Dinner for One Killer for Five
Bilderrahmen in den Salon. Das wird unseren Gästen von drüben gefallen.«
* * *
Oggerty strich durch die Pubs von London. Er hatte sich vorgenommen, möglichst unauffällig an den Chefinspektor heranzukommen. Diese Geisterbeschwörung war ihm gehörig in die Glieder gefahren. Wenn es um Geister ging, dann waren das genau genommen Tote, und für Tote und Vermisste war im Yard nun mal ihre Abteilung zuständig. Der Chefinspektor musste eingreifen.
Außerdem hatte er bei einem kurzen Blick in den Kamin weitere Porzellanscherben entdeckt. Diesmal von einer anderen Figur. Er tippte immer noch darauf, dass hinter diesen Spukgeschichten ein Komplott steckte. Doch gegen wen konnte es gerichtet sein? Ging es um Erpressung? Auszuschließen war das nicht.
Er hatte die ganze Zeit über diesen Butler scharf im Auge behalten, und eines war ihm dabei aufgefallen: Der Mann war heller im Kopf, als es den Anschein hatte. Allein seine Fragen an Mr. Winterbottom! Fast hatte er geklungen, als strebte er selbst eine Laufbahn als Geisterdompteur an.
Oggerty suchte verschiedene Pubs auf, doch nirgends konnte er eine Spur von Chefinspektor DeCraven entdecken. Am liebsten hätte er nach ihm gefragt, doch das war unmöglich. Schließlich war er undercover unterwegs. Wahrscheinlich hatte er sich nach Piccadilly und Westminster nun in einen anderen Stadtteil vorgearbeitet. Auf der feuchten Trinkerspur von Miss Kinkerley.
* * *
Geistiges Getränk! Dieser Winterbottom lag goldrichtig, und auch er, James, hatte es ja immer gewusst: Ein ordentlicher Schluck Whisky konnte nicht schaden. Im Gegenteil: Er ver-half sogar zu höherer Erkenntnis und zu Erfahrungen, die normalen Sterblichen für immer verschlossen bleiben mussten. Nein, in ihm steckte weit mehr. Seine Liebe zu Miss Sophie, das war keine Liebe zwischen Lakai und Herrin, nein, da hatten sich verwandte edle Seelen getroffen. Die Mächte in den Zwischenreichen würden ihm das bestätigen.
James leerte das Glas in einem Zug und ließ sich auf sein Bett fallen. Langsam dämmerte ihm, dass die ganze Angelegenheit einen Haken hatte. Durch seinen regelmäßigen Alkoholkonsum war eine gewisse Gewöhnung nicht zu leugnen. Und die störte zweifellos seinen Kontakt zu den anderen Welten. Ratlos blickte er sich in seinem Zimmer um. Auf dem kleinen Waschtisch stand noch das Gesundheitselixier, das Mr. Pommeroy aus einer wohldosierten Mischung von Holunderbeeren, Vogelbeeren, diversen Pilzen und Sternanis gemischt hatte. Auch Thymian, Muskatnuss und allerlei fremdländisch klingendes Zeug waren darin. Einen halben Teelöffel täglich davon hatte der selige Archibald Pommeroy ihm zur Stärkung der Abwehrkräfte und zum Aufbau der Muskeln verordnet. Keinesfalls mehr. Gleich daneben stand die Hagebutten-Tollkirsch-Salbe, auf die Mr. McKinseys Großmutter geschworen hatte. Eigentlich sollte er sich damit jeden Tag seine Gelenke einreiben. Allerdings hatte das scharfe Zeug bei ihm einen heftigen Juckreiz ausgelöst, so dass er lieber darauf verzichtete.
James gab Salbe und Gesundheitselixier in die Wasserkaraffe. Dann füllte er die Mixtur mit seiner Reserveflasche Whisky auf. Während er mit einem Kleiderbügel umrührte, entdeckte er die Möbelpolitur auf seinem kleinen Arbeitstisch. Das Etikett versprach »den Glanz Ihrer Träume«. James ließ ein wenig Spritzer hineintropfen, dann überlegte er es sich anders und goss den gesamten Flascheninhalt in die Karaffe. Im Umgang mit den jenseitigen Welten durfte man nicht kleinlich sein. Vorsichtig prüfte er das Gebräu. Schmeckte gar nicht mal übel.
Er goss die Flüssigkeit in seinen Zahnputzbecher und machte es sich damit auf dem Bett bequem. Es musste wohl das siebente oder auch neunte Glas sein, das die Tür zu seiner Kammer öffnete. Ein milder Wind blies einige Blätter und dann eine ganze Wiese hinein. Sie legte sich sanft über den Läufer und duftete frisch. Von fern hörte er das Stampfen von Pferdehufen. Der Wind heulte auf und peitschte die Äste des Ahorns, der direkt über dem Waschtisch in den Himmel ragte. Schnaufend und wiehernd kam ein schweißnasses schwarzes Pferd einen Meter vor ihm zum Stehen. Auf seinem Rücken saß ein Ritter in einer weißen Porzellanrüstung. James beugte seinen Kopf tief hinunter auf die Wiese und erwartete demütig den Hieb mit dem Schwert. Doch nichts geschah. Zögernd richtete er sich wieder auf. Der Ritter schob sein Visier hoch, und James glaubte, Mr. Winterbottom zu erkennen, aber das konnte
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