbruch bekam, wenn sie ihre Pflichten vernachlässigte.
»Ich hätte da noch eine Frage zu der Kartoffelschälmaschine.«
»Jetzt?«
»Also, bei unsachgemäßer Bedienung, was passiert da?«
»Was meinen Sie?«
»Wenn etwas hineingeworfen wird, was gar nicht hineingehört, Sir.«
»Das ist ein Wunderwerk der Technik. Da kommen sauber geschälte Kartoffeln raus.«
»Und wenn man ein paar Kohlenstücke hineinwirft?«
»Dann kommen sauber geschälte Kohlenstücke heraus. Was soll das?«
»Es war Blut an der Maschine. Es sieht aus, als hätte sich jemand daran zu schaffen gemacht, der sich damit nicht auskennt.«
Der Kapitän griff zu einem Schwimmring und ließ sich auf dem Rücken über das Wasser treiben.
»Ach, Miss Sterlingtree, selbst wenn Sie es nicht für möglich halten, auch ein Kapitän muss entspannen.«
»Es geht schließlich um diesen Balgakov.«
»Sie haben ihn gefunden?«
»Das nicht, aber ich vermute, er hat sich nachts in der Kombüse etwas zubereitet. Ich glaube, er hat die Kartoffelschälmaschine unsachgerecht bedient, und ich glaube ... «
»Ja, und weiter?«
Kapitän Edward J. Smith schwamm zum Rand des Pools und griff zu seiner Mütze.
»Da könnten wir ihn schnappen, Sir.«
Jetzt war es heraus. Eigentlich hatte sie ja vorgehabt, zunächst Mr. Finch-Meyers einzuweihen, aber nun hatte sie spontan beschlossen, ihrem Chef den dingfest gemachten Balgakov zu präsentieren. Außerdem konnte sie ihn einfach nicht ausfindig machen. In seiner Kabine war er nicht, und die Zeit drängte.
Der Kapitän setzte seine Mütze auf und kratzte sich am Haaransatz.»Was halten Sie von einer kleinen Lagebesprechung in meiner Kabine, Miss Patsy?«
* * *
Miss Sophie und ihre Ideen. Gier macht tatsächlich erfinderisch. Und misstrauisch. Hatte man endlich in seinen Besitz gebracht, wonach es einen gelüstete, dann gab es immer einen anderen, der fest entschlossen war, es einem wieder abzujagen.
James balancierte auf der großen Kiste. Vorsichtig löste er ein Brett auf der Oberseite. Das Schlafmittel, das er in die Speckseite geträufelt hatte, schien gewirkt zu haben.
»James, wenn Sie jetzt die Angel zur Hand nehmen würden.«
Miss Sophie reichte ihm die beiden zusammengebundenen Gardinenstangen. Patent war das Mädchen ja, das musste man ihr lassen. Hatte aus den Stangen, einem Wollfaden und einer gebogenen Hutnadel eine brauchbare Angel zusammengebastelt. Doch wie sollte er in der Dunkelheit die Kiste mit dem Gemälde an den Haken bekommen? So eine Kiste biss ja nicht an wie ein Fisch.
»Miss Sophie, ich fürchte ...«
»James, ein wenig mehr Enthusiasmus bitte.«
Aus dem Dunkeln der Kiste drang das Schnarchen des Tigers. Er musste nur auf seine Hand aufpassen, sonst passierte noch ein Unglück. Vorsichtig ließ James die Schnur hinab.
»James, ich werde mich um
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