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Dinner for One auf der Titanic

Dinner for One auf der Titanic

Titel: Dinner for One auf der Titanic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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könnten?«, fragte sie eine Schwester. Dabei blickte sie sich vorsichtig um. James konnte sich gerade noch hinter einem Arzneischrank verbergen.
    Die falsche Schlange ging vorsichtig zu Werke. Sie hatte kontrollieren wollen, ob ihr jemand folgte. Miss Sophie stieg wieder die Treppen hinauf an Deck und über die Promenade der ersten Klasse. Einige Passagiere hatten sich jetzt am frühen Nachmittag auf den Liegestühlen mit Decken eingepackt. Andere schlürften im Stehen eine heiße Suppe.
    Vor der Brücke bog sie ab in das Telegrafenamt. Wie konnte er nur in Erfahrung bringen, was sie dort wollte? Die Tür war fest verschlossen, sie unbemerkt einen Spalt zu öffnen ganz unmöglich.
    James schlich zurück auf den Gang und legte sein Ohr an die Scheibe. Es musste der Text ihres Telegramms sein, den ihr der Mann am Schalter da vorlas.
    »... erwarte ich Ihre Preisvorstellung ... Hochachtungsvoll ...«
    Was für ein Preis? Seine Pfanne hatte ein halbes Pfund gekostet. Ein stolzer Preis, ganz ohne Zweifel, aber doch kein Grund, ein Telegramm an einen potenziellen Käufer in New York zu schicken? Gott sei Dank hatte er sie in letzter Minute in Sicherheit bringen können.
     
    * * *
     
    Der Leichnam Oscar Smooth Gentles lag zwischen zwei Kisten.
    Entsetzt stellte Patsymoon Sterlingtree fest, dass seine Hose zur Hälfte heruntergezogen war. Das blanke Gesäß mit den rötlichen Härchen schimmerte matt.
    Finch-Meyers drehte den Körper auf den Rücken. Das Gesicht des Toten zeigte deutliche Bissspuren. Das Hemd war zerrissen. Sicherlich die Spuren des Untiers, das da in der Kiste vor sich hinwimmerte. Für Patsymoon Sterlingtree hörte es sich so an, als würde der Tiger singen.
    Das also hatte sie gehört, als sie mit Mr. Finch-Meyers den Frachtraum durchsucht hatte. Ja, wer konnte denn ahnen, dass sich ein leibhaftiger Tiger auf der Titanic befand?
    »Haben Sie den Gürtel gesehen«, sagte sie zu Finch-Meyers.
    »Sicher. Zweifellos geöffnet, und das kann ganz unmöglich der Tiger vollbracht haben. Selbst wenn es sich hier um eine Katze mit mythischen Fähigkeiten handelt.«
    »Aber warum öffnet sich der Mann im Angesicht des Tigers die Hose?«
    »Falsch gefolgert, Miss Sterlingtree. Warum öffnete Mr. Unbekannt unserem dahingegangenen Mr. Smooth Gentle die Hose?«
    »Sie vermuten etwas Sexuelles? Vielleicht sollten wir Dr.Breastsucker um seine Meinung bitten?«
    »Das ist zu früh«, sagte Jessup Finch-Meyers. »Aber ich würde gut verstehen, wenn Sie an die frische Luft möchten.«
    Patsymoon Sterlingtree schüttelte den Kopf.
    »Nicht nötig, Sir. Dieser Anblick macht mir eigentlich nichts aus.«
    »Und hinter den Brettern befindet sich ein solider Gitterkäfig?«, fragte Kapitän Smith.
    Der für die Ladung zuständige Offizier nickte.
    »So ist es Vorschrift.«
    »Runter mit dem Holz. Ich will mir dieses Tier genauer ansehen. Himmelherrgott, Finch-Meyers, wofür werden Sie eigentlich bezahlt? Und warum weiß ich nichts davon, dass ich hier einen Zoo über den Atlantik schippere?«
    »Ich kann nicht überall sein, Sir.«
    Der Kapitän strich sich über den Bart. Patsymoon Sterlingtree war froh, dass sie gegenüber dem Werben des Kapitäns standhaft geblieben war. Sie hasste diese cholerischen Wutausbrüche. Da war Jessup Finch-Meyers mit seiner sanften und bedächtigen Art und seiner dunklen Stimme doch aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Auch wenn er, wie wohl jeder Mann, zuweilen etwas nervös reagierte.
    »Wollte dieser Smooth Gentle hier Selbstmord begehen oder was?«, herrschte der Kapitän den Detektiv an. »Meine Passagiere begehen keinen Selbstmord!«
    »An Selbsttötung glaube ich keinesfalls«, sagte Finch-Meyers.
    »Soso, Sie ›glauben‹?«
    Finch-Meyers nickte stumm.
    »Verdammte Sauerei. Schaffen Sie mir diesen Anarchisten herbei. Ich werde ihm höchstpersönlich den Arsch so aufreißen, dass er in Zukunft eine Badewanne braucht, um seine Notdurft zu verrichten.«
    Der Offizier und ein Matrose entfernten die letzten Bretter der Kiste.
    Der Anblick, der sich ihnen bot, war ganz unglaublich. Mr.Finch-Meyers kniff zweimal die Augen zusammen. Der Kapitän schüttelte stumm den Kopf, und auch Patsymoon Sterlingtree war sicher, dass es sich um eine Halluzination handeln musste. Nein, das konnte nun wirklich nicht sein.
     
    * * *
     
    Seine Mutter hatte ja so recht gehabt. Kein Tag war vergangen, an dem sie ihm nicht eingeschärft hatte: »James, in dieser Welt kannst du nur dir selbst vertrauen.«
    Mit

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