Dinner fuer drei Roman
Beine herab, als sie ein Stück am Zaun entlangging, obwohl ihr die Pinien und das dichte Gestrüpp nur einen gelegentlichen kurzen Blick auf den geliebten Park gestatteten. Schließlich erreichte sie die alte Lieferanteneinfahrt, die mit einer dicken Kette und einem rostigen Vorhängeschloss gesichert war. Diese Maßnahme war völlig sinnlos, da irgendjemand bereits vor Jahren den Maschendraht des Zauns daneben durchtrennt hatte. Der Park hatte sich bei Plünderern zweifellos großer Beliebtheit erfreut, als es noch etwas zu holen gegeben hatte. Doch inzwischen schienen selbst sie ihm den Rücken zugekehrt zu haben.
Der aufgebogene Maschendraht zerkratzte ihre Beine, als sie über den Zaun stieg, sich durch das dichte Buschwerk zwängte und schließlich auf einen der Wege zwischen zwei halb verfallenen Holzhäusern trat, in denen früher schwere Geräte gelagert worden waren.
Beim Anblick des Verfalls rann ihr ein Schauder über den Rücken. Das Dach des Autoscooters war zusammengebrochen, während der Boden des Picknickpavillons ein Stückchen weiter von dichtem Gestrüpp überwuchert war. Kreisrunde
kahle Flecken auf dem Boden markierten die Stellen, an denen früher die Krake und der Jumper gestanden hatten. Zwischen den Bäumen hindurch war die schlammige Oberfläche des Silver Lake zu sehen, doch die Bobby Lee lag bereits seit Jahren vollständig auf dem Grund.
Staub drang in ihre offenen Sandalen, als sie den verlassenen Hauptweg des Parks hinunterging. Ihre Schritte hallten in der Stille. Ein Stapel verrottetes Holz lag inmitten des Unkrauts, und ein zerrissener, schmutziger blauer Plastikwimpel hatte sich an einem Nagel verfangen und hing schlaff daran herab. Die Spielautomaten waren allesamt verschwunden, und der Duft nach Popcorn und kandierten Äpfeln war inzwischen dem Geruch nach Verfall gewichen.
Sie war der letzte Mensch auf Erden.
Erst als sie im leeren Herzen des Vergnügungsparkes stand, hob sie abermals den Kopf und blickte auf das Skelett der geliebten Achterbahn, von der dieses einsame Universum beherrscht wurde. Mit brennenden Augen betrachtete sie die unbeugsamen Linien: die lange Auffahrt, gefolgt von der Abfahrt, die so steil war, dass man glaubte, sie führte mitten in die Hölle, die drei Hügel, die auf wunderbare Weise gleich dreifach Tod und Wiederauferstehung boten, und schließlich die spiralförmige Abfahrt Richtung Wasseroberfläche, von wo aus die Gleise zurück an den Ausgangspunkt führten. Irgendwo im Verlauf dieser wilden, rasanten Fahrt hatte sie früher einmal die Ewigkeit erblickt.
Oder vielleicht doch nicht? Sie begann zu zittern. War die Gewissheit, in der Lage zu sein, ihre Mutter während der Fahrt mit der Achterbahn zu finden, vielleicht nichts weiter gewesen als das Produkt ihrer kindlichen Fantasie? Hatte die Achterbahn sie tatsächlich Gott nahe gebracht? Sie wusste ebenso sicher, dass ihr Glaube an Gott in dieser Achterbahn geboren worden war, wie sie mit Gewissheit sagen konnte, dass derselbe Glaube durch Dash Coogans Blut fortgespült worden war.
Sie starrte auf das riesige Gerippe von Black Thunder und begann gleichzeitig zu fluchen und zu bitten: Bitte, lieber Gott. Ich will ihn zurück! Du darfst ihn nicht haben. Er gehört nicht dir, sondern alleine mir. Gib ihn mir zurück. Gib ihn mir endlich zurück!
Sie spürte, wie die gnadenlose Sonne auf ihre Kopfhaut brannte. Sie begann zu schluchzen und sank auf die Knie. Du Scheißkerl. Du verdammter Scheißkerl.
Doch selbst als sie ihre Augen zukniff, sah sie noch immer die drei mächtigen Hügel von Black Thunder vor sich, und sie begann grässliche Obszönitäten auszustoßen, bis sie schließlich erschöpft verstummte, die Augen aufschlug und, wie alle Verzweifelten es seit Anbeginn der Zeit getan hatten, Hilfe suchend gen Himmel blickte. Hoffnung. Black Thunder hatte sie ihr stets gegeben. Sie starrte auf die drei hölzernen Gipfel, und mit einem Mal war sie erfüllt von der Gewissheit, dass die Berg-und-Tal-Bahn sie auch jetzt an irgendeinen Ort der Ewigkeit würde tragen können, an dem sie ihren Geliebten fände - einen Ort, der jenseits aller zeitlichen Begrenzung lag und an dem die Liebe niemals starb.
Doch Black Thunder hatte nicht mehr Leben in sich als Dash Coogans toter Körper und würde sie gewiss nirgendwo mehr hintragen können. Das riesige Skelett kauerte ohnmächtig und verkrüppelt unter dem leuchtend blauen Himmel und bot statt der Hoffnung auf Wiederauferstehung und Errettung einzig
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