Dinner fuer drei Roman
nicht den ganzen Nachmittag hier bei Daddy sitzen. Wenn Carmen und ich fertig sind, zeige ich dir, wie man die Schuhe zubindet.« Ihre Miene wurde streng. »Und dieses Mal siehst du besser zu, dass du es richtig machst.«
Eric widerstand der Versuchung, seine zerbrechliche behinderte Tochter vor ihrer dominanten Schwester zu beschützen. Rachel hatte wenig Geduld mit der langsamen Becca, obwohl sie zugleich ihr gegenüber einen ausgeprägten Beschützerinstinkt an den Tag legte und sie offenbar von Herzen liebte. Obgleich er ihr, sobald sie alt genug gewesen war, das Downsyndrom erklärt hatte, unter dem ihre Schwester litt, weigerte sie sich, Beccas Langsamkeit zu akzeptieren, und trieb sie gnadenlos zu immer neuen Bemühungen an. Vielleicht war ihre
Unerbittlichkeit einer der Gründe, weshalb Becca wesentlich schneller Fortschritte erzielte, als nach Aussage der Ärzte zu erhoffen gewesen war.
Eric wusste, dass das Downsyndrom, entgegen der allgemeinen Annahme, in den verschiedensten Ausprägungen vorkam. Die Kinder waren zwischen leicht und mittelstark zurückgeblieben und wiesen die unterschiedlichsten geistigen und körperlichen Fähigkeiten auf. Rebecca war aufgrund des zusätzlichen siebenundvierzigsten Chromosoms, das ihre Behinderung verursacht hatte, leicht in ihrer Entwicklung gehemmt, dennoch gab es keinen Grund zur Annahme, dass sie deshalb kein erfülltes und sinnvolles Leben führen könnte.
Als Rachel aus dem Raum verschwand, kam Becca, am Daumen lutschend, langsam auf ihn zu. Obwohl die Mädchen keine eineiigen Zwillinge waren und Becca den typischen leicht abgeflachten Nasenrücken besaß, sahen die beiden einander und auch ihm sehr ähnlich. Er zog seiner Tochter sachte den Daumen aus dem Mund, nahm sie in die Arme und küsste sie zärtlich auf die Stirn. »Hallo, meine Süße. Wie geht es Daddys Mädchen?«
»Becca ist wun-der-schön.«
Lächelnd zog er sie an seine Brust. »Das bist du ganz bestimmt.«
»Daddy ist auch wun-der-schön.« Becca sprach langsamer als Rachel, sie ließ häufig Silben aus oder vertauschte irgendwelche Laute. Für Fremde mochte sie zuweilen schwer zu verstehen sein, doch Eric hatte mit ihrer Sprache nicht das geringste Problem.
»Danke, meine Große.«
Sie schmiegte sich an seine Brust, während ein Gefühl tiefen Friedens über ihn kam, wie stets, wenn sie in seinem Arm lag. Obgleich er es nie hätte erklären können, hatte er das Gefühl, als wäre Becca ein ganz besonderes Geschenk des Himmels und das Einzige in seinem Leben, das vollkommen perfekt war. Er hatte sich in der Nähe wehrloser Geschöpfe stets
gefürchtet, doch die Aufgabe, dieses ganz besonders zerbrechliche Wesen zu beschützen, nahm ihm einen Teil von dieser Last. In einer Weise, die er selbst nicht ganz verstand, hatte er gerade durch diese Tochter für Jasons Tod gesühnt.
Über der Beschäftigung mit seinen Töchtern hatte er Laurel Kreuger beinahe vergessen, während diese jeden Aspekt der häuslichen Idylle begierig in sich aufsog. Er hatte zwar nie versucht, Beccas Krankheit zu verbergen, dennoch hasste er es, seine Kinder der Presse auszuliefern, und verbot deshalb rigoros jede Aufnahme der beiden. Obwohl es nicht Laurels Schuld war, dass die Kinder früher als erwartet von ihrem Spaziergang zurückgekommen waren, empfand er es als störend, dass sie Zeugin dieses intimen Augenblicks geworden war.
»Das war’s für heute, Laurel«, erklärte er abrupt. »Ich habe heute Nachmittag noch zu tun.«
»Wir haben doch noch eine halbe Stunde«, protestierte die Journalistin.
»Ich wusste nicht, dass die Mädchen so schnell zurück sein würden.«
»Lassen Sie immer alles stehen und liegen, wenn es um die beiden geht?« In ihrer Frage lag jener leicht vorwurfsvolle Unterton eines Menschen, der keine Kinder hat.
»Immer. Nichts in meinem Leben - weder Beau Monde noch meine Karriere - ist so wichtig wie meine Töchter.« Dies war die persönlichste Erklärung, die er seit Beginn der Interviews abgegeben hatte, doch ganz offensichtlich schenkte sie seinen Worten keinen Glauben. Obgleich er die Sitzung offiziell beendet hatte, machte sie keine Anstalten, ihren Kassettenrekorder auszuschalten oder ihr Notizbuch zuzuschlagen.
»Sie und Ihre Ex-Frau haben doch das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder. Deshalb überrascht es mich ein wenig, dass Sie die Mädchen während der letzten Monate nicht bei ihr gelassen haben, statt sie aus der vertrauten Umgebung fortzureißen und quer durch das
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