Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dinner for One auf der Titanic

Dinner for One auf der Titanic

Titel: Dinner for One auf der Titanic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
Vom Netzwerk:
zu entdecken. Finch-Meyers schlug den Kragen seines Staubmantels in die Höhe. Jetzt sah er aus wie ein richtiger Detektiv.
    »Ich habe den Eindruck, dass der Täter über jeden unserer Schritte informiert ist«, flüsterte er.
    »Wie soll der Fürst das machen? Er kann sich hier oben doch gar nicht blicken lassen.«
    »Er muss Komplizen haben. Er selbst geistert irgendwo zwischen den Kesseln oder in den Kohlenbunkern herum. Der Mann hat Zugang zu den sensibelsten Bereichen des Schiffes.«
    Patsymoon Sterlingtree war enttäuscht. Warum erwähnte er mit keinem Wort die Stiefel, die sie da unten ausfindig gemacht hatte? Das war doch eine wichtige Spur. Vielleicht ließ sich im Bauch des Schiffes noch Witterung aufnehmen, wie man so sagte. Sie war fest entschlossen, Dr. Breastsucker um eine kurze Untersuchung des Beweisstücks zu bitten. Der Mann war schließlich Akademiker. So etwas Ähnliches wie ein Arzt.
    »Miss Sterlingtree, die Lage ist ernst. Wir haben einen unsichtbaren Gegner, der das Schiff und alle Passagiere an Bord bedroht. Und wir haben wir einen Untoten.«
    »Sie meinen noch ein Gespenst?«
    »Unsinn. Wir haben einen Dichter, der offiziell seit elf Jahren tot ist und in einem Pariser Grab liegt. Doch tatsächlich lebt der Mann, taucht hier urplötzlich auf und ist auf dem Weg nach Amerika, um die Welt mit seiner Existenz und einem neuen Buch zu beglücken. Zweifellos ein Mann mit Feinden.«
    »Sie meinen, der Fürst hat Mr. Smooth Gentle in fremdem Auftrag niedergestreckt?«
    »Ermordet, Miss Sterlingtree. Wir befinden uns nicht in einem Roman.«
    »Vielleicht doch.«
    Miss Sterlingtrees Stimme klang verschwörerisch.
    »Stellen Sie sich vor, da draußen ...«
    »Draußen?«
    »... also außerhalb dieses Romans gibt es einen Leser, der in genau diesem Moment diese Zeilen liest.«
    Finch-Meyers stöhnte.
    »Miss Patsy, Ihre Geisterbeschwörung in allen Ehren, aber wie soll uns das weiterhelfen?«
    »Nun, wir brauchen uns nur auf die Spur des Autors zu setzen. Was passiert ...«
    »Miss Sterlingtree, vielleicht gehen Sie rasch hinunter auf die Krankenstation und bitten um ein Beruhigungsmittel.«
    »Nehmen wir also an, dies ist ein Roman, und versetzen wir uns nun einen Augenblick in den Autor.«
    »Was soll das bringen?«
    »Er hat ein Problem.«
    »Der Autor?«
    »Er muss einen wirklich durchtriebenen Burschen in diese Geschichte schicken. Vielleicht auch zwei. Komplizen. Mit einem klaren Motiv, das uns allerdings unbekannt ist.«
    »Warum?«
    »Wüssten wir den Grund, dann wäre der Fall bereits gelöst.«
    »Miss Sterlingtree, können wir bitte ...«
    »Sie sollten es mal mit dieser Methode probieren. Man sieht die Dinge dann gewissermaßen von oben. Ganz emotionslos. Hinter allem steckt ein großer Plan.«
    »Das ist Blasphemie, Miss Sterlingtree.«
    »Oh, so war das gar nicht gemeint. Es geht ja nur um den Blickwinkel.«
    »Dennoch wäre ich dankbar, wenn wir uns wieder ...«
    »Sicher. Also, wo waren wir?«, entgegnete Miss Sterlingtree.
    »Der Fürst der Finsternis bringt also Mr. Smooth Gentle um.«
    »Wer weiß das schon?«
    »Und warum will er diesen Butler James mit einer Bombe zur Strecke bringen?«
    Mr. Finch-Meyers verfiel ins Brüten.
    »Lauter lose Enden. Vielleicht geht es um das, worum es meistens geht.«
    Patsymoon Sterlingtree blickte ihn fragend an.
    »Nun, die Liebe, die Eifersucht. Ich hatte das Gefühl, dass dieser Salon-Anarchist ein Auge auf die gute Miss Sophie geworfen hatte ...«
    »Und die hat etwas mit ihrem Butler, und deshalb muss er aus dem Weg geräumt werden? Also bastelt er eine Bombe und versteckt sie in James’ Kabine?«
    »Unsinn, aber der Butler ist in diesen Mord verwickelt. Schon dieser verschlagene Blick. Und immer riecht er nach Alkohol. Säuft das ganze Schiff leer, der Mann.«
    Was ihrem Chef alles auffiel! Gut, es mangelte ihm ein wenig an Fantasie, aber seine Beobachtungsgabe war phänomenal. Sicher, auch sie hatte den Butler schwanken sehen, dem aber weiter keine Bedeutung beigemessen.
    Finch-Meyers fuhr sich über den Leib.
    »Dieser Andrej Balgakov schlägt mir furchtbar auf den Magen. Seit Tagen dieses Bauchdrücken. Als hätte ich einen toten Vogel vertilgt. Wir müssen uns diesen Anarchisten greifen.«
    »Aber wo finden wir ihn?«
    »Er wird uns finden. Wir stellen ihm eine Falle.«
     
    * * *
     
    Der Anblick war erschütternd. Da standen zwei erwachsene Menschen um einen Tigerkäfig und ließen ein Pendel hin und her schwingen.
    Für James war dies

Weitere Kostenlose Bücher