Dinner fuer drei Roman
waren generell tabu.
»Sie sind ein ziemlich verschlossener Mensch, Eric, nicht wahr?«
Um Zeit zu gewinnen, streckte er erneut die Hand nach der Zigarettenschachtel aus. »Was wollen Sie damit sagen?«
»Ich interviewe Sie inzwischen seit mehreren Tagen, und ich habe immer noch keinen blassen Schimmer von dem, was in Ihnen vorgeht. Sie sind wahrscheinlich der verschlossenste Mensch, der mir je begegnet ist. Und damit meine ich nicht nur die Art, in der Sie persönlichen Fragen nach Ihrer Scheidung oder Ihrer Vergangenheit ausweichen. Ihnen kommt ganz einfach nie ein unbedachter Satz über die Lippen, stimmt’s?«
»Wenn ich ein Baum sein könnte, wäre ich eine Eiche.«
Sie lachte. »Ehrlich gesagt, haben Sie mich ziemlich überrascht. Erzählen Sie mir, warum ᅳ«
Ehe sie jedoch zu einer neuen Reihe von Fragen ansetzen konnte, wurde die Tür des Apartments aufgerissen, und Rachel Dillon kam in den Raum gestürmt. Ihr dunkles, zerzaustes Haar flog wild umher, sodass ihr kleines, zartes Gesicht zu erkennen war, dessen sanfte Züge ein Schokoladenfleck am Mund und ein rundes Pflaster mitten auf ihrer Stirn zierten. Zu ihrer purpurroten Jeans und den pinkfarbenen Turnschuhen trug sie ein Roger-Rabbit-Sweatshirt und eine lange Bernsteinkette, die ihre Mutter ausrangiert hatte. In sechs Wochen wurde sie fünf.
»Daddy!«, kreischte sie entzückt, als hätte sie ihn seit Wochen schon nicht mehr gesehen, obwohl sie ihn erst wenige
Stunden zuvor verlassen hatte. Mit ausgestreckten Armen stürzte sie auf ihn zu, wobei sie um ein Haar eine Vase mit Seidenblumen umgestoßen hätte.
»Daddy, rate mal, was wir gesehen haben.«
Die Sonntagsausgabe der Times , die direkt vor ihr auf dem Boden lag, nahm sie nicht einmal wahr. Rachel ging, wenn sie ein Ziel im Auge hatte, stets völlig achtlos über Hindernisse hinweg.
»Was habt ihr gesehen?« Bevor sie auf der Zeitung ausrutschen und sich den Kopf an dem Kaffeetischchen verletzen konnte, fing er sie mit einer geübten Bewegung auf. Weniger aus Dankbarkeit für die Rettung vor der möglichen Katastrophe, sondern weil sie es selbst nach der kürzesten Trennung immer so machte, schlang sie innig ihre Arme um seinen Hals.
»Du musst raten, Daddy.«
Er zog ihren zappelnden, energiegeladenen Körper auf seinen Schoß und sog den süßen Erdbeerduft des Kinderhaares, vermischt mit dem Geruch von frischem Schweiß - Rachel ging nämlich nie langsam, wenn sie auch laufen konnte ᅳ, in seine Lungen ein. Eine Pandabären-Spange baumelte gefährlich am Ende einer ihrer dunkelbraunen Locken. Während er ernsthaft über die Frage nachsann, zog er die Spange ab und legte sie neben sich auf den Tisch. Rachels Haarspangen flogen überall herum. Einmal hatte er sogar mitten in einer Pressekonferenz eine aus der Tasche gezogen, weil er sie irrtümlich für sein Feuerzeug gehalten hatte.
»Eine Giraffe oder vielleicht Madonna.«
Sie kicherte vergnügt. »Nein, du Dummer. Wir haben gesehen, wie ein Mann auf dem Gehweg Pipi gemacht hat.«
»Genau das sind die Dinge, die wir an New York so lieben«, kam seine trockene Antwort.
Rachel nickte heftig. »Wirklich, Daddy. Mitten auf dem Gehweg.«
»Dann war das wohl euer Glückstag.« Er strich sanft über ihr Pflaster. »Und was macht dein Aua?«
Doch Rachel war nicht bereit, sich so einfach ablenken zu lassen. »Daddy, sogar die brave Becca hat ihm dabei zugesehen.«
»Ach ja?« Erics Miene wurde sanft, als er zu Rachels Zwillingsschwester Rebecca hinunter sah, die an der Hand des Kindermädchens Carmen inzwischen ebenfalls hereingekommen war. Sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln, und er zwinkerte ihr über den Kopf der Schwester hinweg verschwörerisch zu. Dieses Geheimsignal besagte: Rachel war mal wieder die Erste, aber bald wird sie sich langweilen, und dann haben du und ich jede Menge Zeit, um ausgiebig zu kuscheln.
»Daddy, hat Mami angerufen?« Beim Umdrehen prallte Rachel mit dem Kopf unsanft an sein Kinn. »Daddy, sie hat gesagt, dass sie mich heute anruft.«
»Heute Abend, Schätzchen. Du weißt doch, dass sie jeden Sonntag kurz vor dem Schlafengehen anruft.«
Wie erwartet sprang Rachel, da ihr stets innerhalb kürzester Zeit langweilig wurde, von seinem Schoß, lief hinüber zu ihrem Kindermädchen und nahm es bei der Hand. »Komm, Carmen. Du hast gesagt, dass wir noch mit Fingerfarben malen dürfen.« Doch bevor sie das Wohnzimmer verließ, drehte sie sich noch einmal zu ihrer Schwester um. »Becca, bleib ja
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