Dinner for one, Murder for two
zwanzig und sah mit seinen platinblonden abstehenden Haaren und dem Ringelpullover eher aus wie ein Rockmusiker.
Kwiatkowski betrat einen winzigen Laden, der voller Regale mit Computerteilen und -zubehör stand. Der junge Mann schlängelte sich traumwandlerisch sicher zwischen Kartons hindurch bis zu einer unansehnlichen Stahltür, öffnete sie und bat Carlos, hindurchzugehen. Der fand sich plötzlich in einer anderen Welt wieder: hohe helle Räume, elegante Büromöbel und mehrere Personen, die per Telefon ihre Gesprächspartner freundlich und geduldig durch deren persönliche Hölle aus Computerabstürzen und Programmfehlern dirigierten.
Klar, dachte Kwiatkowski, in einem Chaos wie dem ersten Raum kann man das Chaos anderer Leute nicht sortieren.
Alle Räume gingen in einen gepflegten Garten hinaus, in dem jemand statt eines Schneemanns einen angebissenen Apfel aus Eis modelliert hatte. Richard Arnold verfolgte Kwiatkowskis Blick.
»Im Sommer setzen wir den besten Computern mit dem Schnitt unserer Buchsbaumhecke ein Denkmal«, sagte er stolz.
Carlos nickte, als würde er verstehen, und zeigte dann zurück zur Stahltür.
Richard Arnold zuckte mit den Achseln. »Das ist unsere natürliche Auslese. Wer meint, durch das Aussehen des Vordereingangs unsere Kompetenz einschätzen zu können, hat sie weder nötig noch verdient.«
Er schob den noch immer sprachlos staunenden Journalisten in sein Büro, setzte sich an einen perfekt aufgeräumten Glasschreibtisch und klopfte mit der flachen Hand auffordernd auf die Platte. »Dann zeigen Sie mir mal den Problemfall.«
Carlos stellte seinen Laptop auf die Theke und klappte ihn auf. »Nicola Balhatchet hat Sie mir empfohlen. Aus Hideaway. Sie sagte, wenn Richard Arnold dir nicht helfen kann, deine Daten wiederzubekommen, dann hattest du gar keine.«
Der junge Mann schnalzte mit der Zunge. »Nicola. Meine Traumfrau. Ich habe allerdings das Gefühl, dass mich jemand im Rennen um ihre Gunst überholt hat. Ich mach das hier für Sie, und Sie legen dafür bei ihr ein gutes Wort für mich ein, ja?« Er stellte den Rechner an und sagte: »Sie haben doch bestimmt einiges zu tun. Einkaufen. Oder irgendwelche Recherchen. Ich ziehe es vor, ganz in Ruhe zu arbeiten.«
Kwiatkowski schüttelte heftig den Kopf. »Ich würde gern hier warten.«
»Besuchen Sie doch das Geburtshaus von Gustav Holst«, schlug Richard Arnold unbeirrt vor, »wunderbarer Komponist. Hat großartige Musik geschrieben. Die Planeten, kennen Sie doch bestimmt. Hören Sie sich am besten alle Musikbeispiele an. Es kann eine Weile dauern, bis ich …«
»Ich bleibe hier«, unterbrach ihn der Journalist.
»Die Daten sind also nicht nur wichtig – sie sind auch heikel.« Richard Arnold klappte den Laptop zu und schob ihn Carlos hin. »Dann gehen Sie am besten zum Hacker Ihres Vertrauens.«
»Nein, nein«, wehrte Kwiatkowski ab, »selbst wenn es bedeutet: Je heikler, desto teurer.«
»Sieh an.« Der Computerfachmann verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie bieten mir Schweigegeld?«
»Ich zahle jeden Preis, wenn ich dafür erfahre, was mit meinen Daten passiert ist«, sagte Carlos beschwörend.
»Und holen sich das Geld durch Erpressung wieder rein?«
Kwiatkowski schnappte empört nach Luft. »Ich bin Journalist!«
»Eben«, gab Richard Arnold grinsend zurück.
»Nicola hat nicht nur Ihren außergewöhnlichen Intellekt gepriesen. Sie hat mich auch vor Ihrem eigenwilligen Humor gewarnt«, sagte Carlos zähneknirschend. »Und ich erkenne gerade, dass beides ein- und dasselbe ist.«
Richard Arnold lachte und zog den Computer wieder zu sich herüber.
Lysander Smith-Bates presste entnervt die Lippen zusammen und versuchte sich darauf zu konzentrieren, den Wagen über die schmale, unübersichtliche Landstraße zu lenken. Als wären die winterlichen Straßenverhältnisse nicht schon nervenaufreibend genug, saß Hasso von Kestring neben ihm und gestikulierte wild, während er seit Beginn der Fahrt abwechselnd Schnupftabak konsumierte und wortreich beschrieb, wie er sich Bühnenausstattung und Requisiten für seine Inszenierung vorstellte.
Holt der Mann zwischendurch überhaupt mal Luft?, dachte Lysander, während von Kestrings Stimme an seinem Ohr vorbeirauschte. Oder will er mit dem Geschwafel davon ablenken, dass von seinem ursprünglichen Konzept nicht viel übriggeblieben ist? Wie kann ein Mensch nur überhaupt so viel und so schnell reden? Gibt es dafür nicht einen Begriff? Richtig – Logorrhö. Und
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