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Dinner for One auf der Titanic

Dinner for One auf der Titanic

Titel: Dinner for One auf der Titanic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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dem aufmerksamen Blick des Tigers stocherten sie im Heu. Er streckte seine Tatze aus, legte sich auf die Seite und schlummerte schnarchend ein.
    »Sophie, ich fürchte, da ist nichts«, sagte Dr. Breastsucker.
    »Es muss da sein. Ich habe gesehen, wie er es in den Käfig geschoben hat.«
    »Wer?«
    »Das tut nichts zur Sache. Es muss da sein. Es sei denn ...«
    Miss Sophie wandte sich langsam Breastsucker zu, und James lief ein Frösteln über den Rücken.
     
    * * *
     
    Der Körper von Dr. Philatus Breastsucker pendelte am Kronleuchter unter der Kuppel des Treppenaufgangs. Die Zunge war aus seinem Mund gerutscht, und die weit aufgerissenen Augen zeigten einen Ausdruck des Erstaunens.
    Der Tod musste ihn mit einer Überraschung begrüßt haben. Hinter dem Toten tickte auf dem Treppenabsatz die von zwei Engeln gehaltene Uhr.
    Vor dieser Treppe hatte Patsymoon Sterlingtree großen Respekt. Über ihre Stufen schritten zu den Essenszeiten die Passagiere der ersten Klasse in den großen Speisesaal hinunter.
    Die Damen in ihren bodenlangen, sündhaft teuren Kleidern und die Herren in Anzügen aus englischem Tuch. Dieser zur Schau gestellte Reichtum und der glitzernde Schmuck machten sie immer ganz nervös.
    Ja, dachte Patsymoon Sterlingtree, es waren eben Menschen aus einer anderen Welt.
    »Verdammte Sauerei«, sagt Kapitän Smith. »Finch-Meyers, wie konnte das passieren?«
    »Keine Ahnung, Sir.«
    »Wofür bezahlt man Sie eigentlich? Eine Heuer der Ahnungslosigkeit, oder was? Was verdammt noch mal ist das? Was geht auf meinem Schiff vor?«
    Der Kapitän deutete auf die Stange, die aus Breastsuckers Brustkorb ragte.
    »Eine Fischbeinstange, Sir.«
    »Wie kommt die an Bord?«
    »Davon dürfte es auf der Titanic Tausende geben.«
    »Und ich weiß nichts davon?«
    »Es handelt sich um den Halt gebenden Bestandteil eines Korsetts.«
    »Und was hat das im Körper von Dr. Breastsucker zu suchen? War der Mann eine Tunte? Regelrecht hingerichtet, und verdammt noch mal, woran hängt er da? Das sieht ja aus ...«
    »Ein Büstenhalter, Sir«, sagte Miss Sterlingtree.
    »Großer Gott.«
    »Er muss selbst hochgeklettert sein«, sagte Finch-Meyers. Kapitän Smith in seinem Morgenmantel schüttelte den Kopf.
    »Wie ein Affe? Unmöglich. Ich weiß, ich weiß, diese Psychoheinis sind verdrehte Leute, natürlich. Aber sie knüpfen sich nicht selbst mit einem Büstenhalter auf. Und das zu dieser unchristlichen Zeit.«
    »Er dürfte auf eine Leiter gestiegen sein und ...«
    »Sehen Sie vielleicht eine Leiter?«, herrschte der Kapitän ihn an.»Aber wer kann einen Mann von diesem Gewicht da oben aufhängen? Vielleicht zwei Männer?«
    »Schaffen Sie die Leiche fort, bevor den ersten Frühstücksgästen schlecht wird. Verdammt bin ich froh, dass dies meine letzte Fahrt ist. Am Kronleuchter aufgeknüpfte Psychiater, Gott im Himmel. Ich erwarte ihren Bericht um elf Uhr.«
    Eine Serviererin kreischte laut auf und ließ ihr Tablett mit Marmelade, Honig, Brötchen und Kaffee zu Boden fallen. Kapitän Smith stöhnte und versprach, ein paar Matrosen zu schicken, die sich daran machen würden, den Leichnam vom Kronleuchter zu schneiden.
    »Langsam gehen uns die Passagiere aus. Wie gut, dass wir eine Eismaschine an Bord haben«, fuhr Kapitän Smith fort.
    Finch-Meyers betrachtete nachdenklich den vor ihm pendelnden Leichnam. Ja, alles deutete auf diesen Anarchisten.
    »Der Täter hasst seine eigene Herkunft. Und das lässt er an seinen Opfern aus«, sagte er.
    »Wegen des Kronleuchters, und weil es hier am Eingang zum Speisesaal der ersten Klasse passierte?«
    »Sie begreifen rasch, Miss Sterlingtree.«
    »Danke, Sir.«
    »Der Mörder verachtet diese ganze Psychoanalyse. Das macht den Mann ja schon wieder sympathisch.«
    »Deshalb hat er ihn an einem Büstenhalter aufgeknöpft?«
    Finch-Meyers berührte die Hosenbeine des Erhängten und drehte ihn einmal um die eigene Achse.
    »Fällt Ihnen etwas auf, Miss Sterlingtree?«
    »Patsy.«
    »Nun, ich glaube nicht, dass dies der rechte Ort ist, um unsere Konversation auf neue Beine zu stellen.«
    »Auffallen? Nun, der großen Ausbuchtung nach zu urteilen, konnte sich der Mann zeit seines Lebens eines großen Gemächts erfreuen.«
    Finch-Meyers räusperte sich.
    »Diese Vergrößerung ... nun, eine normale Reaktion bei Erhängten. Das Blut wird gestaut. Was fällt Ihnen noch auf?«
    »Die fehlende Leiter?«
    »Die Pantoffeln, die der Doktor trägt. Er muss in aller Eile aus seiner Kabine gestürzt sein und

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