Dinner for one, Murder for two
Verhältnisse der winterlichen Königsburg zu Helsingör authentisch nachzuempfinden?«
»Nein, wir müssen bestimmt nachts auf der Terrasse Wache schieben, bis der Chef uns als Geist erscheint«, murmelte Johannes Berkel, was Barbara-Ellen neben ihm ein anerkennendes Lächeln entlockte.
Setzt dem Mann keine Flöhe ins Ohr, dachte Pippa alarmiert, das hält Hasso bestimmt für prima Ideen.
Sie blickte sich um. Hendrik triumphierte, das war nicht anders zu erwarten. Sir Michaels Gesicht war undurchdringlich, Dana schien desinteressiert, und Alain las angestrengt in seinem Textbuch, um seine Missachtung zu demonstrieren. Berkel schlenderte heran und sah ihm über die Schulter. Der Franzose deutete auf eine Textstelle, und sie lachten leise.
Phoebe hielt sich im Hintergrund, war aber mit ihrem Sohn sichtlich unzufrieden. »Ein Anruf reicht nicht, da muss er unbedingt selbst hinfahren. Brüssel ist ja nicht aus der Welt«, flüsterte sie Pippa zu. »Er muss den zuständigen Leuten persönlich klarmachen, wie es hier zugeht.«
»Ich verstehe Ihre Vorbehalte«, sagte Smith-Bates gerade, »aber wir sind alle erwachsene Menschen und wissen mit derartigen Situation erwachsen umzugehen. Shakespeare zählt, nicht unsere persönlichen Befindlichkeiten.«
Pippa runzelte die Stirn. Ich habe dich schon überzeugender erlebt, Lysander.
»Wir wollen gemeinsam ein Projekt realisieren, das internationale Aufmerksamkeit erringen soll. Herr von Kestring und seine Frau haben bereits Anfragen aus sieben Ländern, von Russland bis Italien. Mit Geduld und etwas gemeinsamem guten Willen wird dieses Ensemble auf Europatournee gehen. Ich möchte Sie deshalb alle inständig bitten, in Ihrem, unserem und Shakespeares Sinne zu handeln.«
Ein Raunen ging durch die Reihen der Mitspieler. Chris biss aufgeregt auf seinen Daumennagel, Dana stand auf und kam interessiert ein paar Schritte nach vorne, und Alain und Johannes Berkel klatschten sich erfreut ab.
Sieh an, dachte Pippa. Damit hat von Kestring alle wieder an Bord. Das muss man ihm lassen, er weiß mit den Eitelkeiten seiner Schauspieler umzugehen. Wenn er will. Und es seinen eigenen dient.
Smith-Bates blickte sich in der Runde um und atmete erleichtert auf, als er endlich die erhoffte Zustimmung in den Gesichtern der Schauspieler sah. »Und jetzt hat Herr von Kestring Ihnen noch etwas zu sagen.«
Der Regisseur lächelte künstlich. »Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen. Bitte glauben Sie mir, dass ich die Waffe aus Versehen mit scharfen Patronen geladen habe. Es war nicht meine Absicht, Sie zu erschrecken oder in Gefahr zu bringen.«
»Glatt gelogen«, zischte Phoebe aus dem Hintergrund.
Von Kestring warf ihr mit hochgezogenen Brauen einen Blick zu. »Im Übrigen: Wer nicht mit mir arbeiten will, dem steht es frei, das Ensemble zu verlassen. Ich habe eine lange Liste von ehrgeizigen Kollegen, die mit Freuden Ihren Platz einnehmen.«
Schlagartig änderte sich die Stimmung im Ensemble wieder, und die freudige Aufregung der Schauspieler verstummte.
Smith-Bates runzelte verärgert die Stirn über von Kestrings unnötige Provokation und ergriff hastig das Wort: »Ich gehe davon aus, dass es keine Vorfälle mehr geben wird. Von keiner Seite. Sollten Sie etwas auf dem Herzen haben, wenden Sie sich bitte an Pippa; sie vertritt das Shakespeare Birthday Festival in meiner Abwesenheit und steht immer mit mir in Verbindung. Scheuen Sie sich nicht, mit uns zu reden. Es ist uns sehr wichtig, dass sich alle wohl fühlen. Sie genauso wie ich.« Er fuhr sich mit der Hand über das müde Gesicht.
Das ist das Erste, was ich dir glaube, dachte Pippa. Lysander wirkte bekümmert, so als müsste er zuallererst sich selbst zwingen, diese Situation zu akzeptieren.
»Und jetzt wird geprobt«, sagte von Kestring in die betroffene Stille hinein und rieb sich die Hände. »Wir haben bereits viel zu viel Zeit vergeudet. Folgen wir unserer Mission: mein … unser Hamlet Reloaded ! Beginnen wir mit Polonius und Laertes – Sir Michael und Hendrik, bitte.«
Die beiden Schauspieler gingen auf die Bühne und warteten auf genaue Anweisungen.
»Erster Akt, dritte Szene: Polonius verabschiedet Laertes nach Paris. Wir beginnen mit: Noch hier, Laertes? An Bord, an Bord … Und bitte.«
Von Kestring ließ sich auf einen Stuhl fallen und nahm eine Prise Schnupftabak; Lysander zog sich in einen der Sessel am Fenster zurück und schüttelte abwehrend den Kopf, als Phoebe ihn ansprechen wollte.
Pippa war
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