Dinner fuer drei Roman
Polizei ebenfalls ums Leben gekommen war. Alle schienen zu glauben, dass sie sich besser fühlen sollte, weil er ebenfalls tot war, doch Rache bedeutete ihr nichts, denn sie konnte ihr den Geliebten auch nicht wieder zurückbringen.
Irgendwann musste sie eingeschlafen sein, denn als sie die Augen wieder aufschlug, war es zwei Uhr früh. Sie ging in die Küche und begann planlos die Schranktüren zu öffnen. Sein Lieblingskaffeebecher stand oben im Regal, und eine offene Packung Kaugummi wartete neben der Zuckerdose auf ihn. Sie ging ins Bad, sah seine Zahnbürste in dem blauen Porzellanbecher auf dem Rand des Waschbeckens stehen und strich mit dem Daumen über die knochentrockenen Borsten, ehe sie
die Bürste in ihre Tasche schob. Auf dem Weg hinaus zog sie ein Paar von seinen Socken aus dem Korb mit schmutziger Wäsche und steckte sie ebenfalls ein.
Als sie vor das Haus trat, spendete einzig die Glühbirne über der Stalltür ihr ein wenig Licht. Sie ging über den Hof in Richtung Koppel, ohne zu bemerken, dass die Steine auf dem Boden Löcher in ihre Nylonstrümpfe rissen, und lehnte sich gegen den Zaun, an dem sie so häufig zusammen gestanden hatten...
Und wartete und wartete.
Schließlich versagten ihre Beine ihren Dienst. Sie ließ sich in den Staub sinken und zog die Socken und die Zahnbürste hervor. Die Strümpfe lagen wie ein warmer, feuchter Ball in ihrer Hand. Tränen liefen über ihre Wangen, als die Stille sie erstickte.
Sie schob sich die Zahnbürste in den Mund und begann daran zu saugen.
Während die Wochen vergingen, wurde sie immer zerbrechlicher und dünner. Hin und wieder erinnerte sie sich daran, etwas zu essen, doch meistens vergaß sie es. Sie schlief zu den seltsamsten Zeiten, doch niemals lange, manchmal in seinem Sessel, manchmal in ihrem Bett, doch stets mit einem seiner Kleidungsstücke, das sie an ihre Wange presste.
Die Zeitungen hatten Dashs Tod erbarmungslos dokumentiert, und immer wieder kreisten Hubschrauber mit irgendwelchen Paparazzi in der Hoffnung auf ein Foto von der trauernden Witwe über ihrer Ranch, sodass sie den Großteil des Tages im Haus verbrachte. Ironischerweise hatte Dashs Tod ihrer Ehe posthum die ihr gebührende Ehrenhaftigkeit verliehen, und Dash wurde als heldenhafter Märtyrer gefeiert, während ihr Name plötzlich respektvoll ausgesprochen wurde.
In den Zeitungsartikeln beschrieb man sie als tapfere, mutige junge Frau. Arthur Lockwood kam zu ihr herausgefahren, um ihr zu sagen, dass er unablässig um Interviews mit ihr
gebeten wurde und mehrere Produzenten sie für ihre nächsten Filme haben wollten. Sie jedoch starrte ihn mit leeren, verständnislosen Augen an.
Liz begann, sie mit nahrhaften Eintöpfen, Vitaminen und unerwünschten Ratschlägen zu quälen. Chantal und Gordon tauchten auf und bettelten sie um Geld an. Ihr Haar begann büschelweise auszufallen, doch sie bemerkte es nicht einmal.
Eines Nachmittags Anfang August, drei Monate nach Dashs Ermordung, lenkte sie ihren Wagen auf dem Rückweg von einem Besuch bei Dashs Anwalt die schmale, gewundene Straße am Rand des Abgrundes hinauf, als ihr plötzlich bewusst wurde, wie leicht es wäre, sich aus einer der Kurven tragen zu lassen. Ein schneller Druck aufs Gaspedal, und sie würde einfach die Leitplanke durchbrechen. Der Wagen würde den Steilhang hinunterrollen, explodieren und all ihren Schmerz verbrennen.
Ihre Hände umklammerten das Steuer. Die Last des Schmerzes war so erdrückend, dass sie glaubte, ihr keine Sekunde länger standhalten zu können. Niemand würde sich dafür interessieren, wenn sie tot war. Liz wäre natürlich traurig, aber sie hatte ein aktives, erfülltes Leben und würde sie gewiss schnell vergessen. Chantal würde um sie trauern, doch ihre Tränen waren billig und zweifellos nicht viel mehr wert, als wenn sie um eine der Figuren aus ihren Seifenopern weinte. Wenn ein Mensch keine richtige Familie hatte, konnte er sterben, ohne dass ein anderer Mensch daran zerbrach.
Familie.
Eine Familie war alles, was sie sich je gewünscht hatte. Einen Menschen, den sie von ganzem Herzen lieben konnte. Einen Menschen, der diese Liebe bedingungslos erwiderte.
Ein Schluchzen schüttelte ihren zarten Körper. Er fehlte ihr so sehr. Er war ihr Geliebter gewesen, ihr Vater, ihr Kind, der Mittelpunkt von all dem Guten, das ihr in ihrem Leben je widerfahren war. Sie vermisste seine Berührung und seinen Geruch. Sie vermisste die Art, wie er fluchte, das Geräusch seiner
Schritte
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