Dinner for one, Murder for two
sein wie damals, zu Shakespeares Zeiten.«
Pippa riss der Geduldsfaden. »Damals gab es keine Regisseure, Sie … Sie … Kretin!«, brüllte sie mit allem, was ihre Lungen hergaben.
Völlig ungerührt zuckte von Kestring mit den Achseln. »Jede Zeit hat ihre Nachteile. Ich picke mir heraus, was in mein Konzept passt. Keine Frauen: passt. Kein Regisseur: passt nicht. In meinem Universum bin ich Gott.«
»Sie verdienen die Bühne nicht, von Kestring«, schrie Pippa, die endgültig den Kampf um ihre Beherrschung verloren hatte. »Ich hoffe inständig, jemand sorgt dafür, dass für Sie sehr bald der Vorhang fällt! Und ich hoffe, dieser Jemand verschafft Ihnen einen ebenso brutalen Abgang, wie Sie ihn Ihren Schauspielern zumuten!«
Der Regisseur wollte antworten, bekam aber kein Wort heraus. Er schnappte nach Luft und wurde grau im Gesicht. Binnen Zehntelsekunden war sein Gesicht schweißüberströmt, und seine Augen irrten orientierungslos umher.
»Mir ist übel …«, murmelte er mit weißen Lippen. Dann wankte er die zwei Schritte zur Parkbank hinter ihnen und sackte darauf zusammen.
»Jawoll, das hat gesessen!«, rief Duncan und streckte eine Faust in die Luft. »Damit hat sie ihm das Maul gestopft! Bravo, Pippa!«
Begeistert klatschte er mit Johannes ab und riss Anita in eine stürmische Umarmung.
Um Sir Michaels Mundwinkel spielte ein anerkennendes Lächeln, als er sagte: »Das ist Hettys Enkelin. Ich wusste, wenn sie nur halb so viel Schneid wie Hetty Wilcox hat, ist sie die perfekte Besetzung für diesen Job.«
»Ich gehe wieder hinein, mir ist kalt.« Dana rieb sich fröstelnd die Hände. »Von Kestrings große Show ist vorbei, und jetzt geht es hoffentlich normal mit den Proben weiter.«
Barbara-Ellen reckte den Hals, und ihr Blick wurde starr. »Das ist keine Show. Das ist … Pippa ruft nach einem Arzt!«
Sie sprintete zu der nur wenige Meter entfernten Bank, gefolgt von den anderen. Johannes rannte zur Praxis des Arztes, um Hilfe zu holen.
Von Kestring lag zitternd rücklings auf der Bank. Barbara-Ellen setzte sich zu ihm und nahm seinen Kopf vorsichtig auf ihren Schoß.
»Alles wird gut«, sagte sie immer wieder, bis der Regisseur plötzlich die Augen verdrehte, seinen Kopf zur Seite wandte und sich übergab. Krämpfe schüttelten ihn, und Schaum trat ihm aus dem Mund.
»Was ist denn los? Hat er sich an seiner eigenen Bosheit verschluckt?«, rief Amanda Bloom, die in Kittelschürze und Hausschuhen aus dem Haus gestürzt war, um ja nichts zu verpassen. Sie drängte sich durch das Ensemble, das schweigend und betroffen um die Bank herum stand.
»Seit die hier sind, gibt es nur Ärger«, brummte John Napier.
»Sieht aus, als müsstest du wieder eine Kiste bauen, John«, raunte der Mann mit dem Hund neben ihm.
»Haltet die Klappe!«, fauchte Phoebe, die ebenfalls herangekommen war und die schockierte Pippa im Arm hielt. »Das ist kein Spaß!«
Die Sekunden dehnten sich zu einer Ewigkeit, bis Johannes endlich mit dem Arzt auftauchte. Gleichzeitig trafen der Tierarzt und Debbie ein. Sofort bildete sich eine Gasse.
»Endlich, James.« Phoebe atmete erleichtert auf.
»Ich bin Dr. Bowes«, sagte der Arzt ruhig zu Barbara-Ellen, die noch immer den Kopf ihres mittlerweile bewusstlosen Mannes hielt. »Ich kümmere mich jetzt um ihn. Und Sie treten bitte alle ein Stück zurück. Martin, hilf mir bitte.«
Dr. Bowes und Dr. Mickleton bemühten sich nach Kräften, von Kestring wiederzubeleben, aber weder Herzmassage noch Mund-zu-Nase-Beatmung halfen.
Als endlich die Sirene des Notarztwagens näher kam, war es bereits zu spät. Hasso von Kestring, der selbsternannte Fixstern deutschen Regietheaters, war vor den Augen seines Ensembles und der vollzählig versammelten Bevölkerung Hideaways erloschen wie eine Sternschnuppe.
Niemand sprach, nur Barbara-Ellens Schluchzen war zu hören. Erstaunt stellte Pippa fest, dass der Tod des Regisseurs sie selbst merkwürdig kaltließ.
Ein Egozentriker ist vor großem Publikum von der Bühne abgetreten, dachte sie, das könnte glatt von ihm selbst inszeniert sein.
Mitten hinein in die Stille fragte Hendrik Rossevelt: »Und wer spielt jetzt den Hamlet?«
ippa machte sich inzwischen ernsthafte Sorgen um Peter Paw. Es war Freitagmorgen, und der Kater war seit zwei Nächten nicht aufgetaucht. Der Schreck über von Kestrings Tod hatte Pippa von der Suche nach ihm abgelenkt, aber jetzt lief sie durchs Dorf, um nach ihm Ausschau zu halten. Es herrschten
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