Dinner for one, Murder for two
doch heutzutage kein Mensch mehr! Er jedenfalls nicht. Sollte der PaperRazzi die Serie über diese langweilige Truppe trotz Kwiatkowskis Tod fortsetzen wollen – was er sich nicht vorstellen konnte –, so würde er, Nigel Hurst, sich auf jeden Fall mit Händen und Füßen wehren, diese zu übernehmen. Und das Interview mit dieser alten Krähe würde er in den nächsten Papierkorb werfen.
Mürrisch sah er sich um. Er hatte noch immer nicht begriffen, wie er in diese Situation geraten war, aber nun war es zu spät.
»Ah, ein Reporter der alten Schule«, säuselte Phoebe und stellte ein Tablett mit Tassen, Teekanne und Gurkensandwiches auf den niedrigen Tisch. »Sie schreiben mit der Hand, sehr sympathisch.«
Phoebe goss Tee ein und ließ sich anmutig in einen Sessel sinken. Sie hatte sich in ein fließendes Gewand gehüllt und spielte mit einem hauchzarten Chiffonschal Grande Dame.
»Also, junger Mann, was wollen Sie von mir wissen? Frei heraus – fragen Sie mich alles, was Sie wollen.« Sie drohte ihm neckisch mit dem Finger. »Alles, bis auf mein Alter und meine Liebhaber.«
»Ja, also … äh …«, stammelte Nigel Hurst.
»Sind Sie eigentlich der Ersatzmann für Carlos Kwiatkowski?«, redete Phoebe munter weiter. »Dann wissen Sie ja sicherlich, dass der Leiter des diesjährigen Shakespeare Birthday Festivals mein Sohn Lysander ist. Ich bin so stolz auf ihn, wie eine Mutter nur sein kann … möchten Sie auch Whisky in Ihren Tee? Genau das Richtige bei diesem schrecklichen Winterwetter.«
Ohne seine Antwort abzuwarten, goss sie einen respektablen Schuss in seine Teetasse.
»Also, mein Sohn Lysander sagt …«, plapperte sie, während sie sich so drehte, dass sie aus dem hinteren Küchenfenster nach Nicola Ausschau halten konnte, die mit wehender Jacke durch den Garten huschte, »… das wird eine bemerkenswerte Inszenierung. Das Ensemble kommt aus ganz Europa. Ich habe in meinem langen Theaterleben ja auch die Ophelia gespielt, aber diese junge Frau, Anita Unterweger, übrigens Österreicherin, ist ebenfalls außerordentlich begabt. Das findet mein Sohn Lysander auch … wollen Sie sich denn gar keine Notizen machen, Nigel?«
Sie schenkte Tee und Whisky nach, seinen halbherzigen Protest ignorierend.
»Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, Ophelia. Meine erste Ophelia, das war 1952 …«
Nigel Hurst griff nach dem Stift und seufzte.
Pippa hatte sich in den Ohrensessel zurückgezogen, aus dem Sir Michael oft die Aussicht auf die Gärten von Hetty und Phoebe genoss. Dana, Sir Michael und Alain standen auf der Bühne und spielten die Szene, in der Gertrud und Claudius Hamlet überreden wollen, in Dänemark zu bleiben.
»Nicht so verkniffen, Dana«, sagte von Kestring, »Sie sollen mit Claudius flirten. Sie sind frisch verheiratet, aber Sie sehen aus, als würden Sie ihn am liebsten erwürgen.«
Ach, plötzlich siezt man sich wieder?, dachte Pippa und drehte sich neugierig zur Bühne um. Die wissen auch nicht, was sie wollen … Oder versucht der gute Hasso, sich diskret zu geben?
Dana stemmte die Hände in die Hüften und funkelte den Regisseur wütend an.
»Ich weiß, dass Ihnen Sanftheit nicht in die Wiege gelegt ist, Dana, aber versuchen Sie doch wenigstens, charmant und liebenswürdig zu erscheinen. Das nennt man übrigens Schauspielern.«
»Wenn Sie uns endlich die Gelegenheit gäben, in unsere Rollen hineinzuwachsen, dann würde mir das auch gelingen«, gab Dana hitzig zurück.
»Ich habe Ihnen genug Gelegenheiten geboten«, sagte von Kestring süffisant, »Sie haben sie nur leider nicht genutzt, meine Liebe.«
Angewidert wandte Pippa sich wieder von der Bühne ab zum Fenster. Sie traute ihren Augen kaum, als sie Nicola entdeckte, die zur Hintertür von Cosy Cottage schlich und hineinschlüpfte. Nach kurzer Zeit tauchte sie mit der gelben Dossier-Mappe von Kwiatkowski wieder auf und flitzte durch die Gärten in Richtung Laden.
Ihr Biester, dachte Pippa, und ich habe einen Moment lang wirklich gedacht, Phoebe will mir helfen. Wenn Nicolas kleiner Kopierer das mal aushält …
Auf der Bühne eskalierte die Auseinandersetzung zwischen Dana und von Kestring.
»Mir reicht es jetzt«, schrie Dana und stampfte mit dem Fuß auf, »das muss ich mir von niemandem bieten lassen, auch von meinem Regisseur nicht!«
Sie sprang von der Bühne und marschierte aus dem Raum.
Von Kestring drehte sich lächelnd zu Pippa um.
»Wieder eine weniger«, sagte er, »jetzt sind mir alle Frauen
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